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10.05.19 / Das Grundgesetz galt als Provisorium / Die Gründung der Bundesrepublik vertiefte vor 70 Jahren die Teilung Deutschlands

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-19 vom 10. Mai 2019

Das Grundgesetz galt als Provisorium
Die Gründung der Bundesrepublik vertiefte vor 70 Jahren die Teilung Deutschlands
Klaus J. Groth

Ein Raunen wabert durch das Internet, hörbar schwillt es an: Wir lebten in einem Staat, der gar keiner sei, die Bundesrepublik sei eine Schimäre, eine Lüge auf wack­ligen Beinen. Der 70. Jahrestag der Gründung der zweiten Republik wird am 23. Mai von vielen Deutschen gefeiert, aber nicht von allen. Wer gewagte Theorien mag, der kommt gegenwärtig bei der Dis­kussion um die Rechtmäßigkeit der Bundesrepublik voll auf seine Kosten. 

Nach der Kapitulation war Deutschland besetzt, aufgeteilt in vier Zonen. Im Westen bestimmten US-Amerikaner, Briten und Franzosen, im Osten die Sowjets, einschließlich der Gebiete, die Polen zugeschlagen worden waren. Es gab noch ein paar Verschiebungen, die US-Amerikaner und Briten waren zu schnell vorgerückt, sie gaben Thüringen sowie Teile der heutigen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Meck­lenburg-Vorpommern an die Sowjets ab. So war es zuvor vereinbart worden. Berlin hatte einen Sonderstatus, die Stadt war in vier Sektoren aufgeteilt. Ein Alliierter Kontrollrat bestimmte die Geschicke. 

Die US-Amerikaner und die Briten vereinigten ihre Besatzungszonen zur Bizone, der Staat Preußen wurde 1947 aufgelöst. In den auf dem Territorium der westlichen Besatzungszonen gegründeten neuen Ländern, deren Grenzen – um mit dem ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss zu sprechen  – weniger „originär“ als „originell“ waren, wurden  Parlamente gewählt, und am 1. Juli 1948 übergaben die Militärgouverneure die Dokumente, welche die Grundlage eines deutschen Staates bilden sollten. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass es sich um eine neue Organisation, nicht um die Gründung eines neuen Staates handele. Die Mitglieder der Landtage sollten über die Verfassung eines westlichen Teilstaates entscheiden. Doch die Ministerpräsidenten lehnten ab. Eine solche Entscheidung erschien ihnen unmöglich. Sie wollten einer gesamtdeutschen Nationalversammlung nicht vorgreifen. Stattdessen setzten sie einen Parlamentarischen Rat durch, der von den Landtagen gewählt wurde. Dieser Rat trat im September 1948 erstmals in Bonn zusammen. Seine 65 Mitglieder, jeweils 27 der CDU/CSU und der SPD, fünf der FDP, jeweils zwei der Deutschen Partei, der KPD und des Zentrums, berieten den Entwurf einer Verfassung. Aus der Befürchtung, eine solche Verfassung könne eine Teilung Deutschlands festschreiben, einigte man sich, nur ein Provisorium auszuarbeiten. Die Politiker nannten es „Grundgesetz“. Sie meinten, damit seine Vorläufigkeit zum Ausdruck zu bringen. Die vielzitierten „Väter des Grundgesetzes“ waren keineswegs unter sich. Maßgeblich beeinflussten Konrad Adenauer (CDU) und Carlo Schmid (SPD) die Arbeit. Heuss (FDP), nachträglich als entscheidende Figur stilisiert, gehörte dem Gremium an. Wie auch vier Frauen. Gegen den Widerstand aus der eigenen Partei setzten die beiden Frauen der SPD durch: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“

Das Grundgesetz wurde am 8. Mai 1949 mit 53 gegen zwölf Stimmen vom Parlamentarischen Rat beschlossen. Als vorläufiger Sitz der Regierung wurde Bonn mit knapper Mehrheit bestimmt. Die Entscheidung war gegen Frankfurt am Main, Stuttgart und Kassel gefallen. Mit Grundgesetz und Hauptstadt begab man sich auf den Weg in die Zukunft. Nicht ohne Pathos forderte Heuss: „Ich würde bitten, in die Diskussion hereinzunehmen, dass wir uns heute einfach Bundesrepublik Deutschland nennen … Mit dem Wort Deutschland geben wir dem Ganzen ein gewisses Pathos.“ 

Die Besatzungsmächte und eine qualifizierte Mehrheit der Länderparlamente akzeptierten das Grundgesetz. Es wurde am 23. Mai 1949 verkündet, das Datum gilt deshalb als Gründungstag der Bundesrepublik Deutschland.

Der erste deutsche Bundestag wurde am 14. August 1949 gewählt. Das Bild war bunt, elf Parteien schafften es in das Parlament. Die konstituierende Sitzung von Bundestag und Bundesrat fand dann bereits am 7. September 1949 statt.

In Mitteldeutschland, in der von den Sowjets besetzten Zone, blieb all das nicht ohne heftige Gegenreaktion. Die von den Westmächten besetzten Zonen und die sowjetisch besetzte Zone (SBZ) entwickelten sich gegenläufig. Was die eine Seite tat, forderte die andere heraus. Der Kalte Krieg warf früh seine Schatte voraus. 

Nachdem das Grundgesetz beschlossen worden war, wurde auf dem Territorium der SBZ die DDR gegründet. Als Folge der Bildung der Verfassungsorgane der Bundesrepublik wurde am 7. Ok­tober 1949 in der SBZ ein Zeichen gesetzt mit der Konstituierung der Provisorischen Volkskammer und deren Annahme der Verfassung. Die Trennung der Teile Deutschlands war vollzogen.