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28.06.19 / Rasanter Wandel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-19 vom 28. Juni 2019

Rasanter Wandel
Erik Lommatzsch

Kürzlich hat Joachim Gauck dem „Spiegel“ ein Interview gegeben. Sichtlich hat der Altbundespräsident nicht ganz verstanden, dass „Demokratie“ nicht zwangsläufig deckungsgleich mit seinem Standpunkt sein muss. Dennoch gab es die arg verspätete Einsicht, eine „erweiterte Toleranz in Richtung rechts“ sei nötig. Wenig später meldete sich 

Gaucks Amtsvorgänger zu Wort. Christian Wulff erklärte in einer Rede, die Chancen seien groß, „dass der Flüchtlingszuzug zu einem Glücksfall der deutschen Geschichte wird“. 

Von Bundespräsident Wulff ist kaum etwas geblieben. Die Öffentlichkeit erinnert sich, abgesehen von den Querelen um seinen Rücktritt und privaten Peinlichkeiten, allerdings noch an seine Stellungnahme zum 20. Jahrestag der deutschen Vereinigung am 3. Oktober 2010. Hier hatte er geäußert: „Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ 

Wirft man einen Blick auf das Programm des wenige Tage zurückliegenden „Deutschen Evangelischen Kirchentages“, etwa unter der Rubrik „Zentrum Muslime und Christen“, so ist der damals noch diskutierte Ausspruch inzwischen pure Realität. Laut der Nachrichtenagentur „Idea“ betonte Wulff, als Katholik Gast auf einem Podium des Kirchentags, er würde seinen Satz von 2010 heute noch „vehementer“ sagen. Nur etwas „schwieriger“ sei es nun mit dem Islam in Deutschland geworden. So seien viele „enttäuscht“ gewesen, dass die Kölner DITIB-Zentralmoschee vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eingeweiht worden sei. Wulff „wünsche sich, dass Imame in Deutschland ausgebildet und Gebete in deutscher Sprache gesprochen werden“. Unklar bleibt, warum Erdogan den Einweihungsakt überhaupt vornehmen durfte und warum die angemahnten Dinge nicht von Anfang an praktiziert wurden. Grundsätzlichere Fragen bestehen für viele offenbar gar nicht mehr, für Wulff ohnehin nicht.

Der CDU-Politiker Peter Tauber gab AfD-Politikern und sogar einem Parteikollegen eine Mitschuld an dem bislang ungeklärten Mord an Walter Lübcke, und zwar durch deren „Sprache, die enthemmt und zur Gewalt führt“. Die CDU-Vorsitzende behauptete, dass die AfD das „geistige Klima“ für das Verbrechen geschaffen habe. Dringende Aufgabe des gegenwärtigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier wäre es, einer derartig unsäglichen Instrumentalisierung Einhalt zu gebieten. Er un-terlässt es nicht nur, sondern stößt indirekt ins selbe Horn.

Ein Altbundespräsident, dem knapp zwei Jahre nach Ablauf seiner Amtszeit einfällt, dass es auch andere Ansichten gibt. Ein weiterer Altbundespräsident, dessen wich-tigstes Anliegen noch im Ruhestand das Voranbringen des Islam in Deutschland ist. Ein aktiver Bundespräsident, der sich an der Ausgrenzung ihm nicht genehmer Politiker unter rhetorischer Indienstnahme eines Mordes beteiligt. Das Amtsverständnis der höchsten deutschen Repräsentanten der letzten Dekade hat sich, verglichen mit dem ihrer Vorgänger, wahrlich rasant gewandelt.