29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.04.19 / Der schmutzige Krieg gegen Kreuzfahrtschiffe / Knackpunkt Schweröl-Emission: Umweltaktivisten attackieren die Vergnügungsdampfer mit grotesk verzerrten Vergleichsdaten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-19 vom 26. April 2019

Der schmutzige Krieg gegen Kreuzfahrtschiffe
Knackpunkt Schweröl-Emission: Umweltaktivisten attackieren die Vergnügungsdampfer mit grotesk verzerrten Vergleichsdaten
Wolfgang Kaufmann

Kreuzfahrten sind keineswegs so umweltfreundlich, wie die Hochglanz-Kataloge der Veranstalter verheißen. Vielmehr handelt es sich hier um eine relativ schmutzige Art des Reisens, was vor allem am verwendeten Schiffstreibstoff liegt. Andererseits ist das Ganze aber auch deutlich weniger schädlich, als manche Umweltverbände und Medienvertreter behaupten.

Derzeit sind rund 400 Kreuzfahrtschiffe auf den Weltmeeren unterwegs – und 2019 sollen weitere 21 hinzukommen. Das momentan größte ist die „Symphony of the Seas“ mit 2759 Kabinen für fast 7000 Passagiere. 

Kreuzfahrten erfreuen sich immer größerer Beliebtheit: 2018 stachen etwa 30 Millionen Menschen auf den Vergnügungsschiffen in See – mehr als zwei Millionen davon waren Deutsche. Das stößt nun zunehmend auf Kritik. Zum einen wegen der Touristenmassen, die beim Landgang in die Hafenstädte einfallen, zum anderen wegen der Umweltverschmutzung durch die Schiffe. 

Die Wasserfahrzeuge besitzen zwar meist hervorragende Kläranlagen und produzieren auch relativ wenig Müll. Sie verwenden aber fast ausnahmslos Schweröl als Treibstoff. Hierbei handelt es sich um ein Abfallprodukt bei der Verarbeitung von Erdöl, also quasi um Sondermüll. Deshalb ist Schweröl der Schmutzigste aller Kraftstoffe: Seine Verbrennung erzeugt deutlich mehr Schadstoffe als die Verwendung von Benzin und Diesel. Die Schiffsschornsteine pusten unter anderem Feinstaub beziehungsweise Rußpartikel sowie Stickoxide und Schwefeldioxid in die Luft. Letzteres deshalb, weil Schweröl drei Prozent Schwefel enthält, wohingegen sich im Diesel für Kraftfahrzeuge gerade einmal 0,001 Prozent davon finden.

Daraus wiederum erwachsen Gesundheitsgefahren – auch und gerade für Menschen, welche sich in der Illusion wiegen, „saubere“ Seeluft einzuatmen. Die Rauchschwaden eines Kreuzfahrtschiffes können durchaus Krebs hervorrufen oder Herz und Lunge schädigen. Und das nicht nur beim Aufenthalt an Deck des schwimmenden „Ferienparadieses“, sondern auch in größerer Entfernung an Land. Das Helmholtz-Institut für Umweltmedizin in München konnte 2016 nachweisen, dass die Schiffsabgase aus der Nordsee bei entsprechendem Wind bis in die bayerische Landeshauptstadt gelangen. Professor James Corbett von der University of Delaware in den USA, der zu den renommiertesten Experten auf diesem Gebiet zählt, errechnete die Zahl von 60000 vorzeitigen Todesfällen weltweit durch die Emissionen von Schiffen.

Die unbestreitbare Schädlichkeit des Einsatzes von Schweröl in der Schifffahrt nutzt der Naturschutzbund Deutschland (NABU), um immer wieder in alarmistischer Manier gegen die Kreuzfahrtindustrie Stimmung zu machen. So beispielsweise durch die Behauptung, „ein einziger Ozeanriese stößt auf einer Kreuzfahrt so viele Schadstoffe aus wie fünf Millionen Autos“. Das war freilich ein Vergleich zwischen Äpfeln und Tomaten: Schließlich sind Personenwagen im Durchschnitt nur 20 bis 30 Minuten pro Tag unterwegs, während Schiffe auf See rund um die Uhr fahren und dabei hunderte von Kilometern zurücklegen. Zudem haben sie auch mehrere tausend Menschen an Bord, während im Auto meist nur ein bis zwei Personen sitzen. 

Deshalb bemängelte Helge Grammerstorf, Deutschlanddirektor des Kreuzfahrtverbandes Clia (Cruise Lines International Association) vollkommen zu Recht, dass die Vergleichsrechnungen des NABU selbst „dem Niveau einer studentischen Seminararbeit nicht genügen“ würden. Das gilt auch für die dilettantisch durchgeführten Feinstaubmessungen, denen zufolge Passagiere an Deck eines Kreuzfahrtschiffes über zehnmal mehr Rußpartikeln ausgesetzt sind als in der für ihre schlechte Luft berüchtigten Innenstadt von Peking. Professor Holger Watter von der Hochschule Flensburg kam bei seiner Gegenrechnung auf ganz andere Werte. Unter Berücksichtigung aller Faktoren dürften die Emissionen von Schiffen sogar um ein Sechstel niedriger liegen als die von Autos.

Andererseits sorgen Schiffsabgase zweifellos für erhebliche  Luftverschmutzungen. So geht mehr als ein Drittel der Stickoxid-Belastung in Hamburg von Schiffen aus. Aber dafür zeichnen beileibe nicht nur Kreuzfahrtschiffe verantwortlich, denn die machen ja weniger als ein Prozent der weltweiten Zivilflotte aus. Den rund 400 Luxuslinern stehen um die 50000 Frachtschiffe gegen­über, welche genau den gleichen Treibstoff nutzen. Darüber hinaus versuchen die Reedereien im zunehmenden Maße, die Emissionen der Kreuzfahrtschiffe durch Systeme zur Abgas-Nachbehandlung zu reduzieren, um den Komfort an Bord zu erhöhen und das eigene Image zu verbessern. Derartiges ist bei Handelsschiffen und deren Eignern in aller Regel kein Thema.

Im internationalen Vergleich besonders sauber sind dabei die deutschen Kreuzfahrtriesen von Hapag-Lloyd Cruises und TUI Cruises. Sie verfügen vielfach schon über Stickoxid-Katalysatoren und die nötigen technischen Voraussetzungen, um in den Häfen Strom vom Land zu nutzen, sodass die bordeigenen Generatoren während der Liegezeit nicht laufen müssen.

Außerdem wird versucht, auf Schweröl zu verzichten. Einen entscheidenden Schritt in diese Richtung unternahm das Kreuzfahrtunternehmen AIDA Cruises mit der Indienststellung der „AIDAnova“ im Dezember 2018. Das auf der Meyer-Werft in Papenburg gebaute Typschiff der Helios-Klasse ist das erste Kreuzfahrtschiff, welches vollständig mit flüssigem Erdgas (LNG für englisch Liquefied Natural Gas) betrieben wird, womit praktisch kein Feinstaub mehr anfällt und die Emissionen von Stickoxiden um 80 Prozent niedriger liegen. Der „AIDAnova“ folgen bis 2023 zwei weitere LNG-Schiffe von          AIDA Cruises. Andere Unternehmen ziehen hier bereits nach. Beispielsweise bestellte die Genfer Gesellschaft MSC Cruises auch zwei neue Schiffe, die 2022 und 2024 ausgeliefert werden und ebenfalls mit LNG fahren sollen.

Des Weiteren darf in Nord- und Ostsee inzwischen ausschließlich Schweröl mit einem reduzierten Schwefelanteil von 0,1 Prozent verwendet werden. Und vom           1. Januar 2020 an lässt die International Maritime Organization (IMO) weltweit nur noch Treibstoffe zu, deren Schwefelgehalt bei höchstens einem Siebtel des bisherigen Wertes liegt. Darüber hinaus gibt es bereits Kreuzfahrtschiffe, die über längere Strecken elektrisch fahren können, wie die „MS Roald Amundsen“ der norwegischen Reederei Hurtigruten für den Einsatz in besonders sensiblen Meeresgebieten der Arktis und Antarktis.

Die Kritik an der Kreuzfahrt-Industrie geht also ein ganzes Stück weit an der Realität vorbei, wenngleich die realen Umweltgefahren auch nicht heruntergespielt werden sollten. Aber auf Spenden angewiesene Organisationen vom Schlage des NABU dürsten eben nach spektakulär schlechten Nachrichten, um öffentliches Interesse auf sich zu ziehen. Das Gleiche gilt sinngemäß für die Medien: Ein deutscher Fernsehsender berichtete, Messungen hätten ergeben, dass die im Hamburger Hafen weilende „AIDAperla“ dort enorm viel Feinstaub produziere. Allerdings liefen die Stromgeneratoren des Schiffes während der Liegezeit komplett mit LNG, weshalb überhaupt kein Feinstaub entstehen konnte. Gemessen wurde also lediglich die allgemeine Luftverschmutzung im Hafen, die aus vielerlei Faktoren resultierte. 

Ansonsten spielen bei der Polemik gegen Kreuzfahrten natürlich auch ideologische Motive eine Rolle. Nicht selten mischt sich hier Kapitalismus- mit allgemeiner Gesellschaftskritik und einem gehörigen Schuss Sozialneid. Für manche Leute sind Kreuzfahrten überflüssiger Luxus, den sich nur die Reichen im „dekadenten Westen“ zu leisten vermögen, was das Ganze schon ganz grundsätzlich verdammungswürdig mache.