29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
31.05.19 / Historiker schließen Wissenslücke über Preußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-19 vom 31. Mai 2019

Historiker schließen Wissenslücke über Preußen
Wolfgang Kaufmann

Der Freistaat Preußen wurde in der Weimarer Republik lange von einer Koalition aus Sozialdemokratischer Partei, Zentrumspartei und Deutscher Demokratischer Partei regiert und galt quasi als „Musterland des republikanischen Deutschland“ nach dem Zusammenbruch des wilhelminischen Kaiserreiches. Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die Frage, wie es den Nationalsozialisten gelingen konnte, Preußen im Zuge der Machtergreifung und Gleichschaltung in ihrem Sinne umzukrempeln. 

Wissenschaftliche Studien hierzu erschienen bisher relativ wenige. Insofern schließt der Band „Preußen zwischen Demokratie und Diktatur“ eine veritable Forschungslücke. Er wurde von den beiden Historikern Michael Bienert und Lars Lüdicke herausgegeben und enthält zwölf Einzelbeiträge aus der Feder verschiedener Verfasser, welche die Zeit zwischen dem 20. Juli 1932 (sogenannter Paukenschlag) und dem 30. Januar 1934 (Übertragung der Hoheitsrechte der Einzelstaaten auf das Reich) abdecken.

Darin geht es unter anderem um das Treiben der Feinde der Demokratie in Preußen, also der Kommunisten und Nationalsozialisten, den „Preußenschlag“, die Rolle der preußischen Polizei, antisemitische Aktionen und die Instrumentalisierung des Mythos Preußen durch die Nationalsozialisten. Die einzelnen Aufsätze basieren auf Vorträgen, die im Rahmen einer Tagung im November 2013 in Berlin gehalten wurden, und laufen in ihrer Grundaussage auf Folgendes hinaus: Einerseits sei Preußen für die Nationalsozialisten ein „Laboratorium der Machteroberung“ gewesen, andererseits aber auch der Schlüsselstaat, den sie kontrollieren mussten, weil die Machtergreifung sonst gescheitert wäre. Dabei habe Hitler in allen Fragen, die Preußen betrafen, große taktische Flexibilität an den Tag gelegt. Ansonsten wird auch auf die Rolle der zeitweiligen Bündnisse zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten zwecks Destabilisierung der preußischen Regierung sowie die zunehmende Politisierung der Justiz verwiesen. Und im Beitrag über die Polizei zeigt Daniel Schmidt zudem noch, dass der Umformung der preußischen Schutzpolizei in eine nationalsozialistische Ordnungspolizei ein Personalaustausch in den Führungsetagen des Sicherheitsapparates vorausging.

Der Band liest sich nicht leicht: Zum einen wegen der extrem kleinen Schrift, zum anderen wegen des sperrigen sozialhistorischen Vokabulars, zu dem solche Begriffe wie „Chiffre“, „Verortung“, „Dekonstruktion“ und „Narrativ“ gehören.

Michael Bienert/ Lars Lüdicke (Hg.): „Preußen zwischen Demokratie und Diktatur. Der Freistaat, das Ende der Weimarer Republik und die Errichtung der NS-Herrschaft, 1932–1934“, be.bra.wissenschaft Verlag, Berlin/Brandenburg 2018, gebunden, 320 Seiten, 24,95 Euro