20.04.2024

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14.06.19 / Korrekt gelogen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-19 vom 14. Juni 2019

Korrekt gelogen
Erik Lommatzsch

Eine Nummer kleiner ging es wieder mal nicht. Marie Sophie Hingst ist gut in der Welt rumgekommen. Sie wurde in 

Dublin promoviert, wo sie lebt und als „deutsche Bloggerin“ firmiert. Das erschien ihr offenbar zu unspektakulär. Mit reichlich Fantasie „bearbeitete“ sie ihre Biografie – und fand große Aufmerksamkeit. Hingst schreckte nicht davor zurück, sich eine jüdische Familiengeschichte mit 22 Holocaust-Opfern zu erfinden. Um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen, wurden bei der Gedenkstätte Yad Vashem Gedenkbögen vorgelegt – mit falschen Angaben. Eine Historikerin stellte fest, dass Hingst aus einer evangelischen Familie stammt. 

Da war plötzlich auch die „Zeit“ aufgeschreckt. Unter dem Pseudonym Sophie Roznblatt hatte Hingst dort 2017 einen Artikel veröffentlicht, in dem es unter anderem heißt, als sie 19 gewesen sei, „gründeten mein bester Freund und ich eine kleine Klinik in einem großen Slum von Neu-Delhi“. Sexualaufklärerisch habe sie sich dort betätigt, ebenso wie später für „Geflüchtete“ in Deutschland. Die „Zeit“, die zunächst Zweifel an der Darstellung vehement zurückgewiesen hatte, räumte jetzt ein, der Artikel sei „wahrscheinlich weitgehend erfunden“. Auch andere Medien, etwa die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, hatten Hingsts Erzählungen aufgegriffen. Preise gab es. Die Auszeichnung „Bloggerin des Jahres“ wurde ihr bereits wieder aberkannt. 

Spätestens seit Claas Relotius wissen wir: Sofern die Geschichten politisch gewünscht sind, können sie noch so dick aufgetragen sein – sie stehen zunächst jenseits aller Kritik und erhalten lauten Beifall.