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14.06.19 / Das Papier war geduldig / Das Papiermuseum Bad Reinerz vermittelt der Region heute auch die deutsche Heimatgeschichte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-19 vom 14. Juni 2019

Das Papier war geduldig
Das Papiermuseum Bad Reinerz vermittelt der Region heute auch die deutsche Heimatgeschichte
Chris W. Wagner

Das niederschlesische Bad Reinerz [Duszniki Zdroj] ist polenweit aus zwei Gründen bekannt: als Ort der Chopin-Konzerte, denn in diesem damals deutschen Kurort weilte einst der polnische Komponist, und wegen des einzigen Papiermuseums des Landes. Das Museum organisiert seit 2001 jeden Sommer ein Papierfest. In diesem Jahr wird am 27. und 28. Juni die Geschichte rund um das Thema „Papier“ gefeiert.

Das 2016 mit dem Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen ausgezeichnete Papiermuseum Bad Reinerz wurde 2011 auf die Liste der wichtigsten Kulturdenkmäler Polens gesetzt. Es hat seinen Sitz in der aufwändig restaurierten Papiermühle aus dem 17. Jahrhundert, in der man historische Geräte zum Handschöpfen und moderne Papierherstellungsmaschinen besichtigen kann. Vor 50 Jahren wurde die Papiermühle zu einem Museum umgewandelt, doch die deutsche Geschichte zog hier erst viel später ein. Vor allem unter der Leitung der Einrichtung durch Maciej Szymczyk schaffte es das Museum mit seinen Präsentationen auch in deutsche Kultureinrichtungen. Der 1970 in Bad Reinerz geborene Szymczyk studierte Geschichte an der Universität Oppeln und machte die schlesische Papierindustrie zum Thema seiner Dissertation. 2007 habilitierte er an der Universität Lodsch zur Geschichte der polnischen Papierindustrie. Ein Jahr vor seiner Habilitation übernahm er die Leitung des Papiermuseums in der über 400 Jahre alten Papierfabrik seiner Heimatstadt, die von 1605 bis 1945 in der Hand von nur drei Familien war: der aus Sachsen stammenden Familie Kretschmer, den aus Westfalen kommenden Hellers und schließlich der Frankensteiner [Zabkowice Slaskie] Familie Wiehr, die bis 1945 die Papierfabrik betrieben.

Die in den Nachkriegsjahren verwüstete Papierfabrik der Wiehrs wurde ab 1948 vom nahen Wartha [Bardo Slaskie] aus bis 1952 verwaltet. Anschließend folgten viele Jahre des Verfalls, bis 1961 die Entscheidung fiel, aus der Papierfabrik ein Museum zu machen. Büttenpapier wurde hier weiterhin hergestellt. Es dauerte noch fast zehn Jahre, bis in Bad Reinerz endlich eine Dauerausstellung mit einer Papierschöpfanlage und einer Druckerei eröffnet wurde. Nun konnten Schüler die historische Papiermühle besuchen und zusehen, wie handgeschöpftes Papier entsteht. Bald schon wurde das Museum ein Touristenmagnet. In den 90er Jahren entstand in der Mühle eine Forschungs- und Bildungsabteilung, an der Professor Szymczyk als Leiter tätig war.

Das Museum kam von Anfang an gut an, doch einen Höhepunkt bildet das 2001 ins Leben gerufene zweitägige Papierfest. Bei diesem soll nicht nur die Geschichte des Papiers und dessen Bedeutung für die zivilisatorische und kulturelle Entwicklung der Welt gezeigt werden, „es soll auch das regionale Bewusstsein stärken und das kulturelle Erbe pflegen“, so Szym-czyk. Ihm liegt besonders daran, dass sich die Besucher in aktiver Weise der Geschichte nähern. So können Besucher selbst Büttenpapier herstellen und unterschiedliche Drucktechniken ausprobieren. Auch Geschicklichkeitswettbewerbe mit Papier werden angeboten. So kann sich der Besucher beim Zielwerfen von Toilettenpapierrollen ausprobieren. Künstlerische Umsetzungen sollen im Museum auch die Ästhetik von Papier veranschaulichen.

Geschichtsfreunde kommen ebenfalls nicht zu kurz. In Sonder- und Wanderausstellungen präsentiert der Historiker Szym-czyk gerne Persönlichkeiten der Region wie zum Beispiel den Chronisten des Glatzer Berglandes, Joseph Kögler (1765–1817). Der Geistliche aus Lewin [Lewin Klodzki] war Sohn des Lewiner Stadtmüllers, studierte Theologie und Philosophie in Breslau und wurde Pfarrer in Ullersdorf an der Biele [Oldrzychowice Klodzkie]. Der Geschichtsforscher sammelte und studierte historische Archivalien, schrieb Orts-, Pfarrei- und Herrschaftschroniken und fertigte eine umfangreiche Sammlung von Urkundenabschriften an. Köglers Schriften sind fast gänzlich erhalten geblieben und befinden sich im Erzbischöflichen Diözesanarchiv Breslau. Unter anderem zeigte das Reinerzer Museum bereits viele Chroniken über die Vergangenheit des Ortes. Während der beiden Papierfesttage ist die Besichtigung des Papiermuseums in der ul. Klodzka 42 von 10 bis 18 Uhr kostenlos.