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07.06.19 / Schattenseiten des Kriegs

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-19 vom 07. Juni 2019

Schattenseiten des Kriegs
Siegfried Schmidtke

Fotografien im Museum für Bildhauerei und Druckgrafik? Trotz der verwendeten unterschiedlichen Medien sieht die Direktorin des Kölner Kollwitz-Museums, Hannelore Fi­scher, Übereinstimmendes bei der Intension der beiden Frauen. Sowohl Käthe Kollwitz als auch Anja Niedringhaus vermitteln „ein unverstelltes Bild der Menschen ihrer Zeit“. Die am 4. April 2014 in Afghanistan erschossene Kriegsfotografin Niedringhaus wollte aufrütteln, „indem sie uns die Schrecken des Krieges vor Augen“ führte. Die Werke beider Frauen „mahnen zum Frieden und appellieren an unsere Menschlichkeit“.

Der Preis, den beide Frauen an den Krieg zu zahlen hatten, war hoch: Käthe Kollwitz verlor 1914 ihren Sohn im Ersten Weltkrieg, Anja Niedringhaus verlor genau 100 Jahre später ihr Leben im Kriegsgebiet am Hindukusch. Ihr ist noch bis 30. Juni die Ausstellung „Bilderkriegerin“ gewidmet.

Niedringhaus war 1991 die erste Frau, die als Kriegsreporterin direkt an der Front unterwegs war. Weltweit, in Jugoslawien, Libyen, im Irak und in Afghanistan. Während die kämpfenden Soldaten mit scharfer Munition schossen, „schoss“ Niedringhaus Fotos mit ihrer Kamera. Während die Nachrichten über Kriegserfolge der amerikanischen Soldaten im Irak berichteten, zeigte Niedrighaus die Schattenseite des Krieges – das Leiden und das Elend der Soldaten und der Zivilisten: den sterbenden bosnischen Soldaten, die unter Beschuss geratenen UN-Soldaten in Sarajewo, ein irakisches Mädchen, das sich die Ohren zuhält vor einer US-Patrouille. Aber auch den Lebenswillen der vom Krieg heimgesuchten Bevölkerung: den afghanischen Tuchfärber vor seiner Hütte, bettelnde Frauen in Kandahar, den Jungen auf einem Kettenkarussell in Kabul oder die weiblichen Abgeordneten im Parlament.

Afghanistan war, so die Kuratorin Sonya Winterberg, „die große Liebe“ der Fotografin. Niedringhaus war angetan von den wilden Landschaften am Hindukusch und der einfachen Lebensweise der einheimischen Bevölkerung. Sie schrieb einmal: „Die Geschichten der Menschen, die in Konfliktzonen wie in Afghanistan ihren Alltag meistern müssen, werden oft vergessen und ignoriert. Mit meinen Bildern möchte ich dazu beitragen, dass wir ihr Leben und ihre Kultur besser verstehen lernen – und zwar nicht nur im Sinne von ,gut‘ und ,böse‘.“

Für ihre Fotos, die ein authentisches Bild des Lebens (und Sterbens) in den Kriegs- und Krisengebieten der Welt zeigen, wurde Anja Niedringhaus 2005 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet – dem wohl renommiertesten US-Medienpreis. Die „Bilderkriegerin“ Niedringhaus war auch als Sportfotografin erfolgreich. Einige ihrer eindrucks­vollen Bilder von Tennisturnieren oder der Olympiade 2012 in London sind in Köln ausgestellt.


Kollwitz Museum, Köln, Neumarkt 18–24, geöffnet Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, sonnabends und sonntags von 11-18 Uhr, Eintritt: 5 Euro, Katalog 22 Euro