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10.05.19 / Abtrünniger Grüner / Parteifreunde werfen Boris Palmer »rassistisches Weltbild« vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-19 vom 10. Mai 2019

Abtrünniger Grüner
Parteifreunde werfen Boris Palmer »rassistisches Weltbild« vor
Peter Entinger

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer galt lange als Vorzeige-Grüner. Doch mit seiner Kritik an der Asylpolitik der Bundesregierung hat er viele Parteifreunde verprellt. Die Bundestagsvizepräsidentin und frühere Parteichefin Claudia Roth legt ihm nun sogar den Parteiaustritt nahe. Sie glaubt, „dass Palmer sich Lichtjahre von den Grünen und vielen ihrer Grundüberzeugungen entfernt hat“.

Palmer hatte zuletzt immer wieder der offiziellen Parteilinie in Sachen Zuwanderung widersprochen. So kritisierte er einen Werbespot der Deutschen Bahn, der Menschen unterschiedlicher Hautfarbe zeigt. Die Bahn wirbt auf ihrer Internetseite mit Bildern von Reisenden mit unterschiedlichen Hautfarben, unter anderem mit dem schwarzen TV-Koch Nelson Müller und der türkischstämmigen Moderatorin Nazan Eckes. „Ich finde es nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die Deutsche Bahn die Personen auf dieser Eingangsseite ausgewählt hat. Welche Gesellschaft soll das abbilden?“, hatte Palmer auf seiner Facebook-Seite erklärt. Roth entgegnete nun gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“: „So leid es mir tut. Das ist eindeutig rassistisch und Rassismus ist keine Meinung, sondern Rassismus. Niemand wird ihn davon abhalten, sich einen Ort zu suchen, an dem er sich politisch wohler fühlt – auch jenseits der Grünen.“

Palmer hat inzwischen versucht, die Wogen zu glätten und ruderte ein Stück weit zurück: „Das Ganze war ein Schnellschuss. Ich habe keine zwei Minuten, nachdem ich die Werbung eher zufällig im Internet entdeckt hatte, drei Sätze dazu auf Facebook gepostet. Das war fahrlässig, ich hätte mein Anliegen besser begründen müssen. Das Ergebnis war Bockmist und das tut mir leid.“ Inhaltlich bekräftigte der Tübinger Oberbürgermeister allerdings seine Positionen: „Die Mehrheitsgesellschaft kommt praktisch nicht vor“, sagte Palmer: „Das spaltet die Gesellschaft. Bei den Menschen, die ohnehin fürchten, dass sie übergangen werden, löst die Kampagne Abwehrreflexe aus.“

Palmer erklärte darüber hinaus, er werde aufgrund der massiven Reaktionen seine Facebook-Aktivitäten bis zur EU-Wahl am 26. Mai ruhen lassen. Zudem wandte sich der Grünen-Politiker in einem Brief an den Bahnvorstand Ronald Pofalla. „Ich habe einen Brief an Bahnvorstand Ronald Pofalla geschrieben. Solche Kampagnen werden in einem Großunternehmen nach meiner Erfahrung intensiv geplant und diskutiert. Ich will wissen, ob der Vorstand mit der Entscheidung befasst war und ob man sich ihrer möglichen Konsequenzen bewusst ist“, erklärte Palmer gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Ob dieses Vorgehen die Gemüter beruhigen kann, ist allerdings offen. „Boris Palmer hat eine Tür zu einem rassistischen Weltbild aufgestoßen – er sollte sie schnell wieder schließen“, teilten die Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock in der vergangenen Woche mit. „Er hat Menschen nach äußeren Merkmalen beurteilt und die Frage, wer zu unserer Gesellschaft gehört, daraus abgeleitet. Beides ist nicht richtig.“

Forderungen des Berliner Landesverbands, Palmer aus der Partei auszuschließen, will die Parteispitze aber noch nicht nachkommen. Parteiausschlussverfahren seien „enorm schwierig und wenig erfolgversprechend“, erklärten die Vorsitzenden: „Das zeigen unter anderem Erfahrungen der SPD mit Thilo Sarrazin.“