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31.05.19 / Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel / Schulz / Wie wir die Wahlergebnisse noch grüner machen, womit sich die Ossis endlich versöhnen sollen, und wer wieder da ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-19 vom 31. Mai 2019

Der satirische Wochenrückblick mit Hans Heckel
Schulz / Wie wir die Wahlergebnisse noch grüner machen, womit sich die Ossis endlich versöhnen sollen, und wer wieder da ist

So, das wäre geschafft. Der erste große Wahlsonntag dieses Jahres liegt hinter uns, Zeit zum Durchatmen. Oder? Noch nicht ganz. Es heißt ja: Die Geschichte beherrscht, wer die Geschichte erzählt. Also muss nun das Ergebnis ideologisch richtig eingeordnet werden, damit alle das Gleiche denken, wenn sie sich künftig an den 26. Mai 2019 erinnern.

Da ist einiges ins Rutschen gekommen, was insbesondere für Opportunisten harte Zeiten bedeuten kann. Wem sollen sie sich anbiedern, wenn eben noch Mächtige plötzlich ins Bodenlose stürzen? Jörg Schönenborn wäre fast auf die Nase gefallen. Der Leiter des ARD-Wahlstudios sprach angesichts der Klatsche für die CDU und des Totalschadens der SPD von den „ehemaligen Volksparteien“. Dann fiel ihm siedend heiß ein, wer das Sagen hat in den Rundfunkräten der Staatssender. Da herrschen mutmaßlicherweise noch immer die Auftragsaufpasser von Schwarz und Rot. Die dürften „ehemalige Volksparteien“ nicht gern hören.

Schönenborn fing an zu stammeln: Er habe die niederschmetternde Zuschreibung natürlich  nur „in Anführungszeichen“ verwendet. Tja, dumm nur, dass man die Tüttelchen dem gesprochenen Wort nicht ansieht. Der Schrecken stand dem armen Mann ins Gesicht geschrieben. Er ahnte: Das wird ein Nachspiel haben.

Seine Kollegen bei der ARD sind schon weiter und schleimen sich bereits in die kommenden Machtverhältnisse ein. Die Tagesschau brachte eine Landkarte, die beweisen soll, wie grün nicht nur Deutschland, sondern der Großteil der EU gewählt habe. 

Da dieser Beweis mit der Wahrheit des Wahlergebnisses allerdings nicht zu erbringen war, griffen die Funker zu einem Trick: Im EU-Parlament bilden die Grünen eine Fraktionsgemeinschaft mit allerlei linksradikalen Parteien sowie mit separatistisch-nationalistischen Gruppen wie der Schottischen Nationalpartei oder den katalanischen Linksnationalisten. Aus all denen machte die Tagesschau kurzerhand ebenfalls „Grüne“ und konnte die Grünen-Resultate in etlichen EU-Ländern auf diese Weise ordentlich aufhübschen. Beim Ergebnis der AfD gibt es hingegen nichts aufzuhübschen. Stärkste Kraft in Sachsen und Brandenburg, zweitstärkste in den übrigen neuen Bundesländern. „Der Horror“, brachte es das sozialdemokratische Hauptstadt-Twitterinchen Sawsan Chebli auf den Punkt.

Hier galt es nun erst recht, das Desaster für die Nachwelt füglich zu bewerten, wobei auf die Tagesschau wieder Verlass war: „Die Ergebnisse für die AfD bei der Europawahl spalten Deutschland“, dekretierte Nachrichtensprecher Jens Riewa in die aktuelle Kamera. Nicht als Kommentar, sondern als Nachricht, als „objektive Wahrheit“ sozusagen.

So ist das neuerdings: Wenn die Richtigen gewinnen, geht davon ein „Signal“ aus oder sowas. Wenn die Falschen triumphieren, ist es „Spaltung“. Auch für den Berliner „Tagesspiegel“ hat sich das „Land auseinandergelebt“: „Auf der einen Seite Höhenflüge der Liberalität, des Umweltbewusstseins, der toleranten Gesellschaft“, auf der anderen „Hass, Abgrenzung, Frust und Protest ... Statt mehr Gemeinsamkeit dominiert das Trennende, statt Versöhnung dominiert Hass auf die westgeprägten Eliten“.

Das sieht wirklich nicht gut aus. Wie könnten sich die gefrusteten Ossis nur wieder versöhnen mit den „westgeprägten Eliten“? Na, auf eben jene Weise, wie sich derlei Eliten „Versöhnung“ mit dem Volk immer schon vorgestellt haben: Indem sich der Pöbel ihrem Willen unterwirft und gefälligst so entscheidet, wie es die „Eliten“ von ihm verlangen. Ganz einfach. An solchen Kommentaren können wir wieder ermessen, wie tief der Geist von Freiheit, Selbstbestimmung und Volksherrschaft jene „westgeprägten Eliten“ geprägt und veredelt hat und wie wenig diese 89er-Ossis davon verstehen.

Wo war eigentlich Angela Merkel? Am Wahlabend und an den ersten Tagen danach ward sie nirgends gehört, das heißt, fast nirgends. Einem US-Fernsehsender soll sie ein Interview zu den Wahlen gegeben haben. Die Kanzlerin war schon immer glänzend darin, sich dünne zu machen, wenn es schlechte Nachrichten zu parieren galt. Auf einen anderen Kontinent ist sie dafür aber noch nie geflüchtet. Der Grad ihrer Distanz zum Geschehen macht das Ausmaß des Schadens sichtbar, denn diese Schlappe war tatsächlich die schlimmste, welche die CDU je einstecken musste.

Glückliche Merkel, muss sich Andrea Nahles gedacht haben. Die SPD-Chefin hätte auch gern einen Ozean Abstand zwischen sich und das Katastrophenresultat gebracht. Konnte sie aber nicht, Nahles musste da bleiben und war vollauf damit beschäftigt, nicht gleich weg zu sein vom Fenster.

Das schlechteste SPD-Ergebnis seit ... ach, wer will das wissen. Es war kaum in Worte zu fassen, was wir da mit ansehen mussten. Die ganze Dimension des Fiaskos wurde uns erst klar, als wir hörten, wer sich da allen Ernstes im Hintergrund für eine zweite Karriere als SPD-Chef warmläuft, um Nahles zu beerben: Martin Schulz!

Nie zuvor haben die deutschen Wähler einen sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten so erbarmungslos abserviert wie den Schulz. Nach sowas will der allen Ernstes nochmal ran? Da macht man sich wirklich Sorgen. Man weiß nur nicht genau, um wen. Um Schulz? Sowieso. Aber wir müssen ja davon ausgehen, dass der Mann sich zuvor in der Partei umgehört hat wegen seiner Chancen. Und dass er dabei auf er­klecklichen Zuspruch gestoßen sein muss. Demnach sind bei den verzweifelten Sozen weit mehr Schrauben raus, als wir uns bislang vorstellen konnten.

Als weiterer Kandidat für den SPD-Vorsitz wird Achim Post gehandelt. Der 60-Jährige ist studierter Soziologe mit Schwerpunkt öffentliche Verwaltung und hat sein gesamtes Arbeitsleben im Politikbetrieb zugebracht. Mit anderen Worten: Ein Parteichef Post wäre ein glaubhaftes Signal für eine schwungvolle Erneuerung der SPD! Oder die letzte Zeile auf dem Grabstein der Partei.

Als dritter Kandidat soll Stephan Weil bereitstehen. Der niedersächsische Ministerpräsident hat bei den Landtagswahlen 2017 mit fast 37 Prozent immerhin noch ein Ergebnis eingefahren, das aus dem 20. Jahrhundert stammen könnte. Das qualifiziert ihn.

Aber ob er wirklich jetzt schon will? Geschickter mutet es an, die Nahles erst einmal die Landtagswahl im September und Oktober verlieren zu lassen, um danach den Retter zu mimen. Offen ist allerdings, was es von der SPD dann noch zu retten gibt. Eine knifflige Frage. 

Die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg verheißen auch für die CDU nichts Gutes. Im Moment sieht es so aus, als stürbe Annegret Kramp-Karrenbauer an der CDU-Spitze einen langsamen und qualvollen Hungertod. Die SPD will jetzt mit Maximalforderung bei Klima und Rente wieder nach vorne kommen. Merkel würde das wie gehabt auffangen.  Sprich, den Sozis alles geben, was sie haben wollen und etwaige Restbestände an CDU-Profil, die dem im Wege stünden, auf jenen Müllhaufen schleudern, wo schon all das andere vor sich hin modert, was einmal den „Kern der liberal-konservativen Volkspartei CDU“ ausgemacht haben mag.

Für „AKK“ ist das aber nicht so einfach, sie ist von zwei Seiten eingeklemmt. Auf der einen Seite steht da diese Kanzlerin, die einfach nicht gehen will, aber auch nie da ist, wenn man sie braucht – so wie am Wahlabend. Auf der anderen stehen die Konservativen von der „Werte-Union“, die übellaunig mit den Hufen scharren, und neben ihnen nervöse JU-Nachwüchsler, die ihre Karriereaussichten mit den schrumpfenden CDU-Ergebnissen dahinschwinden sehen.

Mag sein, dass es für die CDU-Chefin noch nicht ganz so düster aussieht wie für Andrea Nahles. Zu beneiden ist „AKK“ aber auch nicht. Wir dafür schon, denn eines ist sicher: Bei der Gemengelage fällt das öde, gähnende „Sommerloch“ dieses Jahr aus.