25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
03.05.19 / Modular ins All / Grünes Licht für innovatives Raketentriebwerk aus Europa

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-19 vom 03. Mai 2019

Modular ins All
Grünes Licht für innovatives Raketentriebwerk aus Europa
Friedrich List

Das britische Unternehmen Reaction Engines arbeitet seit einigen Jahren an einem Raketenantrieb für Raumfähren und Hyperschallflugzeuge. Das „Sabre“-Triebwerk könnte eines Tages eine europäische Raumfähre antreiben. Kürzlich haben die europäische Raumfahrtagentur ESA und die britische Raumfahrtagentur UKSA (United Kingdom Space Agency) Finanzmittel für Bodentests mit einem Versuchstriebwerk bewilligt. Die ESA stellt zehn Millionen Euro bereit, das UKSA 50 Millionen Pfund. Inzwischen sind auch die ersten Tests erfolgreich verlaufen. Die komplette Testkampagne wird 18 Monate dauern.

Das „Sabre“-Triebwerk kombiniert Düsen- und Raketenantrieb. Die Abkürzung steht für „Synergetic Air-Breathing Rocket Engine“. Vor dem eigentlichen Raketenantrieb ist die Turbinen- und Verdichterstufe eines Düsentriebwerks installiert. Bis zur Kennzahl von Mach 5, also der 5-fachen Schallgeschwindigkeit, versorgt sie das Triebwerk mit Verbrennungsluft, danach schaltet „Sabre“ um auf reinen Raketenantrieb. Mit ihm könnten einstufige Raumfähren wie die britisch-europäische „Skylon“, an der auch deutsche Unternehmen wie Bayern Chemie mitarbeiten, ins All fliegen.

Das „Sabre“-Kombinationstriebwerk spart Raketentreibstoff und damit Gewicht. Positive Folge: Die Transportkosten würden sinken, weil die Raumfähre weniger flüssigen Sauerstoff an Bord nehmen müsste. Bislang ist der Transport durch eine Raumfähre die teuerste Art, einen Satelliten oder Komponenten eines größeren Raumfahrzeugs in den Orbit zu befördern.

Kern des „Sabre“-Triebwerks ist ein revolutionärer Wärmetauscher. Er schirmt den Motor bei hohen Überschallgeschwindigkeiten ab. Denn dann strömt die Luft mit der 25-fachen Kraft eines Hurrikans der Kategorie 5 ins Triebwerk. Durch die Reibung erzeugt der Luftstrom Temperaturen, die jedes Material schmelzen würden. Dies verhindert ein Vorkühler. Er nutzt flüssigen Wasserstoff aus dem Treibstoffvorrat des „Skylon“, um die einströmende Luft in einer einhundertstel Sekunde von 1000 Grad Celsius auf minus 150 Grad herunterzukühlen. Dann wird sie in den Triebwerkskern geleitet. ESA und Reaction Engines testeten diesen Vorkühler bereits 2012. Nun erproben sie den aus Verdichterstufe und Brennkammer bestehenden Triebwerkskern.

„Einer der großen Vorteile des Sabre-Antriebskonzepts besteht darin, dass es sowohl aus 

konstruktiver als auch aus betrieblicher Sicht vollständig modular ist“, sagt Richard Varvill, Chef-Technologe von Reaction Engines. „Daher ist es möglich, jede der Schlüsselkomponenten des Triebwerks strengen Bodentests zu unterziehen, welche die Betriebsbedingungen des Triebwerks bis zum Flug mit Mach 5 in 25 Kilometern Höhe vollständig nachahmen.“

Bis zum flugfähigen Triebwerk und zum ersten Flug einer „Skylon“-Raumfähre ist es jedoch noch ein langer Weg. Die Raumfähre soll 84 Meter lang sein und entweder 30 Passagiere oder bis zu 15 Tonnen Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn bringen. Im Gegensatz zum US-amerikanischen „Space Shuttle“ würde „Skylon“ aber starten und landen wie ein gewöhnliches Flugzeug.