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07.06.19 / Hohenzollern in Lebensgröße / Dauerschau »Herrschaftszeiten« in der Cadolzburg bietet einen unterhaltsamen Ausflug ins Mittelalter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-19 vom 07. Juni 2019

Hohenzollern in Lebensgröße
Dauerschau »Herrschaftszeiten« in der Cadolzburg bietet einen unterhaltsamen Ausflug ins Mittelalter
Veit-Mario Thiede

Bis zum 16. April 1945 war die im Landkreis Fürth gelegene Cadolzburg eine der am besten erhaltenen Herrschaftsburgen Deutschlands. Am nächsten Tag brannte sie aus. 

Sebastian Karnatz berichtet: „Höchstwahrscheinlich kam es zu einem Scharmützel zwischen vorbeiziehenden amerikanischen Truppen auf dem Weg nach Nürnberg und eingefleischten Nationalsozialisten, die sich auf der Burg verschanzt hatten.“ Der Freistaat Bayern hat rund 38 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Cadolzburg und das in ihr kürzlich eröffnete Burgerlebnismuseum aufgewendet.

Das Museum bietet mit der von Sebastian Karnatz und Ute Piereth eingerichteten Dauerschau „Herrschaftszeiten“ einen so unterhaltsamen wie informativen Ausflug in die spätmittelalterliche Glanzzeit der Cadolzburg. Sie war damals einer der bedeutendsten Herrschersitze des Heiligen Römischen Reiches. Von ihr aus regierten die Zollern, die im 

15. Jahrhundert begannen, sich Hohenzollern zu nennen, ihre fränkischen Besitzungen und die Mark Brandenburg. 

Die Schau erzählt vom Alltagsleben auf der Burg, von Festen, Verwaltungsarbeit und Gerichtsbarkeit. In der Küche duftet es nach Ochsenbraten. Es laufen Comicfilme, in denen uns der historisch nachgewiesene Hofnarr Contz durch die Burggeschichte führt. Mittels Datenbrille kann man ein Ritterturnier erleben. Gewänder und ein Kettenhemd hängen zur Anprobe bereit. An Hörstationen kommen die fränkischen Markgrafen und brandenburgischen Kurfürsten zu Wort, indem Sprecher aus deren Briefen vorlesen. Hierbei tut sich Albrecht Achilles mit derbem Humor hervor.

Modelle und virtuelle Rekonstruktionen veranschaulichen die Baugeschichte der vor 1246 in den Besitz der Zollern gelangten Cadolzburg. Deren Keimzelle ist die so genannte „Krypta“. Die war ursprünglich eine um 1150 freistehend errichtete Kapelle. Die neuen Burgherren ließen sie um die Unter- und die Oberkapelle aufstocken. In der Oberkapelle sind nun sakrale Kunstwerke ausgestellt. An den Kapellenbau schließt sich hofseitig links das im 14. und 15. Jahrhundert errichtete „Alte Schloss“ mit der auf vier Etagen eingerichteten Erlebnisschau an. Rechts vom Kapellenbau erhebt sich das im 13. Jahrhundert begonnene, im 18. Jahrhundert vollendete „Neue Schloss“. Äußerlich wiederhergestellt, bietet es sich im Inneren als Rohbau ohne die ehemaligen Geschossdecken dar.

Die mittelalterliche Karriere der Zollerndynastie steht im Zentrum der Präsentation. Ihr Aufstieg zu einer der führenden Familien des Reiches begann, als Kaiser Heinrich VI. 1191 den schwäbischen Grafen Friedrich III. (um 1139–1200) von Zollern mit der Burggrafschaft von Nürnberg belehnte. Durch Erbschaft und Kauf erweiterten die Zollern ihre fränkischen Besitzungen erheblich. Da sie regelmäßig in Konflikt mit der Bürgerschaft der Reichsstadt Nürnberg gerieten, verlegten sie ihren Hauptsitz von der Nürnberger Burggrafenburg auf die Cadolzburg.

Aufwändige Inszenierungen heben zwei Herrscher hervor. Der eine ist Burggraf Friedrich VI. (1371–1440). König Sigismund belehnte den umsichtigen Diplomaten und Machtstrategen zum Dank für die ihm geleisteten Dienste 1415 mit der Mark Brandenburg und bekräftigte das 1417 auf dem Konstanzer Konzil mit einem Festakt. Der nunmehrige Kurfürst Friedrich I. hielt sich allerdings bevorzugt in Franken statt in Brandenburg auf. Er und seine Gemahlin Elisabeth von Bayern-Landshut (1383–1442) sind als Pappfiguren ausgestellt, zu deren Füßen sich ein Haufen Schuldbriefe auftürmt. Friedrich musste nämlich hohe Summen aufnehmen, um seine Herrschaft in der Mark absichern zu können.

Seinem Sohn Albrecht Achilles (1414–1486) gelang es, diese Schulden vollständig zu begleichen und sogar ein ansehnliches Staatsvermögen zu hinterlassen. Der ehrgeizige, durchsetzungsstarke und kontrollsüchtige Albrecht Achilles war der letzte Zoller, der in Personalunion sowohl über die Mark Brandenburg als auch über die beiden fränkischen Markgraftümer Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Kulmbach herrschte. Die Inszenierung zeigt Albrecht Achilles und seine zweite Gemahlin Anna von Sachsen (1437–1512) kniend beim Gebet. Ihre lebensgroße Abbildung basiert auf einer kleinformatigen historischen Gemäldevorlage. Er trägt eine feuervergoldete Ritterrüstung. Sie ein Prunkgewand. Rüstung und Gewand sind zudem als reale Objekte ausgestellt, wie sich die Schau überhaupt durch hochwertige Nachbildungen historischer Gegenstände auszeichnet.

Die Cadolzburg ist den Besuch wert. Allerdings mangelt es dem Erlebnismuseum an originalen hohenzollerischen Altertümern. Die aber kann man in der Umgebung erleben. Eine der Attraktionen der Nürnberger Sebalduskirche ist das 1514/15 ausgeführte Markgrafen-Fenster, das Stifter Friedrich den Älteren (1460–1536) mit Gattin und acht Söhnen zeigt. Die Familieneintracht täuscht. Sohn Kasimir setzte seinen als verschwenderisch und äußerst cholerisch verrufenen Vater 1515 ab und ließ ihn auf der über Kulmbach gelegenen Plassenburg inhaftieren. Die heutige Plassenburg, ein imposanter „Neubau“ aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, ist berühmt für ihren „Schönen Hof“ mit der rund 120 steinerne Medaillons umfassenden hohenzollerischen Ahnengalerie. Das Münster von Heilsbronn war 1297 bis 1625 die Hauptgrablege der Hohenzollern. Es ist prachtvoll mit den von ihnen gestifteten Altären und Epitaphen ausgestattet. Das Epitaphgemälde für Kurfürst Friedrich II. (1413–1471) zeigt zwei Engel, die die überdimensionale Goldkette des von ihm in Brandenburg gestifteten Schwanenritterordens präsentieren. Sein Bruder und Nachfolger Albrecht Achilles gründete die fränkische Filiale des Ordens mit Sitz in der Ansbacher Gumbertuskirche. Deren Schwanenritterkapelle beherbergt Totenschilde und figürliche Grabsteine der Ordensmitglieder, zu denen auch Frauen gehörten. Größter Schatz ist der von Albrecht Achilles und Anna 1484 gestiftete Marienaltar. Auf ihm ist das Stifterpaar abgebildet. Diese Porträtgemälde dienten als Vorlage für die lebensgroßen Abbildungen Albrechts und Annas im Burgerlebnismuseum Cadolzburg.

Burg Cadolzburg, 90556 Cadolzburg, geöffnet 9 bis 18 Uhr, ab Oktober 10 bis 16 Uhr, montags geschlossen. Telefon (09103) 7008622, Eintritt 7 Euro, Internet: www.burg-cadolzburg.de