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21.06.19 / Die Zeichen von Görlitz / Knapper Sieger Ursu (CDU) will nichts lernen: »Klare Kante« statt echtem Dialog

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-19 vom 21. Juni 2019

Die Zeichen von Görlitz
Knapper Sieger Ursu (CDU) will nichts lernen: »Klare Kante« statt echtem Dialog
Hans Heckel

Joachim Gauck mahnt „mehr Toleranz in Richtung rechts“ an. Der Ruf des Geläuterten wird jedoch kaum gehört.


Das wird viele Bürger überrascht haben: Altbundespräsident Joachim Gauck hat zu „erweiterter Toleranz in Richtung rechts“ aufgerufen. Ausgerechnet Gauck, der während seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt mit dem schlimmen Satz vom „hellen“ und „dunklen“ Deutschland sein eigenes Volk auseinanderjagte.

Hier scheint jemand dazugelernt zu haben. Der ehemalige Pfarrer hat offenbar begriffen, in welch finstere Sackgasse eine Nation trudelt, wenn an die Stelle von republikanischem Streit, von freier Debatte nur noch feindselige Sprachlosigkeit oder Propaganda tritt. Am Ende einer solchen Gasse lauert das Gespenst von Bürgerkrieg und/oder Despotie. Die Geschichte lehrt es.

Doch dringt Gauck durch? Kann er mithelfen, den von ihm selbst mit angerichteten Schaden zu reparieren? Die Frage ist leider offen, und die Zeichen dafür, dass man sie mit „Ja“ beantworten kann, nehmen nicht zu, im Gegenteil.

Der jüngste Nackenschlag für Optimisten kam aus Görlitz. Dort gelang es dem CDU-Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters, Octavian Ursu, nur mithilfe einer Riesenkoalition mit allen übrigen Parteien, fast allen Medien und sogar mit Unterstützung aus Hollywood, den Konkurrenten von der AfD, Sebastian Wippel, mit 55,2 zu 44,8 Prozent gerade noch zu schlagen. 

Man sollte erwarten, dass Ursu diesen nur unter Aufbietung aller Kräfte jenseits der AfD errungenen Sieg zum Anlass nimmt, nachdenklich zu werden. Weit gefehlt: Er fordert „klare Kante gegen die AfD“. Er wolle Oberbürgermeister aller Görlitzer sein und mit den unzufriedenen Bürgern reden. Allerdings wolle er sich Mehrheiten nicht bei der AfD suchen.

Die Widersprüchlichkeit dieser Sätze schreit den Betrachter förmlich an. Ursu will Oberbürgermeister aller Bürger sein und schließt fast die Hälfte von ihnen faktisch von der Zusammenarbeit aus. Er möchte mit dieser knappen Hälfte reden und droht ihr gleichzeitig „klare Kante“ an. Entweder der CDU-Politiker unterstellt den „unzufriedenen Bürgern“, aus reiner Tapsigkeit den AfD-Kandidaten unterstützt zu haben und zweifelt damit ihre Reife an. Oder er heuchelt. Am wahrscheinlichsten ist, dass der gelernte Solotrompeter Ursu bloß Baukastensätze aneinanderreiht, die er sich aus der großen Politik abgeguckt hat.

Damit ist er der kleine Spiegel der großen Misere. Der Psychologe Holger Richter bezeichnet derlei Verhalten in der „Welt“ als „psychotisch“. Kennzeichnend für die Psychose ist nach Richter die Intoleranz und der völlige Unwille, mit der jeweils anderen Seite wirklich zu reden oder gar pragmatisch zusammen zu arbeiten. 

Richter arbeitet in Dresden. Vielleicht kommt Octavian Ursu ihn einmal besuchen. Zusammen mit Joachim Gauck, der Ursu erklären kann, wie man sich aus seiner Psychose befreit.