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24.05.19 / Marienfreund aus Wittenberg / Die Lutherstadt stellt das Verhältnis des Reformators zur katholischen Marienfigur klar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-19 vom 24. Mai 2019

Marienfreund aus Wittenberg
Die Lutherstadt stellt das Verhältnis des Reformators zur katholischen Marienfigur klar
Erik Lommatzsch

So überraschend es auf den ersten Blick erscheinen mag: Die „Lutherstadt“ Wittenberg ist genau der richtige Platz für eine hochkarätige Ausstellung über „Verehrt. Geliebt. Vergessen. Maria zwischen den Konfessionen“. Zudem ist damit eine Premiere gelungen. 

Sonderlich originell ist die Thematisierung der Mutter Jesu an sich nicht, aber erstaunlicherweise wurde noch nie – wie jetzt erstmals – das Verhältnis von Maria und Luther in den Fokus gerückt. Wittenberg galt zu dessen Zeit als „Marienstadt“. Durch Feste, Altäre oder die Stadtkirche „St. Marien“ war sie stets präsent. 

Luthers Förderer, der sächsische Kurfürst Friedrich der Weise, besaß eine Reihe von Marienreliquien. Als Quelle für deren Leben wurde damals auch auf außerbib­lische Überlieferungen zurück­gegriffen, etwa die „Legenda au­rea“, die goldene Legende. Der Reformator selbst hatte ein Ma­rienbild in seinem Arbeitszimmer und ist durchaus als „Marienfreund“ zu bezeichnen. 

Er wandte sich aber in seiner Lehre gegen die Form der Verehrung, die ihr entgegengebracht wurde. Alleiniger Erlöser sei Christus, „Miterlöserin“ sei sie nicht. Die ihn umgebende Ma­rienfrömmigkeit, etwa Marienwallfahrten, die zehntausende Menschen anzogen, kritisierte er wortreich. Jedoch ist die regelrechte Verdrängung Marias aus dem reformatorischen Bereich und die eindeutige Zuordnung zum Katholizismus erst eine Entwicklung der Zeit nach Luther. 

Die Stiftung Luthergedenkstätten präsentiert diesen Bogen anhand von über 100 Exponaten. Unter den zahlreichen Leihgaben besonders hervorzuheben sind die elf geschnitzten Madonnenfiguren aus der Sammlung Bührle, welche in dieser Form erstmals außerhalb ihres Züricher Standortes gezeigt werden. 

Ein hier sowie in der Präsentation mehrfach vertretenes Sujet ist die im Spätmittelalter beliebte „Schutzmantelmadonna“. Maria bietet den – figürlich kleiner dargestellten – Gläubigen sprichwörtlich Schutz unter ihrem Mantel. Illustriert wird die Marienverehrung auch anhand von Objekten wie dem um 1520 entstandenen Holzschnitt „Die Wallfahrt zur Schönen Maria“ von Michael Ostendorfer. Solche Darstellungen waren unter anderem zum Verkauf an Pilger bestimmt. 

Die Wende mit dem Umgang Marias im protestantischen Raum zeigt sich nicht nur in Motivverschiebungen zugunsten von Christus, sondern der auch gegenständlichen „Verbannung“ von Kunstwerken in „Götzenkammern“. Dort konnten sie, nicht mehr öffentlich sichtbar, immerhin überleben. Drastischere Formen des neuen „Leitbildes“ werden anhand der um 1450 entstandenen „Pietà aus Orlamünde“ deutlich. Hier blieb der Jesus darstellende Teil erhalten, Maria wurde einfach zerschlagen.

Die Ausstellung konzentriert sich konsequent auf knapp 300 Jahre. Das um 1570 entstandene Bildnis „Marienkrönung“ eines Meisters der Donauschule ist das jüngste Werk. Sollte der Wissens-, Kunst- und Marienhunger damit noch nicht gestillt sein, empfiehlt sich der Besuch der Korrespondenzausstellung über die „moderne“ Maria „von Chagall bis Kollwitz“.


Augusteum, Collegienstraße 54, Lutherstadt Wittenberg, bis 18. Au­gust, geöffnet täglich von 9 bis 18 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr, Eintritt: 6 Euro. Der Katalog kostet im Museumsshop 25 Euro. Kor­res­pondenzausstellungen: „Bei deinem Namen genannt: Maria. Wanderausstellung des Kulturbüros der EKD“, bis 2. Juni in der Stadtkirche Wittenberg, sowie „Zwischen Liebe und Verzweiflung. Maria in der Moderne – von Chagall bis Kollwitz“, bis 

1. September im Schloss Wittenberg. www.martinluther.de