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14.06.19 / Bernd Lucke deckt die Probleme Europas gnadenlos auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-19 vom 14. Juni 2019

Bernd Lucke deckt die Probleme Europas gnadenlos auf
Wolfgang Thüne

Bernd Lucke hat ein kluges Buch geschrieben, doch Reklame hat der AfD-Gründer für seine neue Partei der Liberal-Konservativen Reformer nicht gemacht, sodass er sang- und klanglos aus dem Europaparlament ausgeschieden ist. Aber sein Vermächtnis sollte gelesen werden. Es handelt von Europa und zeigt die Probleme gnadenlos auf, die zu lösen wären und zu denen er sich klug geäußert hat. Insofern ist seinem Buch eine große Leserschaft zu wünschen.

Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert und widmet sich Systemausfällen und Kontrollverlusten. Es beginnt mit der Währungsunion und deren mangelhafter Anwendung, die zum Kontrollverlust in der Eurokrise führte. Die Eurostaaten seien nicht mehr Gestalter der Sache, sondern die Getriebenen und blähten das Bürgschaftsvolumen auf, doch die Hilfsmaßnahmen seien nicht konditioniert, sodass die EU in die Abhängigkeit von ihren eignen Schuldnern geraten sei. Die im Aufbau befindliche „Transferunion“ drohe die Gesamtstabilität der Eurozone zu untergraben. „Wir stecken in einem Schuldensumpf“, in den uns unsere Kanzlerin hineingeführt habe. Bei der Asylkrise hätten wir einen Systemausfall, ihre Gesetzgebung sei von Anfang an schlecht konzipiert gewesen. Sein Scheitern sei „dem Dublin-System quasi genetisch eingeschrieben“. 

Das nächste Kapitel handelt „von der Einstimmigkeit zur Mehrzüngigkeit“ im Rat der Europäischen Union. Lucke erinnert daran, dass Gott die Sprache der Babylonier verwirrt habe, doch ein Vielvölkerstaat funktioniere nicht ohne Kommunikation. Der „Brexit“ sei das Werk von David Cameron, ein unbeabsichtigtes Werk, denn als er den European Union Act beschließen ließ, seien die „großen Rettungsschirme“ beschlossen gewesen. Sein Versuch, den Lissabon-Vertrag wieder zu kassieren, scheiterte, denn Großbritannien hatte kein Vetorecht mehr. Das Land war völlig isoliert und dessen Interessen seien der Eurozone „piepwurstegal“. 

Dann geht es weiter mit „Rechtsstaatlichkeit, Rechtschaffenheit und Rechtsextreme“. Es geht um die AfD, in der drei Strömungen vorherrschten: Diejenige, welche die Eurorettungspolitik aus volkswirtschaftlichen Gründen kritisiere, diejenige, die eine eher institutionenkritische und legalistische Sicht vertrete sowie diejenige, die der EU grundsätzlich misstraue und mit Juncker argumentiere. Diese Gruppe nannte Lucke die „Verbitterten“, die beiden anderen die „Verbesserer“. „Wenn eine Regierung von Problemen ablenkt, sie kleinredet, sie beschönigt oder bewusst die Öffentlichkeit irreführt, tut sie dies, weil sie ihre Bürger nicht beunruhigen will. Sie will sie einlullen“. Von Politikern erwarte man Redlichkeit. Die Europäische Zentralbank habe seit 2015 zwei Billionen Euro Staatsanleihen mit neu erzeugtem Geld gekauft.

Im vierten Kapitel geht es um Stickstoffdioxid, wobei die Sachlage höchst unklar sei.  Das Recht zur Gesetzgebung im Bereich der Luftreinhaltung hätten wir der EU übertragen. Zur EU-Armee sagt Lucke, dass keine Bedrohung erkennbar sei, die es erfordern würde, dass die EU eine Militärmacht wird. Das fünfte Kapitel lautet: „Der Euro spaltet Europa“. Die Fehler der EU hätten die AfD erst möglich gemacht. Während die armen und reichen Staaten eine dynamische Entwicklung durchmachten und „konvergierten“, sei der Aufstieg 1999 zum Stopp gekommen. Zehn Jahre ohne Wachstum sei ein Systemausfall. Wo immer der Staat Autorität ausübe, liege diese Autorität bei der EU. Mehr Europa bedeute weniger Deutschland. 

In Kapitel sechs geht es um „die Zukunft der EU“. „Europa muss ein Europa der Vielfalt sein – getreu dem offiziellen Motto der EU ,in Vielfalt geeint‘“. Luckes Vorschlag: „Lassen Sie uns aus dem EU-Parlament ein kleines, schlankes und nach gleichem Wahlrecht gewähltes Parlament des Binnenmarktes machen.“ Das Parlament habe kein „Initiativrecht“, dieses liege allein bei der Kommission. Die Kommission ist aber die Exekutive, nicht die Legislative. Der Exekutive ein Vetorecht über Grundfragen der Gesetzgebung zu geben, sei völlig unüblich und verletze die Gewaltenteilung. Lucke plädiert für „ein Austrittsrecht aus dem Euro“. Er vertritt eine Reduktion der Abgeordneten von 751 auf 300.

Bernd Lucke: „Systemausfall. Europa, Deutschland und die AfD: Warum wir von Krise zu Krise taumeln und wie wir den Problemstau lösen“, FinanzBuch Verlag, München 2019, gebunden, 271 Seiten, 22,99 Euro