26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
07.06.19 / Vorschusslorbeeren für Österreichs Bundeskanzlerin / Verfassungsgerichtshof-Präsidentin Brigitte Bierlein als Interimslösung bis zur Nationalratsneuwahl stößt auf breite Zustimmung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-19 vom 07. Juni 2019

Vorschusslorbeeren für Österreichs Bundeskanzlerin
Verfassungsgerichtshof-Präsidentin Brigitte Bierlein als Interimslösung bis zur Nationalratsneuwahl stößt auf breite Zustimmung
Michael Link

Mit der bisherigen Verfassungsgerichtshof-Präsidentin Brigitte Bierlein als provisorische Bun­­des­kanzlerin soll sich der Sturm, der in den letzten Wochen über die politische Landschaft Österreichs gefegt war, wieder beruhigen. 

Nachdem sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit den Parlamentsparteien auf diese Personalie verständigt hatte, gab er vorletzten Donnerstag in einer Stellungnahme diese Entscheidung bekannt. Damit steht zum ersten Mal eine Frau an der Spitze einer österreichischen Bundesregierung.

Die Regierung Bierleins soll nun die Geschäfte bis zur Bildung einer neuen Regierung nach der Nationalratswahl im September führen. Diese stellt eine Beamtenregierungdar, bestehend aus Sektionschefs.

Bereits in ihrer ersten gemeinsamen Stellungnahme mit dem Bundespräsidenten gab Bierlein be­- kannt, dass der frühere Präsident des Verwaltungsgerichtshofes Clemens Jabloner Vizekanzler und 

Justizminister werden soll. Zudem ist Botschafter Alexander Schallenberg, derzeit Leiter der Europasektion im Bundeskanzleramt und enger Mitarbeiter des in der Vorwoche von Sozialdemokraten (SPÖ) und Frei­heitlichen (FPÖ) abgewählten Kanzlers Sebastian Kurz von der Volkspartei (ÖVP), laut Bierlein als Außen- und Europaminister vorgesehen.

Bierlein löst Hartwig Löger (ÖVP) ab, der nach der Abwahl von Se-

bastian Kurz für wenige Tage dessen Amtsgeschäfte übernommen hatte. Löger, bis vor Kurzem Finanzmi-

nister, führte in den letzten Tagen die Bundesgeschäfte auch in Bezug auf die Aufgaben innerhalb der EU und wohnte bereits am Tag seiner Bestellung dem EU-Gipfel in Brüssel bei.

Van der Bellen, der die Bildung einer „Vertrauensregierung“ als sein vorrangiges Ziel bezeichnete, zeigte sich gegenüber den Medienvertretern voll des Lobes für die designierte Kanzlerin. Er habe eine Person gesucht, die „über umfassendes Wissen“ verfüge und von welcher der sorgfältigste Umgang mit der Bundesverfassung zu erwarten sei, eine Persönlichkeit, die „in den nächsten Monaten die Geschicke der Republik nach innen und nach außen lenken” könne. „Und wer wäre dafür besser geeignet als die oberste Hüterin der österreichischen Bundesverfassung?“, so Van der Bellens rhetorische Frage. Die 69-jährige Spitzenjuristin erntete durch­-wegs Zustimmung und Vorschusslorbeeren, auch bei hochrangigen Vertretern der ehemaligen Regierungsparteien ÖVP und FPÖ.

Indessen hat Kurz, der am 27. Mai über das erste erfolgreiche Misstrauensvotum in der Geschichte der parlamentarischen Demokratie in Österreich gestolpert war, seine Partei bei seinem 

ersten Auftritt nach der Abwahl im Nationalrat auf den kommenden Wahlkampf eingestimmt. Bis zur Wahl im Herbst, „da werden wir kämpfen“, versicherte Kurz, der ein einfaches Mandat im Nationalrat ablehnte, vor Funktionären und Unterstützern in der ÖVP-Parteiakademie.

Kämpferisch zeigt sich auch Heinz-Christian Strache, der nur rund eine Woche nach der Veröffentlichung des kompromittierenden Ibiza-Videos und seinem Rücktritt als FPÖ-Chef sowie Vizekanzler einen beachtlichen Erfolg mit Vorzugsstimmen bei der EU-Wahl errungen hatte. Er ließ es noch offen, ein Mandat im EU-Parlament anzunehmen.

Inzwischen wurden gegen Verantwortliche der „Süddeutschen Zeitung“ sowie des Nachrichten­magazins „Der Spiegel“ Strafanzeigen wegen der Veröffentlichung des Ibiza-Videos eingereicht. Derzeit prüfen die Staatsanwaltschaften München und Hamburg die An-zeigen.