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14.06.19 / Nazi-Vergleich – ein Auslaufmodell? / Es wird immer deutlicher: Unsinnige Diffamierung führt zur Verharmlosung des NS

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-19 vom 14. Juni 2019

Nazi-Vergleich – ein Auslaufmodell?
Es wird immer deutlicher: Unsinnige Diffamierung führt zur Verharmlosung des NS
Erik Lommatzsch

Äußerst empfindlich reagieren Öffentlichkeit und nicht selten auch Justiz, wenn es um die Verharmlosung von NS-Verbrechen geht. Diesbezüglich herrscht ein umfassender gesellschaftlicher Konsens. Mitunter nimmt das Ganze allerdings Formen an, die hart an der Grenze der Verhöhnung der Leidtragenden des nationalsozialistischen Regimes liegen. Etwa, wenn akribisch darauf geachtet wird, dass Autokennzeichen keine Buchstaben- und Zahlenkombinationen enthalten dürfen, die in irgendeinen Zusammenhang mit Institutionen oder Personen der damaligen Zeit gebracht werden könnten. 

Oder wenn Bundesinnenminister Horst Seehofer es für „nicht denkbar“ hält, dass die Olympischen Sommerspiele 2036 in Deutschland stattfinden wegen der „Nazi-Olympiade“ von 1936. Die Form derartiger Aktionen und Stellungnahmen lässt stark am Bewusstsein für die Dimensionen der NS-Verbrechen zweifeln. 

In diese Kategorie gehört insbesondere der Nazi-Vergleich auf medialer und politischer Ebene. Frei von jeglicher historischer Sachkenntnis werden Personen mit den Tätern der ersten deutschen Diktatur gleichgesetzt und entsprechend diffamiert. Da dies seit geraumer Zeit inflationär stattfindet, schwindet die Sensibilität, welche Voraussetzung für jegliche ernsthafte Lehre aus der Zeit des Dritten Reiches ist.

Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz verwies schon im Mai 2016 auf die „Nazis“, deren Denken und Äußerungen „erhebliche Parallelen zur heutigen AfD-Propaganda“ aufweisen würden. Im September 2018 setzte der „Spiegel“ einen Kommentar unter die Überschrift „Alternative für Deutschland. Wer sie wählt, wählt Nazis“. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sönke Rix wurde im April 2019 von der „Welt“ gefragt, ob Mariana Harder-Kühnel, zu dieser Zeit AfD-Kandidatin für das Amt des Bundestagsvizepräsidenten, eine Nationalsozialistin sei. Rix erklärte, die AfD sei für ihn „eine Partei, die man mit Nazis vergleichen kann“. Sie pflege einen Jargon, „den wir aus rassistischen und nationalsozialistischen Zusammenhängen kennen“. Und Hader-Kühnel sei eben Mitglied dieser Partei. Ebenfalls im April platzierte der „Tagesspiegel“ in seinem Bericht über den Geraer Staatsanwalt Martin Zschächner, der gegen das „Zentrum für Politische Schönheit“ ermittelt hatte, den Tweet eines Ex-Kommilitonen: „Wir nannten ihn nur den ‚Jura-Nazi‘“.

Zwar oft nicht prominent berichtet, aber durchaus auffindbar, sind Vorgänge, die zeigen, dass das Gefühl für die Angemessenheit von Vergleichen nicht überall erloschen ist. So erwirkte der Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel  unlängst eine einstweilige Verfügung gegen „Facebook“. Ein Nutzer hatte die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel dort als „Nazi Drecksau“ tituliert. 

Zu einer Geldstrafe wurde der SPD-Politiker Valentin M. Kuby im November 2018 verurteilt. Er hatte den AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Protschka als „Nazi“ bezeichnet. Und erst vor wenigen Tagen berichtete das Onlineportal „DerWesten.de“, dass der Essener Stadtrat Ahmad Omeirat von den Grünen sein Mandat vorerst ruhen lasse. Er hatte geäußert, dass er sich durch eine Rede des CDU-Landtagsabgeordneten Gregor Golland an Hitler und Goebbels erinnert fühle.

Die linkslastige, im September 2018 verabschiedete „Resolution des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands zu gegenwärtigen Gefährdungen der Demokratie“ war mehrheitlich angenommen worden. Sie führte allerdings auch zu Widerspruch. Zwar werde dort auf das „Wörterbuch der Rechtspopulisten“ und deren „antidemokratische Sprache der Zwischenkriegszeit“ verwiesen, unerwähnt blieben in der Resolution jedoch „Diffamierungen von links, die in gleichem Maße diskursabschneidend und ehrverletzend wirken (‚Nazi‘, ‚Rassist‘)“, schrieben die Geschichtsprofessoren Dominik Geppert und Peter Hoeres in einem Beitrag für die „FAZ“.

Derartige Beispiele lassen hoffen, dass in nicht allzu ferner Zukunft insgesamt etwas differenzierter mit NS-Vergleichen umgegangen wird – vor allem, weil offensichtliche Instrumentalisierung und unsinniger Pauschalgebrauch zu dem führen, was niemand wirklich wünschen sollte: zur Verharmlosung.