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19.04.19 / Die Gräfin mit der Kamera / Ausstellungen in Berlin und Hamburg über die Kulturnation Syrien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-19 vom 19. April 2019

Die Gräfin mit der Kamera
Ausstellungen in Berlin und Hamburg über die Kulturnation Syrien
Helga Schnehagen

Gleichzeitig widmen sich das Pergamonmuseum in Berlin und das Archäologische Museum in Hamburg in Fotoausstellungen dem kriegsgebeutelten Syrien und seiner Kulturlandschaft. Ihr Reichtum zog seit jeher Reisende und Forscher in ihren Bann. 

Zu ihnen zählte auch Yvonne von Schweinitz, geb. Gräfin von Kanitz (1921–2015). In Danzig geboren, lebte ihre Familie in Westpreußen auf den Gütern Saskoschin und Domachau. Als der Vater die Steinschen Güter in Westfalen erbte, siedelte sie in den 1920er Jahren nach Cappenberg um. Dank ihrer Reise- und Foto-Leidenschaft durchquerte die Gräfin 1953 sieben Monate lang zusammen mit Kollegen, darunter der Journalist Hans von Meiss-Teuffen, den Vorderen Orient mit dem Auto. 

Über die Türkei, Syrien, Jordanien, Israel, Irak und Iran kam die reisefreudige Adelige bis Afghanistan und Pakistan. 1957 heiratete sie Viktor von Schweinitz. Fortan reiste das Paar gemeinsam, darunter erneut nach Syrien. Im Ge­päck waren eine Rolleiflex-Mittelformatkamera und verschiedene Leica-Kleinbildkameras. Ihre Mo­tive hielt Yvonne in Schwarz-Weiß und Farbe fest. Gut verwahrt, überdauerten die Aufnahmen in außergewöhnlich guter Qualität. Eine Auswahl ihrer Syrien-Bilder von 1953 und 1960 wurde 2018 erstmals in einer eigenen Schau in Fürstenfeldbruck gezeigt und ist nun in Hamburg zu sehen. 

Die übersichtliche Reiseroute über Damaskus, Homs, Hama und Aleppo, mit Abstechern in die Wüstenoase Palmyra und ins Ge­biet der „Toten Städte“ aus früh­christlicher Zeit im Norden macht Syrien für den Besucher geografisch leicht fassbar. Mit ihrem dokumentarischen Blick auf das Leben und Treiben der Menschen, ob Händler oder Hirte, Stadt-, Landbewohner oder Beduine, Türke oder Araber, Moslem oder Christ, auf Männer, Frauen und Kinder gibt die Fotografin Syrien ein Gesicht: das typische Gesicht eines orientalischen Landes vor 60 Jahren.

Auch die Berliner Ausstellung nimmt die Altstädte von Damas­kus und Aleppo, Palmyra und die „Toten Städte“, dazu Raqqa in den Fokus. Die vorher intakten Altstädte von Aleppo oder Bosra liegen heute genauso wie Palmyra in weiten Teilen in Trümmern. Be­schädigt sind auch die „Toten Städte“. Die Kreuzfahrerfestung Krak des Chevaliers wurde bereits wieder instandgesetzt. Einzig die Altstadt von Damaskus und die Burg Salah al-Din blieben bislang von großen Schäden verschont. 

In einem digitalen Archiv zu­sammengetragene Berichte, Fotos, Pläne und Karten sollen als wertvolle Grundlage für den Wiederaufbau dienen. Seit 2013 arbeiten zwei Projektgruppen an dem „Syrian Heritage Archive Project“, eine am Museum für Islamische Kunst der Staatlichen Museen zu Berlin und eine am Deutschen Archäologischen Institut. Entstanden ist das umfassendste Archiv über Syrien außerhalb des Landes. Die Berliner Ausstellung, darunter Fotos von 1963 bis 2014, macht jetzt erstmals Teile davon öffentlich.

„Syrien. Fragmente einer Reise, Fragmente einer Zeit“ im Archäologischen Museum Hamburg, Museumsplatz 2 (neben dem Harburger Rathaus), bis 16. Juni, geöffnet Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr; „Kulturlandschaft Syrien. Bewahren und Archivieren in Zeiten des Krieges“ im Pergamonmuseum Berlin, Bodestraße (Museumsinsel), bis 26. Mai, geöffnet täglich von 10 bis 18, donnerstags bis 20 Uhr.