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03.05.19 / Die Heimkehr der Salafisten / Aufnahme von IS-Kämpfern in ihren Herkunftsländern birgt erhebliche Sicherheitsrisiken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-19 vom 03. Mai 2019

Die Heimkehr der Salafisten
Aufnahme von IS-Kämpfern in ihren Herkunftsländern birgt erhebliche Sicherheitsrisiken
Friedrich-Wilhelm Schlomann

Es sollen 40000 Personen aus aller Welt gewesen sein, die in den „Heiligen Krieg“ nach Syrien zogen. Etwa 2000 kamen aus Russland, aus Westeuropa rund 4500, davon 1500 aus Frankreich, 850 aus Großbritannien und etwa 400 aus Belgien. Von den 980 deutschen „Gotteskriegern“ wurden 170 getötet, ein Drittel der Überlebenden kehrte inzwischen zurück. Gegenwärtig befinden sich 66 in kurdischer Gefangenschaft, gegen 18 liegen Haftbefehle aus Deutschland vor.

Ihre Auslieferung erfolgt nicht, da kein Abkommen existiert und die kurdische Selbstverwaltung zwar eine de-facto-Macht, aber nicht als Staat anerkannt ist. Das Risiko besteht, dass IS-Kämpfer unkontrolliert freikommen. Nach Forderungen mehrerer Staaten soll ihre Strafverfolgung durch ein Tribunal der Vereinten Nationen erfolgen. Ähnlich wünscht die Schweiz ein internationales Strafgericht, allerdings am Tatort. Frankreich rückte indes von dieser Ansicht ab in der Sorge, gefährliche Dschihadisten könnten dort freigelassen werden. Außer England zögern die meisten Staaten. Deutschland kann sich nicht einigen, die vom Auswärtigen Amt angestrebte „politische Lösung“ dürfte noch lange auf sich warten lassen.

Zurückgeholt werden in ihre bisher so verschmähte Heimat sollen die Rückkehrer mit Flugzeugen, erörtert wird sogar eine internationale Luftbrücke. Als einziges Land lehnt die Schweiz eine solche aktive Rückführung der „Gotteskrieger“ ab: „Sie haben den Weg nach Syrien gefunden, so sollen sie ihn auch zurück­finden“, erklärte ein Experte gegenüber der PAZ. Im Gegensatz zu England, Frankreich und Belgien, welche die Wiederaufnahme ihrer Staatsbürger ablehnen, erlaubt die Schweiz jedem Schweizer die Einreise.

Deutschland ist zur Rücknahme seiner Staatsbürger völkerrechtlich verpflichtet, auch wenn diese im Ausland  Straftaten verübten. Nicht unumstritten ist daher die Ansicht von Außenminister Heiko Maas: „Diese Leute können nur dann nach Deutschland kommen, wenn sichergestellt ist, dass sie unmittelbar in Gewahrsam genommen werden können.“ Der Versuch, etwa über das Ausland illegal nach hier zu gelangen,  bleibt erfolglos, sofern der Name bekannt ist. Dem Bundeskriminalamt zufolge ist die internationale Zusammenarbeit ausgezeichnet.

Ein Haftbefehl setzt konkrete Beweise voraus. Diese zu erbringen, ist recht oft schwierig. Nach Entscheidung des Bundesgerichtshofs reicht ein bloßer Aufenthalt in IS-Gebieten nicht für  eine Strafverfolgung aus. Für den Entzug der Staatsangehörigkeit setzt die Schweiz eine rechtskräftige Verurteilung voraus. Der Entzug der Staatsangehörigkeit wird in faktisch allen Ländern aber nur bei Vorliegen einer Doppel-Staatsangehörigkeit vorgenommen, denn niemand sollte staatenlos sein. Eine recht umstrittene Ausnahme vollzog kürzlich die britische Regierung, indem sie einer in Bangladesch geborenen IS-Kämpferin ihre britische Staatsangehörigkeit aberkannte und der Staatenlosen anschließend ihre Bitte um eine Rückkehr nach London kurzerhand abschlug.

Männliche Dschihadisten zeigten sich in den IS-Propagandavideos häufig stolz mit ihren ermordeten Opfern. Fast ebenso oft sind ihre Stimmen zu identifizieren. Nicht selten verrät schon die Hornhaut am Abzugfinger eines Schützen sein bisheriges Kämpferleben. Frauen, die bei den deutschen Salafisten ein Fünftel ausmachten, wurden seltener gezeigt, Gerichtsprozesse haben indes bewiesen, dass auch sie häufig in militärischen Ausbildungslagern an automatischen Waffen unterwiesen wurden und an öffentlichen Hinrichtungen teilnahmen. Ob das als Beihilfe gewertet werden kann, entscheiden Gerichte unterschiedlich. Kann man ihnen keine direkte Straftat nachweisen, werden sie zumeist wegen IS-Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Konnte auch kürzlich nach fast fünf Jahren die letzte Bastion des „Islamischen Staates“ im ostsyrischen Dorf Baghouz gestürmt werden, so wollen die Terroristen ihren Kampf dennoch fortsetzen. IS-Chef Abu Bakr al-Bagdach, auf den die USA ein Kopfgeld in Höhe von 25 Millionen US-Dollar ausgesetzt haben, dürfte im Irak untergetaucht sein. In einer Audiobotschaft fordert er zu weiteren Anschlägen im Westen mit „Bomben, Messern und Autos“ auf.

Erwartungsgemäß erklären die Dschihadisten nach ihrer Festnahme sich zu unschuldigen Opfern, doch scheinen die meisten unbelehrbar zu sein – die mörderische Ideologie lebt allzu oft weiter. In der Schweiz erklärte das zuständige Departement dieser Tage, „die terroristische Bedrohung in der Schweiz bleibt erhöht“. Natürlich wird ein abgeurteilter oder gefährlicher IS-Kämpfer nicht ohne Beobachtung bleiben; eine vollständige Überwachung erfordert indes 30 Personen, die kaum ein westeuropäischer Staat dafür aufbringen kann.

So werden wohl nicht wenige, die sich vielleicht sogar äußerlich als konvertiert zum Christentum ausgeben, zwei bis drei Jahre als „Schläfer“ ein normales Leben führen und dann ihre Bombenattentate im Namen Allahs wieder aufnehmen.