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03.05.19 / Ein Gerücht und viele Köche / Wie ein Mordverdacht und ungeschickte Kommunikation eine Region in Aufruhr versetzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-19 vom 03. Mai 2019

Ein Gerücht und viele Köche
Wie ein Mordverdacht und ungeschickte Kommunikation eine Region in Aufruhr versetzen
Norman Hanert

Polizei und Staatsanwaltschaften stehen immer wieder in der Kritik, weil sie bei Ermittlungen nach Straftätern erst sehr spät die Öffentlichkeit einbeziehen. Im Süden Brandenburgs hat ein solches Vorgehen nun zum Aufkommen wildester Gerüchte geführt. 

In der Region um den Ort Bagenz im Landkreis Spree-Neiße und auch im Internet machten in der ersten Aprilhälfte Spekulationen die Runde, in der Nähe des Spremberger Stausees sei eine tote Frau aufgefunden worden. Zudem habe es eine Vergewaltigung gegeben, tatverdächtig sei ein Ausländer. 

Ein massives Polizeiaufgebot und der Einsatz eines Polizeihubschraubers schienen die kursierenden Spekulationen zu bestätigen und heizten die Gerüchteküche weiter an. Für eine Gruppe Jugendlicher war das Gemunkel sogar der Anlass, am Abend des 10. April mit Baseballschlägern und Zaunlatten vor eine ehemalige Jugendherberge zu ziehen und Parolen wie „Ausländer raus“ zu skandieren. 

Auslöser für die Aktion soll die Vermutung gewesen sein, dass sich in der Unterkunft die Täter aufhielten. Die heraneilende Polizei konnte sieben Jugendliche festnehmen, gegen die wegen Landfriedensbruchs ermittelt wird. Zudem sah sich die Polizei genötigt, mit einer Klarstellung die Gerüchte über den Tod einer Frau am Spremberger Stausee zu entkräften. 

Spätestens mit einer Einwohnerversammlung, die am 17. April in Bagenz stattgefunden hat, stellt sich die Frage, wie professionell Polizei und Staatsanwaltschaft Cottbus bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit agieren. Anwesend waren nicht nur mehr als 100 Einwohner und einige Kommunalpolitiker, sondern auch Bettina Groß, die Polizeichefin der Inspektion Cottbus-Spree-Neiße. 

Groß bestätigte, dass sich bereits am 8. April eine Frau an die Polizei gewandt habe, die angab, in der Nähe des Stausees vergewaltigt worden zu sein. Die Inspektionsleiterin sagte auch, dass nach den Aussagen der Frau von dem mutmaßlichen Täter eine Phantomzeichnung angefertigt worden sei. 

Klar wurde bei der Veranstaltung aber auch, dass die Ermittler der Frau offenbar nahegelegt haben, mit niemandem über den Vorfall zu sprechen. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft in Cottbus informierte zunächst nicht die Öffentlichkeit. 

Als Begründung für dieses Vorgehen verwies die Polizeichefin gegenüber der Einwohnerversammlung auf den Aspekt des Opferschutzes und auf ermittlungstaktische Gründe. Nicht nur die zeitweise aufgekommenen Gerüchte über einen Mord am Spremberger Stausee lassen zweifeln, ob dieses Vorgehen sinnvoll war. 

Gerade in Berlin hat sich mittlerweile mehrfach gezeigt, dass eine zügige Einbeziehung der Öffentlichkeit oftmals zu sehr schnellen Ermittlungsergebnissen führen kann. Videos oder Bilder aus Überwachungskameras der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben inzwischen mehrfach dazu geführt, dass sich Zeugen mit hilfreichen Hinweisen meldeten. Erstaunlich oft führte der Ermittlungsdruck über die Öffentlichkeit zudem dazu, dass sich Täter freiwillig der Polizei stellten. 

Aus den Reihen der Bagenzer Bürger kam überdies die berechtigte Frage, ob unter Beachtung des Datenschutzes die Bevölkerung nicht zumindest in allgemeiner Form über die Vorgänge hätte informiert und damit auch gewarnt werden können. 

Am Bagenzer Fall ist allerdings noch ein weiterer Aspekt bemerkenswert. Die Beschreibung, die von der Frau geliefert wurde, deutet auf einen ausländischen Täter hin, möglicherweise aus dem arabischen Raum. Damit keimte umgehend der Verdacht auf, dass nicht ermittlungstaktische Erwägungen und Opferschutz die Gründe dafür waren, die Bevölkerung zunächst nicht zu informieren. Entsprechende Vorwürfe wurden auf einer Demonstration der Initiative „Zukunft Heimat“ denn auch öffentlich geäußert. 

Der Berliner AfD-Landtagsabgeordnete Harald Laatsch fasst die verbreitete Stimmung in einfachen Worten zusammen: „Mein persönlicher Eindruck ist, es gibt die Tendenz, Straftaten zu bagatellisieren, wenn Deutsche betroffen sind. Sind Deutsche dagegen die Tatverdächtigen, dann ist oft eine Dramatisierung zu beobachten.“