20.04.2024

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31.05.19 / Sprachlich ein Hochgenuss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-19 vom 31. Mai 2019

Sprachlich ein Hochgenuss
Christiane Rinser-Schrut

Der Norweger Jostein Gaarder ist seit „Sofies Welt“, das mittlerweile in über 50 Sprachen übersetzt worden ist, auch in Deutschland bekannt. Der Philosophielehrer hat vor allem Kinder- und Jugendliteratur im Angebot. 

In dem vorliegenden Roman spricht er jedoch eindeutig erwachsene Leser an. Gaarder lebt hier sein Studienfach Norwegische Literaturwissenschaften voll aus, und zwar auf eine sprachlich virtuose Weise, die das Lesen zum Genuss macht – vorausgesetzt, der Leser interessiert sich für indogermanische Sprachen und Etymologien. Aus dem Norwegischen übersetzt wurde die Geschichte eines Eigenbrötlers, der Gesellschaft auf Beerdigungen sucht, von Gabriele Haefes. 

Einer Familie begegnet der Protagonist Jakop Jakobsen immer wieder, sodass er sich mit ihr besonders auseinandersetzt und dadurch Agnes kennenlernt, in die er sich verliebt. Sein Freund Pelle ist immer mit dabei, woraus eine kuriose, man könnte es Dreiecksbeziehung nennen, entwickelt. Eben an diese Agnes schreibt Jakop einen langen Brief und kommt in der Gegenwart an. Der Leser nimmt bei diesem Roman den Part der brieflesenden Agnes ein. Er wird also direkt angesprochen, bekommt die intime Gefühlswelt Jakops unvermittelt erzählt, wodurch – wie bei Brief-romanen intendiert – eine Vertrautheit, eine Beziehung zum Protagonisten entsteht, die sich andere Romanformen erst erarbeiten müssen.

Wunderbar erzählt Gaarder niemals langweilig das kurvenreiche Leben des Einzelgängers Jakop, der im reiferen Alter die Gesellschaft und das Leben sucht. Nicht nur für Sprachfreunde zu empfehlen.

Jostein Gaarder: „Ein treuer Freund“, dtv Verlag, München 2018, Taschenbuch, 272 Seiten, 10,90 Euro