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14.06.19 / Grüne Apotheke am Meer / Warum im Meer baden, wenn »Waldbaden« angesagt ist? – Die Insel Usedom will Gäste mit seinem Kur- und Heilwald verwöhnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-19 vom 14. Juni 2019

Grüne Apotheke am Meer
Warum im Meer baden, wenn »Waldbaden« angesagt ist? – Die Insel Usedom will Gäste mit seinem Kur- und Heilwald verwöhnen
Andreas Guballa/tws

Der Sommer steht vor der Tür, die Natur steht bereits in voller Blüte, und die warmen Sonnenstrahlen locken be­reits die ersten Usedom-Urlauber an die Strände. Schon kurz vor der Hauptsaison sind Strand und Meer nach wie vor die wichtigsten Buchungsargumente für ei­nen Aufenthalt auf der Sonneninsel. Doch der Wald könnte schon bald dazu kommen, wenn es nach Karina Schulz geht. 

Denn seit November 2016 ist der Heringsdorfer Küstenwald als erster Kur- und Heilwald Europas anerkannt und damit ein großes Natur- und Gesundheitsstudio.

„Der Wald wird oft als ,Grüne Apotheke‘ bezeichnet. Er macht den Kopf frei, belebt und er­frischt. Seine heilenden Kräfte werden hier auf 187 Hektar bewusst genutzt“, so Tourismusfachfrau Schulz. Immer mehr Forschungen bestätigen die positive Wirkung von Bäumen auf die Gesundheit. In Japan ist Waldmedizin sogar ein Forschungszweig. So atme man bei einem einstündigen Aufenthalt im Wald so viel frische Luft ein, wie in zwei Einfamilienhäusern vorhanden sei. Waldspaziergänge und Therapieübungen zwischen den Waldbäumen helfen Schulz zufolge auch bei Burn-Out, Schlafstörungen, Verdauungsproblemen, Depressionen, Reizüberflutung und psychosomatischen Erkrankungen. Die Kiefer soll gut sein für das Seelenleben der Menschen, Buchen wirken erfrischend und reinigen die Lunge. 

Während ein Ausflug in den Wald bei den Deutschen noch nicht sehr verbreitet sei, zählt das sogenannte Shinrin Yoku (Waldbaden) in Japan zu einer effektiven Stress-Management-Methode und ist fester Bestandteil des staatlichen Gesundheitssystems. Dort gibt es Waldbaden sogar auf Rezept. Das wohltuende Reizklima auf Usedom resultiert aus der einzigartigen Kombination von See- und Waldluft. Diese Verbindung definiert unseren Küstenwald als ein einzigartiges ortsgebundenes Naturheilmittel.

Um den Kur- und Heilwald zwischen der Heringsdorfer Grundschule und dem Ahlbecker Jä­gersberg noch mehr zur „grünen Apotheke“ werden zu lassen, bemüht sich Schulz darum, dass Therapeuten aus Kliniken sowie Mitarbeiter der Ostsee-Therme sowie aus Hotels, die eine medizinische Ausbildung vorweisen können, sich zum Waldtherapeuten schulen lassen. 

Daniel Bak, Masseur und Trainer in der Ostsee-Therme, gibt derweil schon mal einen Vorgeschmack darauf, was Waldtherapeuten so tun. „Die heilsamen Einflüsse des Gesundheitsstudios Wald unterstützen wir mit integrierten Heilwaldplätzen und Pfaden. Ein gekennzeichnetes Wegenetz mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden dient der Bewegungsmotivation. An verschiedenen Waldplätzen laden wir zu speziellen körperlichen oder meditativen Übungen ein, die das ganzheitliche Wohlbefinden fördern“, so Bak.

Zusammen mit Medizinern und Förstern wurden in dem Mischwald barrierefreie und behindertengerechte Wege angelegt und verschiedene Stationen wie ein Motorikpfad mit Fitnessgeräten geschaffen, die den Bewegungsapparat schulen und das Erlebnis Wald eindringlicher machen sollen. Die Wege sind in drei verschiedenen Schwierigkeitsstufen angelegt – von leicht bis an­spruchsvoll. So soll jeder seinen Spaß an der Bewegung finden. 

Begleitet werden die Wege und Stationen von 35 bebilderten Anleitungstafeln, die zu Aktivitäten und meditativen Übungen anregen wollen, aber auch etwas über die Tier- und Pflanzenwelt sowie die Geschichte bestimmter Orte wie der einstigen Bismarck­warte oder der Thingstätte erzählen. Ein besonderer Heilwald-Abschnitt ist der Poesie-Pfad. Wer sich die Zeit nimmt und die Zitate berühmter Schriftsteller und Denker zum Thema Wald auf den Tafeln durchliest, entschleunigt im wahrsten Sinn des Wortes. Nun gibt es wohl keine Ausrede mehr dafür, selbst einmal im Wald baden zu gehen. 

Usedom verfügt außerdem über einen ersten „Klimawald“. Am „Tag des Baumes“, dem 25. April, starteten Waldaktionäre und Na­turfreunde mit den Förstern des Forstamtes Pudagla die erste Pflanzaktion. In der Nähe von Koserow wurden auf einer Fläche von zwei Hektar einige hundert Eichen gesetzt. Insgesamt stehen auf der Sonneninsel 2000 Wald­aktien zur Verfügung – etwa die Hälfte ist inzwischen verkauft worden. Für eine Waldaktie im Wert von zehn Euro können etwa sechs Bäume gepflanzt werden. Meer- und Waldbadende, die mit dem eigenen Auto anreisen, werden damit ihr Gewissen beruhigen können.