23.04.2024

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14.06.19 / Hauptstadt der Missstände

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-19 vom 14. Juni 2019

Hauptstadt der Missstände
Vera Lengsfeld

Eigentlich hat man schon gar keine Lust mehr, die zahlreichen Missstände in der Hauptstadt zu benennen. Alles Gesagte verschwindet in einer Art schwarzem Loch. Dem Berliner Senat scheint schon gar nichts mehr peinlich zu sein, also lebt er mit seinem ruinierten Ruf ganz ungeniert.

Es hat bei den Berlinern bereits ein fataler Gewöhnungseffekt eingesetzt. Sie haben schon fast vergessen, dass die S-Bahnen mal pünktlich und zuverlässig fuhren. Sie haben vergessen, dass es mal Zeiten gab, in denen nicht jede Woche ganze Stadtgebiete gesperrt wurden, für Demonstrationen, Feste oder Sportveranstaltungen.

Man fragt schon nicht mehr nach der Eröffnung des BER, deren Termin schon wieder ins Wanken kommt. Zu diesem Dauerdrama gibt es nicht einmal mehr Witze. Kürzlich erreichte ein Brief von Verkehrsminister Scheuer die Hauptstadt, in dem er seine Sorgen über die neueste Verzögerung artikuliert. Da der Minister aber nicht auf den Tisch haut und auch zu feige ist, das unwürdige Spiel zu beenden, indem er im Namen des Bundes das Projekt für gescheitert erklärt, fließen weitere Steuermillionen in dieses Fass ohne Boden.

Nicht thematisiert wird die Tatsache, dass der Bau von nur zwei U-Bahnstationen, die das Regierungsviertel mit dem Alexanderplatz verbinden sollen, schon ins achte Jahr geht, ohne dass ein Ende abzusehen ist. Nur der Schlossbau kommt planmäßig voran, was daran liegt, dass die Politik hier nicht allein federführend ist. Zwar ist sie redlich bemüht, mit immer neuen Sonderwünschen Sand ins Getriebe zu streuen, bislang aber ohne durchschlagenden Erfolg. Bereits jetzt ist sichtbar, welche Kostbarkeit die tiefe städtebauliche Lücke geschlossen hat, die vom DDR-Regime mitten in Berlin gerissen worden war. Das Schloss ist schon vor seiner Eröffnung eine Touristenattraktion.

Trübe sieht es dagegen am stillgelegten Flughafen Tempelhof aus. Für das architektonisch einmalige Flughafengebäude gibt es immer noch kein Nutzungskonzept. Seit eine Volksabstimmung die teilweise Bebauung verhindert hat, dümpelt das Gelände vor sich hin.

Zum bevorstehenden Jahrestag der legendären Luftbrücke, mit der Westberlin nach der Stalinschen Blockade versorgt wurde, gab es die Idee, die historischen Rosinenbomber wieder in Tempelhof landen zu lassen. Das erschreckte die Berliner Politik so sehr, dass sie die Feierlichkeiten am liebsten abgesagt hätte. Schließlich wäre klar geworden, dass Tempelhof als Flughafen immer noch reaktiviert werden könnte.

Nach vielem Hin und Her dürfen die „Rosinenbomber“ doch fliegen, aber nicht landen! Am 15. und 16. Juni kreisen sie über Berlin, als wären sie Pleitegeier.