24.04.2024

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24.05.19 / Heuchelei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-19 vom 24. Mai 2019

Heuchelei
Thomas W. Wyrwoll

Seit Jahr und Tag versuchen die USA, Europa vom Bezug russischer Energieträger abzubringen. Offiziell wird damit argumentiert, dass sich Europa mit deren Bezug in eine „Abhängigkeit von Russland“ begebe und man es davor schützen wolle.

Wer allerdings die in Wa­shington erstellten Rechtstexte liest, mit denen ausländischen Unternehmen dreist Sanktionen für eine Teilnahme an Pipeline-Geschäften mit Russland angedroht werden, entdeckt rasch eindeutige Hinweise darauf, dass es hier tatsächlich um den Absatz US-amerikanischen Erdgases geht. Dieses ist allein schon wegen seiner Förderung durch nicht nur umweltzerstörerisches, sondern auch teures Fracking, aber auch durch den weiten Seetransport über den Atlantik, der bei Russland oder anderen eurasischen Gasanbietern entfällt, nach Marktgesetzen nicht konkurrenzfähig.

Den Gipfel dieser Heuchelei bildet allerdings das Einkaufsverhalten des Weltkolonialherren selbst: Das ganze letzte Jahr über haben die USA Flüssiggas, das heißt verflüssigtes Erdgas, von der Jamal-Halbinsel im Norden Sibiriens über gigantische Tankschiffe erhalten – und dabei von den günstigen Preisen dieses russischen Rohstoffs profitiert, die man der europäischen Konkurrenz nicht gönnte. Jetzt kommt noch ein massiver Ankauf russischen Erdöls hinzu. Betrug dessen Anteil am US-Import bereits im Jahre 2017 beachtliche vier Prozent, scheint sich dieser nach der gegen Venezuela verhängten Handelssperre vervielfacht zu haben. Die US-Ölraffinerien benötigen schweres, schwefelhaltiges Öl, das sie bisher vor allem aus jenem alt-neuen Ziel US-amerikanischer Begierden bezogen hatten, in dem gerade jetzt wieder die „Förderung der Demokratie“ auf der Agenda steht.

Russland fördert solches Öl vor allem im Ural- und Wolgagebiet, wobei dessen Charakteristika die in den USA begehrte Außenhandelsmarke „Urals“ prägen. Da das alternativ als Lieferant in Betracht kommende Saudi-Arabien seine Ölproduktion angesichts der endlich wieder anerkannten Abhängigkeit von einem substantiellen Ölpreis nicht hochfahren will und Washington einen Bezug von ähnlichem Öl aus dem Iran weiterhin torpediert, richtet man sich in den USA schon jetzt ohne Wehklagen auf einen langfristigen Bezug günstigen Öls aus Russland ein.

Dass man hierdurch bis zur Eroberung und Ausbeutung der Ölfelder Venezuelas und / oder des Iran selbst „von Mos­kau abhängig“ wäre, ficht die offensichtlich nur um Europa „besorgte“ US-Politik interessanterweise nicht an.