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21.06.19 / Besessene Bewältiger / Von der spukhaften Fortdauer des Nationalsozialismus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-19 vom 21. Juni 2019

Besessene Bewältiger
Von der spukhaften Fortdauer des Nationalsozialismus
Volker Wittmann

Es erscheint paradox: Je weiter das NS-Regime zurückliegt, desto eifriger wird die braune Periode „bewältigt“. Das Bedenkliche: Sollte der genaue Blick auf den Nationalsozialismus einst zum Schutze der Freiheit vor neuen Feinden dienen, führt die heutige Vergangenheitsbewältigung zunehmend zu Einschüchterung und Beflissenheit.

Je weiter das Dritte Reich zurückliegt, desto ärger treiben es die Bewältiger der Vergangenheit. 74 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus verbreiteten Spätaufklärer die Kunde: „Forscher widerlegen Mythos um Nazi-Wunderwaffe.“ Es geht um den ersten Abfangjäger mit Raketen-Antrieb, die Me 163 der Firma Messerschmitt. Die „Komet“ oder das „Kraftei“, wie man das Flugzeug auch nannte, konnte innerhalb weniger Minuten in große Höhen aufsteigen, um anfliegende Bomberverbände der Alliierten zu bekämpfen.

„Wir möchten die bis heute verbreiteten Mythen über deutsche Flugzeuge aus der Endphase des Zweiten Weltkriegs widerlegen“, so Andreas Hempfer, Kurator für historische Luftfahrt vom Deutschen Museum in München. Doch ein solcher „Mythos“ konnte in Wirklichkeit gar nicht entstehen, aus einem einfachen Grund, der selbst bei Wikipedia nachgelesen werden kann: „Eine propagandistische Ausschlachtung des Projektes im Sinne der Wunderwaffen fand nicht statt. Die Luftwaffe hielt die Entwicklung der Me 163 streng geheim.“

Unverdrossen aber bemängelt der rastlose Kurator, die „Komet“ habe großenteils aus Holz bestanden. Das war freilich längst bekannt und damals die einzig mögliche Leichtbauweise. Dies sei „für die Piloten ein extremes Sicherheitsrisiko“ gewesen. Das allerdings: Kampfflieger wagten bei jedem Einsatz Kopf und Kragen, wenn sie gegen das Bombergeschwader aufstiegen, gleichviel mit welcher Maschine.

In der Kunst wird ebenfalls weiter bewältigt. So kam „die Wahrheit“ über den Maler Emil Nolde „endgültig ans Licht“. Der „Focus“ schrieb: „Dass er ein Judenhasser und Anhänger Hitlers war, ist an sich seit Jahren bekannt.“ Doch jetzt lägen „neue Forschungsergebnisse über ihn“ vor. Die seien in einer Ausstellung im Berliner „Museum für Gegenwart Hamburger Bahnhof“ zu besichtigen. Flugs wurden zwei Bilder von „Nazi-Nolde“, die aus dem Kanzleramt für eine Ausstellung ausgeliehen worden waren, nicht wieder in dem Amt aufgehängt. Zuvor soll die Kanzlerin eine „glühende Verehrerin“ Noldes gewesen sein. 

NS-Dompteure bei der Justiz müssen sich an die wenigen Greise halten, die mutmaßliche Untaten von damals überlebt haben. So hat die Staatsanwaltschaft Hamburg einen früheren Angehörigen der SS im Alter von 92 Jahren angeklagt. Er soll im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig Wache geschoben und sich damit der „Beihilfe zu 5230-fachem Mord“ schuldig gemacht haben. Doch weil der alte Herr zur fraglichen Zeit erst 17 bis 18 Lenze zählte, muss sich der heute über 90-Jährige vor einer Jugendstrafkammer des Landgerichts verantworten. 

Im Jahre 1965 hoben die Abgeordneten des Bundestages die Verjährung nationalsozialistischer Untaten auf: eigentlich ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Laut Charta der Vereinten Nationen dürfen mutmaßliche Täter nur nach der Gesetzeslage belangt werden, die zur Tatzeit gegolten hat. Mord verjährte ursprünglich nach 20 Jahren, nicht weil man dem mutmaßlichen Mörder verzeiht. Einsichtigere Gesetzgeber wussten, dass Wahrheitsfindung nach so langer Zeit oft scheitert. In Sachen NS ist die mehrfache Frist verstrichen. Die Justiz ist nicht zuständig für Geschichtsforschung.

Solche Gesetze öffnen der Willkür Tür und Tor. Damit lässt sich jedermann nachträglich kriminalisieren. Rückwirkendes Löschen der Verjährung bringt zudem eine rechtswidrige Vorverurteilung, weil schon der Vorwurf einer NS-Täterschaft die Rechtslage des Angeklagten verschlechtert. Unentdeckte Raubmörder von 1945 waren indessen ab 1970 aus dem Schneider.

Sich selbst hat die Justiz dabei von allen Untaten der NS-Zeit freigesprochen. Dabei hatte der Volksgerichtshof etwa 16000 Deutsche oft wegen unbedeutender Vergehen aufs Schafott geschickt. Berüchtigt war vor allem der Präsident des ersten Senats Roland Freisler. Er starb bei einem Bombenangriff. Von allen Blutrichtern wurde einzig sein Beisitzer, Hans-Joachim Rehse, nach dem Krieg angeklagt. Doch die Kollegen vom Bundesgerichtshof sprachen ihn 1968 frei. Umso unnachsichtiger wird jetzt gegen Minderjährige von einst vorgegangen.

Trotz der spukhaften Fortdauer des Nationalsozialismus in den Köpfen der Nachkriegs-Generationen ist es den Deutschen praktisch untersagt, sich öffentlich mit dem Dritten Reich auseinanderzusetzen. Paragraph 130 des Strafgesetzbuchs bedroht „Volksverhetzung“ mit Gefängnis. Der schwammige Begriff macht alle Aussagen über die Zeit von 1933 bis 1945 zu einem Wagnis. Danach sind schon mehr Meinungs-Urteile gegen Bundesbürger ergangen als jemals in der DDR.

Die Einschüchterung wirkt: Als ehedem eine Wehrmachts-Ausstellung mit retuschierten „Dokumenten“ über Land zog, waren es ungarische und polnische Historiker, die den Schwindel aufdeck­ten. Erst dann trauten sich deutsche Kollegen aus der Deckung.

Bis zu fünf Jahre Haft drohen demjenigen, der den erwiesenen millionenfachen Mord an Juden öffentlich anzweifelt. Es ist jedoch nicht Sache des Gesetzgebers, eine wahrheitsgemäße Darstellung der Geschichte zu garantieren. Anders als das Bundesverfassungsgericht halten hohe Richter in Frankreich und Spanien solche Verbote für unvereinbar mit der Meinungsfreiheit. In Großbritannien und den USA erwogen die Parlamente solche Gesetze erst gar nicht.

Der Duden beschreibt Bewältigung als Ausdruck für „mit etwas Schwierigem fertig werden“. Dass die Deutschen so jemals mit dem Dritten Reich zu Rande kommen, scheint jedoch fraglich. Die Nationalsozialisten glaubten, ihr Einfluss werde 1000 Jahre währen. Vielleicht hatten sie damit gar nicht so unrecht.

Während die Deutschen noch am vergangenen Jahrhundert knabbern, ist schon neues Ungemach in Gestalt der politischen Korrektheit über ihr Land hereingebrochen. Die Plage sucht Gutmenschen mit Bürden wie Feminismus, Gender-Gaga oder Multikulti heim. Auch dabei erwiesen sich wiederum die Studierten am anfälligsten. Unerschrockene Archäologen haben es unternommen, die Vergangenheit bis in die Steinzeit zu bewältigen.

Passend zur gegenwärtigen „Willkommenskultur“ verkündeten die Forscher, schon damals sei Migration in Europa allgegenwärtig und selbstverständlich gewesen. Strontium-Isotope in Überresten des sogenannten „Mädchens von Egtved“ in einem Hügelgrab auf Jütland legten dies nahe. Beflissene Gelehrte lasen aus den Spuren, die junge Frau sei vor 3400 Jahren aus dem Schwarzwald zugewandert.

Jetzt stellte sich heraus, dass Düngung die Chemie des Bodens verändert und so zu fehlerhaften Befunden geführt hatte. Das Gleiche gelte für die angeblich hochmobile „Frau von Skrydstrup“ aus der Zeit um 1300 vor Christus. Sie sollte von Böhmen nach Jütland emigriert sein. Wahrscheinlich sind jedoch beide im Norden geboren, wie es aussieht, und hatten ihre Heimat vermutlich nie verlassen.

Doch schon ist Ersatz für die entlarvte Migrationsmär in Sicht. Aus England kam die Nachricht, der berühmte Steinkreis von         Stonehenge sei womöglich von Einwanderern aus Anatolien erbaut worden. Es wäre doch gelacht, wenn sich die „Willkommenskultur“ nicht wenigstens bis in die Bronzezeit durchdrücken ließe.