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19.04.19 / Kein Grund zum Aufatmen / Mit Bouteflikas Rücktritt sind noch nicht Algeriens Probleme gelöst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-19 vom 19. April 2019

Kein Grund zum Aufatmen
Mit Bouteflikas Rücktritt sind noch nicht Algeriens Probleme gelöst
Bodo Bost

Nach dem 22. Februar, an dem der seit 20 Jahren regierende mittlerweile 82-jährige damalige Präsident der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Abd al-Aziz Bouteflika, seine Kandidatur für eine weitere Amtszeit bekanntgegeben hatte, rissen die Proteste in dem Lande nicht mehr ab. Demonstrationen wie diese hatte es seit den 1990er Jahren in dem nordafrikanischen Land nicht mehr gegeben. 

Damals hatte das Land einen zehnjährigen blutigen Bürgerkrieg gegen die radikalen Moslems der Heilsfront mit 200000 Toten hinter sich. Bouteflika der seit 1999 regierte, galt als Retter des Landes, weil er dem Land mit harter Hand wieder eine gewisse Stabilität verleihen konnte und dafür gesorgt hat, dass Algerien als eines von nur wenigen arabischen Ländern 2011 keinen Arabischen Frühling erlebte. 

Allerdings geht es infolge von Korruption und Vetternwirtschaft seit Jahren wirtschaftlich bergab. 2012 hatte Algerien noch die achtgrößten Währungsreserven der Welt. Seit 2013 haben sich diese Reserven infolge des Rückgangs der Öl- und Gaspreise auf 100 Milliarden US-Dollar halbiert. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum, das 2014 bereits niedrig war, liegt jetzt nur noch bei 2,3 Prozent. Das Haushaltsdefizit liegt bei 9,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und die Inflation hat die Fünf-Prozent-Marke erreicht. 

Viele Algerier werfen ihrer Führung vor, unter Bouteflika drängende Probleme wie Arbeitslosigkeit, Korruption und Armut ignoriert zu haben. Seit einem Schlaganfall im Jahre 2013 sitzt Bouteflika im Rollstuhl, kann kaum noch sprechen und muss alle paar Wochen in die Schweiz zur medizinischen Un­tersuchung. 

Jetzt hat er nach wochenlangen Protesten aus allen gesellschaftlichen Lagern, denen sich am Ende auch das Militär angeschlossen hatte, seinen Rückzug aus der Politik erklärt. 

Aber Aufatmen kann Algerien noch nicht. Algerien steht eine schwierige Übergangsperiode mit politischer Instabilität bevor. Instabilität kann Machtvakuen erzeugen, die im arabisch-islamischen Raum radikale Moslemorganisationen wie der Islamische Staats und al-Kaida gerne zu füllen versuchen. Die für den 18. April geplant gewesenen Präsidentschaftswahlen sind auf unbestimmte Zeit verschoben. Bouteflika war am Ende bereits eine Marionette geworden, eine Fassade für opportunistische Geschäftsleute, korrupte Offiziere, für Parteien sowie die von ihnen kontrollierten Medien. 

Aber seine Gegner sind nicht besser, das zeigte allein schon die Plünderung des Geschichtsmuseums von Algier durch Demonstranten vor einigen Wochen. Algerien benötigt tiefgreifende Reformen, angefangen bei der Verfassung, um dem Präsidenten endlich die Möglichkeit zu geben, Armee und Sicherheitskräfte in die Schranken zu weisen, die sich in die politischen Belange einmischen, seit das flächenmäßig größte Land Afrikas 1962 von Frankreich die Unabhängigkeit erlangte. Dann müsste auch das Parlament aufgelöst werden, das sich als unfähig erwiesen hat, einen offensichtlich nicht amtsfähigen Präsidenten von seinen Aufgaben zu entbinden. 

Alles scheint in Algerien möglich, nur ein Rückfall in die Gewalt scheuen unisono alle Algerier, die diese bereits in den 1990er Jahren erlebt haben und sie seit acht Jahren wieder im Nachbarland Libyen mitverfolgen können beziehungsweise müssen.