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21.06.19 / »Polen überraschten stets mit Freiheitsliebe« / Ex-Bundespräsident Joachim Gauck hat in Breslau den Jan-Nowak-Jezioranski-Preis erhalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-19 vom 21. Juni 2019

»Polen überraschten stets mit Freiheitsliebe«
Ex-Bundespräsident Joachim Gauck hat in Breslau den Jan-Nowak-Jezioranski-Preis erhalten
Chris W. Wagner

Besteht da etwa ein Zusammenhang? Joachim Gauck ist dieser Tage wieder in aller Munde. In einem Spiegel-Interview hatte der Alt-Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland zu einem weniger hysterischen Umgang mit dem vermeintlich rechten Gedankengut beziehungsweise für eine „erweiterte Toleranz in Richtung rechts“ geworben. Dem guten Ton folgend, hatte er im „Spiegel“ bekannt, Positionen der AfD abzulehnen, allerdings müsse daraus nicht folgen, deren Forderungen stets als Vorboten des „Höllentors von Auschwitz“ zu sehen.

Nach einem Dank an die Kanzlei des preisverleihenden Trägers richtete Gauck einen zweiten Dank „an Ihre Gesellschaft, aber letztlich Ihr ganzes Land.“ Immerhin hätten ihn die Polen „in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder überrascht, ermutigt und inspiriert mit der couragierten und mitunter gegen alle Wahrscheinlichkeiten andauenden Liebe zur Freiheit“, die man eben auch in Gefahr sehen könne, wenn das „Höllentor“ dazu eingesetzt werde, einen offenen Meinungsaustausch einzudämmen. Doch genau diesen Zusammenhang versäumte Gauck dann her-zustellen, folgten doch Dankensworte aus dem Kanon, den die deutsche Medienwelt von ihm erwartet. „Das nationale Narrativ hat an Kraft gewonnen, nicht nur in Polen“, beklagte der Alt.Bundespräsident. Und des Modeworts „Narrativ“ nicht genug: „Europa hat, vielleicht anders als früher mitunter erwartet oder von Europa-Euphorikern erhofft, noch kein europäisches Narrativ gefunden. Es ist weiter eine Union von Staaten, die zwar gemeinsame Werte teilen, aber doch weiter sehr unterschiedlich denken und vor allem fühlen. Das gilt auch für Polen und Deutschland“.

Aber vielleicht mag ein solcher Hinweis eines Deutschen allein schon deswegen mutig sein, weil er immerhin einen Hauch der Einsicht andeutet, dass nicht alle so verblüffend rational denken, wie die selbstvernarrte Welt der sich ständig gegenseitig bestätigenden Medien- und Politelite.

Jan Nowak-Jezioranski (1914–2005) war Journalist und Schriftsteller. Nach dem Krieg leitete er die polnische Sektion der BBC und später die polnische Sektion des Radiosenders Freies Europa in München. 

Der Jan-Nowak-Jezioranski-Preis wurde 2004 durch den Namensgeber, die Stadt Breslau, der Ossolinski-Nationalbibliothek in Breslau und das Collegium Osteuropa in der schlesischen Metropole gegründet. Mit der Auszeichnung werden Persönlichkeiten gewürdigt, die sich im Kampf gegen den Kommunismus und für eine pluralistische Gesellschaft einsetzen. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderem George Bush Senior, Václav Havel, der einstige Präsident von Litauen Valdas Adamkus oder der israelische Politiker und Journalist Schewach Weiss, 2000 bis 2004 Botschafter in Warschau.