19.04.2024

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14.06.19 / Provoziert! Spaltet!

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-19 vom 14. Juni 2019

Provoziert! Spaltet!
Hans Heckel

Es hätte sich mittlerweile überall zutragen können, was dieser Tage in Hamburg passiert ist: Der AfD wurde verweigert, ihren Parteitag in einem städtischen Saal zu veranstalten, in dem sie schon öfter getagt hatte.

Die Abgeordneten der „Alternative“ im Landesparlament, der Bürgerschaft, haben den Fall vors Plenum gebracht, wo sie einer einhelligen Front von Linkspartei bis FDP gegenüberstanden. Aufschlussreich ist die Reaktion eines CDU-Abgeordneten, der sagte: „Die AfD ist nicht Opfer, sondern Täter. Sie provoziert.“

Hier zeigt sich auf erschütternde Weise, wie weit die Essenz demokratischen Denkens aus vielen Köpfen bereits herausgespült wurde. Was soll das heißen, die AfD „provoziert“? Es bedeutet nichts anderes, als dass sie ihre Arbeit als demokratische Opposition erfüllt. Deren Aufgabe besteht ja gerade darin, die Regierenden herauszufordern, man kann es auch „provozieren“ nennen.

Ganz abgesehen davon: Jene Milieus, welche heute den Ton angeben im Land, blicken stolz auf ihre Wurzeln in der 68er Revolte, der Anti-Atom-, der Öko- und der Friedensbewegung in der alten Bundesrepublik. Wäre eine einzige dieser Bewegungen auch nur im Ansatz denkbar  gewesen ohne „Provokation“? Das Provozieren der Regierung und der Polizei, der „Bourgeoisie“ oder des „Establishments“ gehörte zu deren ständiger Praxis und wird in der Rückschau von den Veteranen und Nachzüglern jener Bewegungen als (damals) „neue, kreative Protestformen“ glorifiziert. Dagegen ist das Auftreten der AfD an zahmer Biederkeit kaum zu überbieten.

Der Vorwurf der „Provokation“ enthüllt, dass Leute wie der genannte Christdemokrat vergessen oder verdrängt haben, was Demokratie ausmacht. Das gilt auch für einen anderen, verbreiteten Vorwurf an Oppositionelle, nämlich, dass sie „die Gesellschaft spalten“.

Zu allen Zeiten haben Herrschende den Eindruck erwecken wollen, im völligen Einklang mit dem Volk zu handeln. Es war die Aufgabe der Opposition, dieser vorgetäuschten Einheit eine Gegenmeinung in den Weg zu stellen. Mit anderen Worten: Aufzuzeigen, dass es einen „Spalt“ gibt zwischen der Auffassung der Regierung und jener in Teilen des Volkes. Wer das anklagt, der verurteilt das Recht des freien Bürgers, sich von der Regierung abzusetzen und „Nein“ zu sagen zu dem, was „von oben“ kommt.

Alarmierend ist, dass derlei Selbstverständlichkeiten eines demokratischen Gemeinwesens überhaupt herausgestrichen werden müssen und den Anlass für einen Kommentar hergeben. Offenbar liegen die letzten Diktaturen schon wieder solange zurück, dass mehr und mehr Deutschen das Eigentliche an der Demokratie aus dem Gedächtnis schwindet.