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21.06.19 / Holdingstruktur geplant / Bei Thyssenkrupp sollen die Sparten eigenständiger werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-19 vom 21. Juni 2019

Holdingstruktur geplant
Bei Thyssenkrupp sollen die Sparten eigenständiger werden
Norman Hanert

Die EU-Kommission hat erneut ein Fusionsprojekt eines großen deutschen Dax-Unternehmens gestoppt. Nachdem im Februar bereits ein Zusammengehen der Bahnsparten von Siemens und des französischen Konzerns Altstom am Veto der EU-Kommission gescheitert war, bremste die Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager nun auch Fusionspläne von Thyssenkrupp. Der deutsche Konzern wollte seine Stahlsparte in einem Gemeinschaftsunternehmen mit der indischen Firma Tata Steel verschmelzen. Entstehen sollte damit Europas zweitgrößter Stahlkonzern nach dem Weltmarktführer Arcelor-Mittal. 

Die dänische Kommissarin begründete ihre Ablehnung damit, dass „ernsthafter Schaden“ für Industriekunden und Verbraucher abgewendet werden müsste. Konkret sah die EU-Kommissarin nach einer Fusion den Wettbewerb bei Verpackungsstahl für Lebensmittelkonserven und auch bei feuerverzinktem Stahl für die Autoindustrie gefährdet. Aus Sicht der EU-Kommission besteht für Unternehmen auch nicht die Möglichkeit, Preissteigerungen durch Importe aus Nicht-EU-

Ländern zu umgehen. Gerade die Autobauer sind auf kurze Lieferzeiten und hohe Qualität ange-wiesen. 

Das Nein der EU-Kommission zu den Fusionsplänen war bereits seit einigen Wochen absehbar gewesen. Thyssenkrupp war deshalb auch bereits im Mai vom Vorhaben abgerückt.

Der Essener Konzern will als Alternative zu den Fusionsplänen nun einen Umbau des Unternehmens in Angriff nehmen. Ad acta gelegt ist der ursprüngliche Plan Thyssenkrupp in einen Werkstoffkonzern und ein Industriegüterunternehmen aufzuspalten. Stattdessen plant der Konzernchef Guido Kerkhoff nun eine schlankere Holding-Struktur, bei der Thyssenkrupp als Ganzes „weitgehend“ erhalten bleibt. Dabei soll die Stahlsparte ein Kernbestandteil des Industriekonzerns bleiben. Die einzelnen Sparten wie Anlagenbau, Autokompo-nentengeschäft, Stahl, Schiffbau und Aufzüge sollen mehr Eigenständigkeit erhalten. Die neue Struktur soll Partnerschaften und Teilverkäufe von Geschäften erleichtern. 

Thyssenkrupp Elevator, die Aufzugsparte des Industriekonzerns, wird vermutlich eine der ersten Abspaltungen sein. Kerkhoff kündigte bereits an, bei einem Börsengang der Aufzugsparte eine Aktiengesellschaft gründen zu wollen, die in Deutschland gelistet wird. Innerhalb des Industriekonzerns gilt das Geschäft mit Rolltreppen und Aufzügen als eine Ertragsperle. Beobachter schätzen den Wert von Thyssenkrupp Elevator auf bis zu 15 Milliarden Euro. Der Börsengang der Aufzugsparte könnte Thyssenkrupp dringend benötigtes Geld in die Kasse spülen. Zum 31. März wies der Industriekonzern lediglich ein Eigenkapital von 3,1 Milliarden Euro aus. Der finnische Konkurrent Kone hat bereits sein Interesse an einem Einstieg bei Thyssenkrupp Elevator erkennen lassen.

Laut einem Zeitungsbericht soll die französische Staatswerft Naval Group signalisiert haben, weiterhin an der Thyssenkrupp Marine Systems (tkMS), der Werftensparte des Essener Konzerns, interessiert zu sein. Im vergangenen Jahr hatte ein Thyssenkrupp-Manager Medienberichte über Verkaufsabsichten an die Franzosen dementiert und sogar weitere Investitionen in den Marineschiffbau angekündigt.