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31.05.19 / Schön schnörkelhaft / Werke der Jugendstilkünstlerin Ilna Ewers-Wunderwald in Berlin ausgestellt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-19 vom 31. Mai 2019

Schön schnörkelhaft
Werke der Jugendstilkünstlerin Ilna Ewers-Wunderwald in Berlin ausgestellt
Susanne Habel

Erstmals seit Jahrzehnten wird das Werk von Ilna Ewers-Wunderwald vorgestellt. Die Jugendstilkünstlerin war nach der Jahrhundertwende eine Art „It-Girl“, wie eine trendige Zeitgenossin heute genannt wird. Sie illustrierte Bücher, designte Reklame, trat im Kabarett auf und reiste durch die Welt.

Caroline Elisabeth Wunderwald – so ihr tatsächlicher Name – wurde 1875 in Düsseldorf geboren und interessierte sich früh für Kunst. In der Wilhelminischen Gesellschaft wurde die Kulturszene von Männern dominiert, und Frauen blieb ein Kunststudium verwehrt. Daher nahm sie nur privaten Kunstunterricht. 

Im Künstlerverein „Malkasten“ lernte sie ihren Ehemann Hanns Heinz Ewers (1871–1943) kennen. Der Schriftsteller übernahm 1901 die Leitung des Kabaretts „Überbrettl“ und tingelte mit seiner Frau durch europäische Bühnen. Ilna Ewers-Wunderwald sang in Diseusen-Manier (Chansonette-), entwarf ihre Kostüme und übersetzte Literatur, die sie selbst illustrierte, wie auch die phantastischen Bücher ihres Mannes. 

Berühmt wurde Hanns Heinz Ewers mit seinem mehrfach verfilmten Skandal-Roman „Alraune“ (1911). Die schillernde Titelfigur, eine Art frühes „Retortenbaby“ oder genetisches Experiment, war wohl von Ilna inspiriert.

Die Autodidaktin nahm bald erfolgreich an Ausstellungen wie der Berliner und Münchner Secession teil. Sie erlangte Aufmerksamkeit bei prominenten Künstlerkollegen wie Emil Orlik und Hermann Struck. Mit Herrenanzug, Bubikopf und Zigarette sprengte sie die damaligen Rollenklischees. Privat lebte das Künstlerpaar meist auf Capri, wo es Freikörperkultur zelebrierte – und das um 1900, schon bevor sich die Enthusiasten der Reformbewegung am Monte Verità bei Ascona entblätterten. Ilna Ewers-Wunderwald ließ sich damals nackt auf der Insel ablichten. Sie nutzte Fotografien auch als Vorlage für ihre grafischen und malerischen Werke. 

Mit ihrem Ehemann zog sie durch Südamerika, Afrika und Asien, was sich auch in ihren Werken niederschlug: Sie zeichnete Fakire und Rajas in Indien, Krokodile und Nashörner in Afrika, aber immer auch märchenhafte, metaphorische und fantastische Figuren. Irgendwann „verlor“ sie ihren Mann auf einer Reise: Der notorische Fremdgänger ließ sich scheiden und verfolgte eigene Wege.

Später wurde Ilna Ewers-Wunderwald vergessen wie viele Jugendstilkünstler, deren Schaffen nicht mehr zeitgemäß er­schien. Dennoch lebte sie bis zu ihrem Tod 1957 in Allensbach am Bodensee als freie Künstlerin, immer unverkennbar dem Ju­gendstil verbunden. Allerdings wendete sie sich dem Ornamentalen zu und bewegte sich in Richtung auf die Abstraktion: Ihre „Kraniche“ von 1954 haben sich weit von den realistischen Vögeln der früheren Werke entfernt.

Im Berliner Bröhan-Museum werden Arbeiten mit leuchtenden Pastellfarben gezeigt und eine erst kürzlich entdeckte Serie von schwarz-weißen Federzeichnungen. Sogar eine von der Allround-Künstlerin Ewers-Wunderwald gestaltete Jugendstil-Bank ist zu sehen.

Bis Sonntag, 16. Juni: „Ilna Ewers-Wunderwald. Wiederentdeckung einer Jugendstil-Künstlerin“. Bröhan-Museum, Schlossstraße 1a, 14059 Berlin, geöffnet Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 8 Euro. Der Katalog „Alraune des Jugendstils – Ilna Ewers-Wunderwald“ mit 131 Seiten kostet im Museum 30 Euro.