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03.05.19 / Gegenwind / Absurdes Theater

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-19 vom 03. Mai 2019

Gegenwind
Absurdes Theater
Florian Stumfall

Die Szene hätte jedem Autor des absurden Theaters zur Ehre gereicht: Sie spielte in Rom am Petersplatz, Rahmenhandlung eine Generalaudienz des Papstes Franziskus. Ebendieser in einer der Hauptrollen, die andere, die jugendliche Heldin, verkörpert durch Greta Thunberg, das Klima-Gewissen des Planeten. Sie, begleitet von ihrem Vater und einem Herrn, dessen Aufgabe es offenbar war, ihr Rat und Richtung zu geben, versichert das Oberhaupt der Katholischen Kirche ihres Wohlwollens, der Heilige Vater steht nicht zurück und fordert das Mädel auf, fortzufahren im löblichen Tun.

Das ist der vorläufige Höhepunkt der weltweiten Glorifizierung eines Mädchens, das außer ein paar unspezifischen Vorwürfen an ihre Eltern-Generation, der Klage, diese stehle der ihrigen die Zukunft, und der Notwendigkeit, dass nun die Kinder das Heft in die Hand nähmen, keinen eigenen Gedanken vorbringt. Doch das tut der Veranstaltung keinen Abbruch. Denn zum einen ist Greta mit ihrer nach außen unprätentiösen Erscheinung gut ausgewählt, zum anderen hat sich hinter ihr ein wahrhafter Sturm medialer Begeisterung aufgebaut – zu gezielt und umfassend, als dass er aus eigenem Antrieb hätte entstehen können.

Nun ist also auch der Papst eingegliedert in diese Apotheose der jungen Schwedin, nachdem bereits Staatenlenker zu ihren Anhängern gehören, zwei schwedische Zeitungen sie zur „Frau des Jahres“ erkoren haben, soweit man mit 16 eine Frau ist, nachdem überdies bereits der Ruf erklungen ist, man müsse Greta den Friedensnobelpreis verleihen, und in den Hauptstädten Europas zehntausende vor allem junge Leute, die sie der Pflicht, am Freitag zur Schule zu gehen, enthoben hat, ihr zujubeln, als wäre sie ein Popstar. Doch das ist der Freuden nicht genug: Ende April erschien ein Buch über Greta und ihre Familie. Übrigens legt sie Wert auf die Feststellung, dass sie für ihre Reisen kein Flugzeug benutze – wahrlich professionell.

Wo der Papst solche Zeichen setzt, mögen sich seine Bischöfe nicht verstecken, und die fortschrittlichsten schließen sich ihm an. Da ist der Berliner Erzbischof Heiner Koch, der erkannt haben will: „Greta Thunberg steht für eine prophetische Botschaft.“ Und passend zum Osterfest setzt er hinzu: „Mich erinnern die Freitagsdemos ein wenig an die biblische Szene vom Einzug Jesu in Jerusalem.“ Sein Amtsbruder Heiner Wilmer, der Bischof von Hildesheim, hält da mit. Ihm kommt Greta ebenfalls vor „wie eine junge Prophetin“, und was ihre Anhänger angeht, so erscheinen sie dem Bischof „kreativ wie der Schöpfergott, geistreich wie der Heilige Geist und hellwach wie Jesus Christus.“ Christus hellwach? Da hat es schon bessere Bezeichnungen gegeben, aber egal.

Jedenfalls tragen namhafte Vertreter der Kirche dazu bei, die Klima-Debatte zu mystifizieren, mehr noch als es bisher schon der Fall war, und endgültig aus dem Bereich des Tatsächlichen zu lösen. Die Wirklichkeit verliert so ihre Beweiskraft, an die Stelle treten Selbstgerechtigkeit und die Überzeugung vom Triumph des Phantastischen. In anderem Zusammenhang hat erst kürzlich die Grünen-Chefin Annalena Baerbock ein Beispiel für diese Geisteshaltung gegeben. Zur Energieversorgung machte sie wörtlich einen revolutionären Vorschlag: „An Tagen wie diesen, wo es grau ist, da haben wir natürlich viel weniger erneuerbare Energien. Deswegen haben wir Speicher. Deswegen fungiert das Netz als Speicher. Und das ist alles ausgerechnet. Ich habe irgendwie keine wirkliche Lust, mir gerade mit den politischen Akteuren, die das besser wissen, zu sagen, das kann nicht funktionieren.“

Angesichts des sich abzeichnenden Triumphs des Erwünschten über das Mögliche tut es not, sich ein paar naturwissenschaftliche Eckdaten zum Bereich Klima ins Gedächtnis zu rufen. Die einschlägige Debatte dreht sich im wesentlichen um ein kleines Molekül, CO2, Kohlendioxyd. Dies ist einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden als „Schadgas“, eine überaus erstaunliche Bezeichnung. Denn ohne das Kohlendioxyd gäbe es auf der Erde kein Leben, wie wir es kennen. Blattpflanzen, Algen und manche Bakterien zerlegen durch die Photosynthese das Sonnenlicht in energiereiche Biomoleküle, wobei Sauerstoff frei wird. Der gesamte Sauerstoff in der Atmosphäre ist aus Kohlendi­oxyd entstanden. Das Gas ist eine der Lebensgrundlagen. Es als schädlich einzustufen, ist ein unerklärlicher Irrtum.

Doch wie immer – die Dosis macht das Gift, daher soll man sich vor Augen führen, wie hoch der Anteil des CO2 in der Atmosphäre tatsächlich ist. Neben rund 78 Prozent Stickstoff, 20 Prozent Sauerstoff und einem Prozent Argon kommt an vierter Stelle der Bestandteile der Luft das Kohlendioxyd mit 0,038 Prozent. Davon sind 96 Prozent natürlichen Ursprungs und etwa vier Prozent vom Menschen gemacht. Der anthropogene Anteil des CO2, um den die ganze Klima-Debatte geht, beträgt mithin 0,00152 Prozent der Atmosphäre.

„Mehr als genug für den Treibhauseffekt!“, heißt es an dieser Stelle von Gretas Jüngern. Nur leider: diese Treibhaustheorie ist ein fragiles Konstrukt. Sie widerspricht zweien von vier Hauptsätzen der Thermodynamik, zunächst einmal dem ersten: „Die innere Energie ist eine Eigenschaft der stofflichen Bestandteile eines Systems und kann nicht erzeugt oder vernichtet werden. Die innere Energie ist eine Zustandsgröße.“ Das bedeutet für das Weltklima, dass signifikante Änderungen nur durch eine äußerliche Einwirkung entstehen können, nämlich die Sonnenaktivität, die Erdumlaufbahn um die Sonne und den Neigungswinkel der Erdachse. Leider aber findet der Faktor Sonne bei der üblichen Klima-Argumentation keinerlei Berücksichtigung. 

Auch der zweite Hauptsatz der Thermodynamik widerspricht der gängigen Klimalehre vom Treibhaus: „Wärme fließt immer vom wärmeren System in Richtung eines kälteren Systems.“ Um das für den vorliegenden Fall anzuwenden: Die Atmosphäre kühlt sich nach oben um 0,1 Grad pro 100 Meter ab. Oben ist es kälter als unten, das hat jeder schon im Flugzeug angezeigt gesehen: Minus 50 Grad bei 10000 Metern Höhe. Hier aber sagt uns der zweite Hauptsatz: Eine oben liegende, kalte Luft kann die untere, warme nicht aufheizen. Der Meteorologe Wolfgang Thüne nennt einen weiteren grundlegenden Lehrsatz der klassischen Physik: „Der angebliche Treibhauseffekt steckt im totalen Widerspruch zum Newton‘schen Abkühlungsgesetz, wonach sich kein Körper in einer kälteren Umgebung erwärmen kann.“

Zurück zur Katholischen Kirche. Sie tut gut daran, den sorglichen, dankbaren Umgang mit der Schöpfung anzumahnen. Doch wer dies tut, sollte auch die Gesetze berücksichtigen, welche der Schöpfer für die Natur in Wirksamkeit gesetzt hat. Diese sind unentrinnbar und auch von keinem angerblich moralisch höheren Anspruch außer Kraft zu setzen. Das zu berücksichtigen, hat vor 700 Jahren schon Thomas von Aquin gefordert. Umgekehrt nämlich sollte es keinem Physiker oder Biologen einfallen, in eine Debatte um meinetwegen die Christologie oder aber liturgische Fragen einzugreifen. Die Achtung vor der Beweiskraft der Wirklichkeit darf nicht einem sachfremden Interesse anheimfallen.

In weiten Teilen hat die Römische Kirche, an ihrer Spitze das Oberhaupt, die Klima-Frage dazu genutzt, sich ein weiteres Mal dem Zeitgeist zu ergeben. Eine solche Kapitulation fällt umso leichter, je öfter sie geschieht. Gleichzeitig werden die Kirchen leerer und die Moscheen voller, auch in Europa, weil immer mehr Menschen beim kirchlichen Politikbetrieb die Spiritualität vermissen.