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21.06.19 / Ein Verkehrsflugzeug nur aus Metall / Mit dem Werkspiloten Emil Monz am Steuer hob vor 100 Jahren die Junkers F 13 zu ihrem ersten Flug ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-19 vom 21. Juni 2019

Ein Verkehrsflugzeug nur aus Metall
Mit dem Werkspiloten Emil Monz am Steuer hob vor 100 Jahren die Junkers F 13 zu ihrem ersten Flug ab
Friedrich List

Bereits während des Ersten Weltkriegs hatte der Luftfahrtpionier und Flugzeugkonstrukteur Hugo Junkers mehrere Ganzmetallflugzeuge entwickelt und gebaut. Kurz nach Kriegsende bauten er und sein Chefkonstrukteur Otto Reuter auch das erste Verkehrsflugzeug aus Ganzmetall. Der nach der ältesten von Junkers Töchtern „Herta“ genannte Prototyp der Junkers F 13 startete mit Werkspilot Emil Monz am Steuer in Dessau am 25. Juni 1919 zum Erstflug. 

Die F 13 war ein Eindecker aus Duraluminium mit einem kastenförmigen Rumpf und einer geschlossenen Kabine. Die vier Passagiere saßen witterungsgeschützt in einem eigenen Abteil. Je nach Version saßen sie entweder in Korb- oder Ledersesseln. Außerdem bot die Kabine Innenbeleuchtung und Heizung. Dagegen fanden die beiden Piloten zumindest anfänglich noch in einem offenen Cockpit Platz. Erst spätere Versionen der F 13 hatten ein geschlossenes Cock­pit. Die Tiefdeckerbauweise mit dem kastenförmigen Rumpf wurde typisch für Verkehrsflugzeuge der Firma Junkers bis hin zur legendären Junkers Ju 52. 

Allerdings setzte das Versailler Diktat von 1919 dem Erfolg der bahnbrechenden Konstruktion zunächst enge Grenzen. Das Friedensdiktat, das den Ersten Weltkrieg beendete, schränkte die deutsche Luftfahrt stark ein. Deutschland durfte keine Luftstreitkräfte unterhalten. Außerdem war die Produktion von Flugzeugen für die ersten sechs Monate nach Inkrafttreten des Diktats vollständig verboten. Ziviler Luftverkehr war zunächst nur mit umgebauten Kriegsflugzeugen möglich, die aus dem Bestand der an die Alliierten übergebenen Flugzeuge zurückgekauft werden muss­ten. Das Bauverbot wurde 1920 verlängert und erst 1926 für zivile Flugzeuge aufgehoben. Deutsche Firmen produzierten weiter, ließen jedoch die Flugzeuge in Danzig zu, das als Freie Stadt vom Völkerbund verwaltet wurde, oder verlegten Produktionsstätten ins Ausland. 

Folgerichtig produzierte Junkers nicht nur am Stammsitz Dessau, sondern beispielsweise auch in der Sowjetunion und den USA, die Versailles nicht unterzeichnet beziehungsweise nicht ratifiziert hatten. Die Junkers F 13 wurde trotz dieser Einschränkungen ein Welterfolg. Sie war der immer noch aus Holz, Leinwand und Verspannungsdrähten bestehenden Konkurrenz um Jahre voraus. Die F 13 war ein sicheres, wirtschaftliches und leicht zu wartendes Flugzeug mit gutmütigen Flugeigenschaften. Es gab zahlreiche Untervarianten mit unterschiedlichen Motoren und je nach Kundenwünschen abgestimmter Inneneinrichtung. Das Radfahrwerk konnte gegen Schwimmer oder Schneekufen ausgetauscht werden. 

Im Sommer 1919 beflogen die ersten Maschinen Strecken in Osteuropa. Am 13. September 1919 stellte Emil Monz mit sieben Personen an Bord einen Höhenweltrekord auf, als er mit der „Annelise“ eine Höhe von 6750 Metern erreichte. Vorläuferorganisationen heutiger Traditionsfluglinien wie Lufthansa oder Swissair hatten F-13-Maschinen im Bestand.

Allerdings sollten noch einige Jahre vergehen, bis die damalige Luft Hansa die erste F 13 einsetzte. Wegen der Einschränkungen durch Versailles durfte das Flugzeug offiziell in Deutschland nicht in Erscheinung treten. Also wich Junkers ins Ausland aus. Bereits 1919/1920 baute Junkers beim früheren Kriegsgegner eine Produktionslinie auf. Die Firma Junkers-Larsen Aircraft Corporation übernahm die Endmontage von in Dessau produzierten Komponenten. Das Unternehmen mit Sitz in New York übernahm auch den Vertrieb des Flugzeugs als JL-6 auf dem US-amerikanischen Markt. „JL“ stand dabei für „Junkers-Larsen“. Die Maschinen aus der US-Produktion waren an ihrem Sternmotor erkennbar. Zwei Schwimmerflugzeuge wurden an die U.S. Navy geliefert. Die US-Postverwaltung nutzte acht Maschinen auf den Strecken New York–Omaha und New York–San Francisco. 1920 war eine erste F 13 in Kolumbien im Einsatz. In den USA stellten die Piloten Edward Stinson und Lloyd W. Bertaud am 29. und 30. September 1921 mit einer Flugdauer von 26 Stunden, fünf Minuten und 32 Sekunden einen neuen Weltrekord im Dauerflug auf. Mit der Sowjetunion ging Junkers eine ähnliche Kooperation ein. F 13 wurden im Flugzeugwerk von Fili bei Moskau als Ju 13 produziert und von der Luftverkehrsgesellschaft Dobroljot betrieben. 

Verglichen mit konkurrierenden Flugzeugtypen waren die Betriebskosten einer F 13 um 30 Prozent niedriger, die Wartungskosten nur halb so hoch, die Reichweite aber doppelt so groß. 1925 betrug der Anteil des Flugzeugs am internationalen Verkehrsstreckennetz rund 40 Prozent. 

In vielen Ländern der Welt wurden mit der F 13 die ersten Luftverkehrsnetze aufgebaut. Sie wurde als Passagiermaschine, Frachtflugzeug, zur Schädlingsbekämpfung und auch für militärische Aufgaben genutzt und war in fast allen Klimazonen der Welt im Einsatz. 1921 kaufte der afghanische König Amanullah Khan zwei Flugzeuge, die 1969 von einem englischen Journalisten auf einem Schrottplatz in Kabul wiederentdeckt wurden. Ein Exemplar wurde im folgenden Jahr von einer Transall C-160 der Luftwaffe nach Deutschland gebracht und steht heute restauriert im Deutschen Museum in München. In diesem Flugzeug hatte der deutsche Pilot Hans-Hasso von Velt­heim 1938 auf Einladung der afghanischen Regierung einen Flug von Kabul nach Paghman und zurück gemacht. 

Die F 13 blieb bis Anfang der 1930er Jahre in Produktion. Je nach Quelle wurden zwischen 314 und 328 Stück gebaut. In vielen Teilen der Welt blieben die robusten Wellblech-Eindecker bis in die 1940er Jahre hinein im Einsatz. Einzelne Maschinen flogen bei der deutschen Luftwaffe und den Luftstreitkräften Finnlands als Schul- oder Kurierflugzeug, während andere in Südamerika noch in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg als Linienflugzeuge anzutreffen waren. 

Der Schweizer Unternehmer Dieter Morszeck bietet seit kurzem wieder F-13-Maschinen auf dem Markt an. Die Flugzeuge basieren auf der in den USA bei der Junkers-Larsen Aircraft Corporation produzierten Version und werden nach rekonstruierten Ingenieurszeichnungen in Handarbeit hergestellt. Das erste Flugzeug flog bereits 2016. Anfang 2018 erhielt das Flugzeug seine Zulassung. Morszeck vermarktet die Nachbauten über die Junkers Flugzeugwerke AG im schweizerischen Dübendorf. 

Morszecks Interesse für Junkers-Flugzeuge kommt nicht von ungefähr. Er ist der Enkel des Gründers der heutigen Rimowa GmbH und wurde 1981 deren Geschäftsführer. Der 1898 gegründete Reisegepäck­hersteller führte 1950 die heute für sein Reisegepäck charakteristische parallel gefalzte Rillenstruktur der Kofferschalen ein, die an die Aluminiumaußenhaut von Junkers-Flugzeugen erinnert.