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26.04.19 / Rabbis für die Bundeswehr / Nach 100 Jahren gibt es wieder jüdische Militärseelsorger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-19 vom 26. April 2019

Rabbis für die Bundeswehr
Nach 100 Jahren gibt es wieder jüdische Militärseelsorger

Erstmals in Friedenszeiten bekommt eine deutsche Armee jüdische Militärgeistliche – um der „gewachsenen Vielfalt“ unter den Soldaten Rechnung zu tragen, wie es aus dem Bundesverteidigungsministerium heißt. Erstmals gab es in Deutschland 1870/71 im deutsch-französischen Krieg in der preußischen Armee jüdische sogenannte Feldgeistliche.

Rund 185000 Soldaten dienen in der Bundeswehr, 3000 davon sind Muslime und nur 300 sind Juden. Die großen christlichen Kirchen stellen schon seit Jahrzehnten Militärseelsorger für die Bundeswehr. Dies ist in einem Staatsvertrag mit den Kirchen geregelt. Ein solcher Staatsvertrag soll nun auch mit dem Zentralrat der Juden geschlossen werden. Der Zentralrat soll künftig die Kandidaten für die Militärseelsorge vorschlagen, die Auswahl obliegt jedoch der Bundeswehr. Angedacht sind ein orthodoxer und zwei liberale jüdische Militärrabbiner.

Bis zur Aussetzung der Wehrpflicht 2011 gab es kaum jüdische Soldaten in der Bundeswehr. Denn für Überlebende des Holocaust und ihre Nachkommen bis zur dritten Generation gab es eine Freistellung von der Wehrpflicht. Erst nachdem ab 1990 rund 200000 jüdische „Kontingentflüchtlinge“ nach Deutschland kamen, die zwar Opfer des Antisemitismus in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion waren, aber nicht des Holocaust, zog es eine nennenswerte Anzahl von Juden freiwillig in die Bundeswehr. Ihr Anteil ist sogar höher als ihr Bevölkerungsanteil. Deshalb soll jetzt nach 100 Jahren wieder eine jüdische Militärseelsorge eingeführt werden. Für den „Lebenskundlichen Unterricht“, der sich mit der Berufsethik der Soldaten in der Bundeswehr befasst, wirkt sich die Einstellung jüdischer Militärrabbiner positiv aus. Es ist wichtig, gerade in Zeiten des wachsenden Antisemitismus das Thema Judentum authentisch im Rahmen dieses Lebenskundlichen Unterrichts zu vermitteln. Da können Militärrabbiner auch Anlaufstelle für nichtjüdische Soldaten sein.

Der Zentralrat begrüßt die Zusage des Verteidigungsministeriums. „Die Berufung von Militärrabbinern ist ein Zeichen für das gewachsene Vertrauensverhältnis der jüdischen Gemeinschaft in die Bundeswehr als Teil unserer demokratischen Gesellschaft“, erklärte Zentralrats-Präsident Josef Schuster. Es sei über 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs an der Zeit, eine jüdische Militärseelsorge in der Bundeswehr zu etablieren und damit an eine alte Tradition anzuknüpfen, schrieb er in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.

Eine jüdische Militärseelsorge gab es in Deutschland bislang nur in Kriegszeiten. Im Krieg von 1870/71 nahmen etwa 14000 Juden auf deutscher Seite teil, 337 erhielten das Eiserne Kreuz oder andere Auszeichnungen. So war es folgerichtig, vier jüdische Feldrabbiner zu ernennen. Auch im Ersten Weltkrieg gab es eine institutionalisierte jüdische Militärseelsorge. Fast 100000 Juden dienten in Heer und Marine, 12000 davon waren gleich zu Kriegsbeginn 1914 als Freiwillige zu den Fahnen geeilt. Rund 30000 wurden mit zum Teil höchsten Auszeichnungen dekoriert. 12000 jüdische Soldaten verloren ihr Leben.

Für die 3000 muslimischen Soldaten der Bundeswehr wird die von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen angekündigte Einrichtung einer Militärseelsorge wesentlich schwieriger, nicht nur wegen der ungeklärten Frage des Islam zur Gewalt im Namen der Religion. Ohne eine zentrale Institution für die islamischen Glaubensrichtungen könne aus rechtlichen Gründen gegenwärtig kein Staatsvertrag geschlossen werden, räumt die Ministerin ein. Geplant sei aber, muslimische Geistliche über sogenannte Gestellungsverträge an die Bundeswehr zu binden.B.B.