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07.06.19 / Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte / Vor 40 Jahren hob der deutsch-japanische Nachfolger der legendären Bo 105, die MBB/Kawasaki BK 117, zum Erstflug ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-19 vom 07. Juni 2019

Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte
Vor 40 Jahren hob der deutsch-japanische Nachfolger der legendären Bo 105, die MBB/Kawasaki BK 117, zum Erstflug ab
Friedrich List

Nach dem Erfolg des leichten Mehr­zweck­hub­schrau­bers MBB Bo 105 (siehe Nummer 6 vom 10. Februar 2007) entschloss sich Messerschmitt-Bölkow-Blohm, heute Airbus Helicopters, einen verbesserten Hubschrauber auf den Markt zu bringen. Bei Entwick­lung und Produktion arbeitete MBB mit dem japanischen Kawasaki-Konzern zusammen, der in Japan Wartung und In­stand­setzung für die Bo 105 durchführte. Am 25. Februar 1977 schlossen beide Firmen einen Joint-Venture-Vertrag. Der erste Prototyp dieses als „BK 117“ bezeichneten Hubschraubers startete am 13. Juni 1979 in Donauwörth zum Jungfernflug. Der zweite Prototyp stieg erstmals am 10. August vom Kawasaki-Werkflugplatz im japanischen Gifu auf. 

Beide Partner teilten sich die Entwicklungsarbeiten. MBB lieferte das dynamische System, Haupt- und Heckrotor samt Steuerung, Leitwerk und Heckrotorträger, die Landekufen, Hydrauliksysteme und Flugsteuerung. Für den Rotor nutzten die Konstrukteure den gelenklosen Rotorkopf, den sie für die MBB Bo 105 konzipiert hatten. Kawasaki übernahm die Rumpfkonstruktion, Getriebe und Kraftstoffsystem sowie die sonstige Ausrüstung. MBB zeichnete dann für die Integration des Gesamtsystems verantwortlich. Im Gegensatz zur Bo 105 erhielt die BK 117 zwei Triebwerke. Die Entwicklungskosten von 110 Millionen US-Dollar übernahmen MBB und Kawasaki zu gleichen Teilen. 

Die BK 117 beruhte auf den Erfahrungen, die viele Betreiber mit der Bo 105 gemacht hatten. Die hatten gezeigt, dass die Medizintechnik für Rettungseinsätze mehr und mehr Platz beanspruchte. Leistungs- und Raumreserven, die die kleinere Bo 105 Mitte der 1970er noch hatte, würden früher oder später aufgezehrt sein. Also konzipierten die Ingenieure einen Hubschrauber, der eher in der Größenklasse der Bell UH-1D „Iroquois“ lag.

Die ersten Serienmaschinen wurden Anfang 1983 ausgeliefert. Produziert wurde bei MBB in Donauwörth und bei Kawasaki in Gifu. Bis heute werden die BK 117 und ihre Weiterentwicklungen als Rettungs- und Ambulanzhubschrauber, zum Krankentransport und als Polizeihubschrauber verwendet. Gelegentlich findet man sie auch als Militärhubschrauber, etwa zu Ausbildungszwecken oder für leichte Transportaufgaben. Hinzu kommen Passagier- und VIP-Transporte sowie Montagearbeiten und Flüge mit Außenlast. 

Die erste Serienversion war die BK 117 A-1, auf die zwei Jahre später eine leicht verbesserte Version folgte. Von der A-Version wurden mehrere Untervarianten produziert. Die A-4 erhielt ein verstärktes Getriebe. 1987 kam die leistungsgesteigerte BK 117 B auf den Markt. Sie wurde in zwei Varianten produziert und dann von der BK 117 C-1 abgelöst. Die kam 1992 auf den Markt. Die C-1-Maschinen verfügten über einen verbesserten Heckrotor und stärkere Triebwerke, was ihnen eine bessere Höhenleistung verlieh. Die wiederum kam Rettungseinsätzen im Gebirge zugute und fing die Steigerung des Abfluggewichts durch die immer umfangreichere Rettungs- und Medizintechnik an Bord auf. Die ab 1985 produzierte Militärversion BK 117M basierte auf der BK 117 A-3, hatte aber verstärkte Kufen. Sie konnte entweder als Truppentransporter für bis zu elf Soldaten dienen oder als Kampfhubschrauber mit Maschinengewehren, Schnellfeuerkanonen oder Lenkwaffen eingesetzt werden. 

2002 verlagerte man einen Teil der Produktion nach Trient in Norditalien, um in Donauwörth Kapazitäten für die neue BK 117 C-2 und die Eurocopter EC 135 zu schaffen. Zudem baute Indonesien die BK 117 in Lizenz. Die letzte BK 117 C-1 wurde 2005 an einen Kunden in Mexiko geliefert.

1992 war aus Messerschmitt-Bölkow-Blohm durch die Fusion mit der Hubschraubersparte des französischen Luftfahrtkonzerns Aérospatiale die Firma Eurocopter entstanden. Aérospatiale brachte den ummantelten Heck­rotor oder Fenestron ins neue Unternehmen ein. Der Fenestron schützt den Heckrotor bei Flügen über schwierigem Gelände und macht den Hubschrauber deutlich leiser. Außerdem ist der Aufenthalt in Hecknähe für das Bodenpersonal sicherer. 

Mitte der 90er Jahre begann Eurocopter damit, die BK 117 zu überarbeiten. Ziel war eine Maschine, welche die Vorzüge der kleineren EC 135 und der BK 117 in sich vereinigte. Der Hubschrauber erhielt nun ein neues Cockpit, einen neu konstruierten Hauptrotor und eine verlängerte Kabine. Anfangs bezeichnete man den neuen Hubschrauber noch als BK 117 C-2, um die Musterzulassung zu vereinfachen. Kawasaki bot den Hubschrauber tatsächlich unter dieser Bezeichnung an. In Europa brachte Eurocopter das Muster jedoch als EC 145 heraus.

Die EC 145 absolvierte ihren Jungfernflug am 12. Juni 1999 in Donauwörth. Der zweite Prototyp flog im folgenden Jahr vom Kawasaki-Werkflugplatz in Gifu. Die erste Serienmaschine lieferte Eurocopter am 17. April 2002 an die Polizei-Hubschrauberstaffel Hessen. Weitere Kunden waren die französische Gendarmerie, die Sécurité Civile und die spanische Guardia Civil. Die Schweizerische Rettungsflugwacht (Rega) ersetzte mit ihren EC 145 ältere Hubschrauber vom Typ Agusta A109. 

Während die ältere BK 117 noch in Produktion blieb, wurde die EC 145 weiter verbessert. Die Ingenieure entwickelten eine Variante mit Fenestron, die ab Juli 2010 in Donauwörth erprobt wurde. Anfang März stellte Eurocopter den Helikopter als EC 145 T2 der Öffentlichkeit vor. Er verfügt nicht nur über einen Fenestron, sondern auch über verstärkte Triebwerke. Weil zum Jahreswechsel 2013/14 aus Eurocopter Airbus Helicopter wurde, wird der Hubschrauber mittlerweile als „Airbus Helicopters H145“ vermarktet. Im Frühjahr 2019 stellte Airbus Helicopters eine weitere Variante vor. Sie verfügt über einen neu entwickelten Fünfblattrotor. 

Die Militärversion kam zunächst als „EC 645“ auf den Markt, ist aber heute identisch mit der H145M. Größter Nutzer der H145M sind die US-Streitkräfte, die den Hubschrauber als „UH-72 ,Lakota‘“ für leichte Kampfunterstützungsaufgaben, als Truppentransporter und zur Ausbildung einsetzen. Die Bundeswehr hat 15 Maschinen in Dienst, die dem Kommando Spezialkräfte zugeteilt sind. Außerdem hat die Bundeswehr sieben Exemplare einer Such- und Rettungsvariante bestellt.