20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.05.19 / Peking statt Kopenhagen / Grönlands Wunsch nach Unabhängigkeit von Dänemark kommt China entgegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-19 vom 31. Mai 2019

Peking statt Kopenhagen
Grönlands Wunsch nach Unabhängigkeit von Dänemark kommt China entgegen
Wolfgang Kaufmann

Die Volksrepublik China engagiert sich jetzt auch in der Arktis, ist hierbei aber momentan noch nicht so erfolgreich wie in Afrika und Lateinamerika. Das wird jedoch kaum so bleiben.

Im Januar 2018 stellte der chinesische Vizeaußenminister Kong Xuanyou das „Weißbuch zur arktischen Politik“ der Volksrepublik China (VRC) vor, in dem es heißt, das Reich der Mitte sei aufgrund seiner geografischen Lage ein „arktisnaher Staat“ und somit auch „Anteilshaber“ an der Arktis. Dabei ist der nördlichste Punkt Chinas weiter vom Polarkreis entfernt als die Insel Sylt. Trotzdem meldet Peking inzwischen konkrete Ansprüche an. Zum einen plant es eine nördliche Ergänzung zum Großprojekt der „Maritimen Seidenstraße“ zwischen China und Europa namens „Polare Seidenstraße“. Diese Schifffahrtsroute durch die zunehmend weniger Eis führenden Randmeere des Arktischen Ozeans könnte den Seeweg nach Europa um fast 4000 Kilometer verkürzen. Zum anderen reflektiert China auf die Rohstoffe im hohen Norden.

Um dort Einfluss zu erlangen, startete die VRC schon vor längerer Zeit eine Charmeoffensive gegenüber Ländern wie Island und Norwegen. Außerdem investierte Peking seit 2005 fast 100 Milliarden US-Dollar in Infrastrukturprojekte in den Arktis-Anrainerstaaten. Derzeit steht vor allem Grönland im Fokus der chinesischen Aufmerksamkeit. Die größte Insel der Welt mit ihren nur 56000 Einwohnern genießt seit 2009 weitgehende Autonomie – lediglich die Außen- und Sicherheitspolitik Grönlands wird noch von Dänemark, dem „Mutterland“ der einstigen Kolonie, bestimmt. Doch auch das soll sich nach dem Willen der meisten Grönländer ändern, denn bei den jüngsten Parlamentswahlen im April 2018 obsiegten Parteien, die eine baldige komplette Unabhängigkeit wollen. Allerdings würde Kopenhagen dann aufhören, die Hälfte der grönländischen Staatsausgaben zu übernehmen. Deshalb sucht man auf der Insel nach alternativen Geldquellen, womit dann China ins Spiel käme.

Peking ist bereit, beachtliche Summen für Bergbaulizenzen zu zahlen, und darüber hinaus auch willens und in der Lage, die noch sehr unterentwickelte grönländische Infrastruktur zu verbessern. Die ersten diesbezüglichen Vereinbarungen zeitigten jedoch nicht die gewünschten Resultate. So erhielten zwar schon zwei chinesische Unternehmen die Genehmigung zur Förderung von Rohstoffen, haben aber Probleme mit den ungewohnten Verhältnissen vor Ort. Und die China Communications Construction Company (CCCC) wurde am Ende sogar ganz ausgebootet, als es um die Vergabe des Großauftrags für den Ausbau von drei Flughäfen auf Grönland ging. In diesem Fall nahm die Inselregierung in Nuuk ein plötzliches und ungewöhnlich generöses Angebot aus Kopenhagen an, hinter dem wiederum Washington stand. Denn die USA nutzen Grönland seit 1941 als „unsinkbaren Flugzeugträger“, wobei die 1951 errichtete Thule Air Base von besonderer Bedeutung ist. Von dort aus überwachen die US-Streitkräfte den Luftraum in weiten Bereichen der Nordhalbkugel. Deshalb sehen die Vereinigten Staaten im chinesischen Engagement auf Grönland eine Bedrohung ihrer nationalen Sicherheit. Hieraus resultierte dann die „Bitte“ an das stets recht willfährige NATO-Mitglied Dänemark, seine Halbkolonie durch Zugeständnisse in der Flughafenfrage von der Kooperation mit den Chinesen abzuhalten. Ob derartige Coups auch in Zukunft gelingen werden, bleibt indes fraglich.