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28.06.19 / Kämpfen mit Impulsen / Elektromagnetische Strahlung kann strategisch wie taktisch genutzt werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-19 vom 28. Juni 2019

Kämpfen mit Impulsen
Elektromagnetische Strahlung kann strategisch wie taktisch genutzt werden
Wolfgang Kaufmann

EMP-Waffen erzeugen starke elektromagnetische Impulse. Diese können elektronische Bauteile zerstören und so die gesamte technische Infrastruktur des Gegners lähmen. Deshalb geht von solchen Waffen eine enorme Gefahr für die westlichen Industriestaaten aus, die derzeit aber nicht ausreichend ernst genommen wird.

Als die Atommächte USA und Russland ihre Kernwaffen noch in den oberen Schichten der Atmosphäre testeten, stellte sich heraus, dass nukleare Explosionen in großer Höhe über der Erdoberfläche zu einer massiven Stoßionisation führen. Dabei rasen unzählige, durch die radioaktive Strahlung freigesetzte Elektronen in Richtung der unteren Luftschichten, wo sie in Metallen und Halbleitern kurzzeitig extrem starke und zugleich schwankende Ströme induzieren. Dieser hochenergetische elektromagnetische Impuls (electromagnetic pulse, EMP) hätte verheerende Folgen, wenn er ein hochtechnisiertes Land träfe. In nicht ausreichend abgeschirmten Geräten, die elektronische Bauteile enthalten, wie beispielsweise Computern, käme es zu deren Ausfall oder gar deren Zerstörung. Und das wiederum könnte unter anderem zur Lahmlegung der Strom-, Wasser- und Nahrungsmittelversorgung, der digitalen Kommunikation, des Zahlungsverkehrs, der Transportsysteme sowie anderer Bereiche der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens führen. Darüber hinaus würden vermutlich die Reaktorblöcke in den Kernkraftwerken außer Kontrolle geraten – mit unabsehbaren Konsequenzen. Allein in den USA beträfe dies knapp 100 Atommeiler. Und natürlich droht zugleich der Ausfall eines Großteils der Militärtechnik, wenn diese nicht entsprechend „gehärtet“ ist. 

Waffen, die EMP auszulösen vermögen, befinden sich sowohl im Besitz der Vereinigten Staaten als auch Russlands und Chinas. Inzwischen kommen manche davon sogar ohne nukleare Sprengsätze aus und können in Bodennähe gezündet werden. Das schränkt den Wirkungskreis ein und erlaubt sehr präzise Schläge. Beispiele hierfür sind der von Boeing und Raytheon entwickelte CHAMP-Flugkörper und das russische „Alabuga“-System. 

Solche taktischen EMP-Waffen könnten relativ leicht in die Hände von islamischen Terroristen geraten. Dann wären Szenarien wie ein EMP-Angriff auf Rom oder Tel Aviv nicht auszuschließen. Raketen mit einem Impulserzeuger könnten von Frachtern im Mittelmeer starten oder Strato-sphärenballons, an denen ein Impulserzeuger hängt, könnten zum Einsatz kommen. Ansonsten bieten sich EMP- wie atomare, biologische oder chemische Waffen als Mittel der Abschreckung für militärisch Unterlegene in asymmetrischen Konflikten an, wie sie derzeit unter anderem zwischen der Supermacht USA und dem Iran oder Nordkorea im Bereich des Möglichen liegen. 

Warnungen vor den Folgen des Einsatzes von EMP-Waffen durch Gegner aller Art kamen in der Vergangenheit vor allem von der 2001 vom Kongress in Washington eingesetzten Commission to Assess the Threat to the United States from Electromagnetic Pulse Attack (Kommission zur Bewertung der Bedrohung der Vereinigten Staaten durch elektromagnetische Impulse). Die Zündung einer nuklearen EMP-Waffe in rund 400 Kilometern Höhe über dem US-Bundesstaat Nebraska würde im Umkreis von 4400 Kilometern die digitale Infrastruktur und das Stromnetz zerstören oder zumindest schwer beschädigen. Die Kommission existierte bis zum September des Jahres 2017, dann wurde sie von der Trump-Administration aufgelöst.