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28.06.19 / Ohne Theo fahren wir nach Lodz / Neues Leben in alten Mauern – Die wegen ihrer Textilindustrie »Manchester Polens« genannte Stadt erfindet sich neu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-19 vom 28. Juni 2019

Ohne Theo fahren wir nach Lodz
Neues Leben in alten Mauern – Die wegen ihrer Textilindustrie »Manchester Polens« genannte Stadt erfindet sich neu
Andreas Guballa

In der polnischen Stadt Lodz überraschen alte Fabrikgebäude mit kreativem Innenleben. Wo einst Maschinen ratterten, gibt es heute Cafés, Kneipen, Galerien und Einkaufszentren. 

Große Überraschung bei der Kür der Reiseführerreihe „Lonely Planet“: Unter den empfehlenswertesten Reisezielen der Welt für 2019 errang Polens drittgrößte Stadt Lodz Platz Zwei in der Kategorie, in der Ziele mit einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis ausgezeichnet werden.

Ausschlaggebend für die Wahl war der hochambitionierte, ak­tuell pausenlos voranschreitende Umbau der alten Textilmetropole. Lodz wandelt sich derzeit mit Milliardeneinsatz zur „postindustriellen Stadt“ mit großer Zu­kunft. Die Aufgabe ist enorm: Historische Industriebauten wandeln sich dank ausgeklügelter Architekturprojekte zu neuen Zentren für Unterhaltungs- und Elektroindustrie, zu Wissenschaftszentren, zu Ausstellungszentren und Museen oder ganz einfach zu Unterhaltungszentren für die in Scharen nach Lodz reisende Jugend Europas. 

Als „Manchester des Ostens“ wird Lodz oft bezeichnet, und ähnlich wie im englischen Manchester schafft man es auch hier, den alten Produktionsstätten neues Leben einzuhauchen. Der eigenwillige US-Regisseur David Lynch („Twin Peaks“) ist regelmäßiger Besucher und bekennender Fan der Stadt. Denn hier könne man wunderbar beobachten, wie „Design und Architektur die Stimmung einer Stadt beeinflussen“.

Mehr als 500 Fabriken gab es einst, dazu unzählige Villen, in denen die Fabrikanten lebten. Meist lagen die Paläste direkt neben den Fabriken. Die Besitzer wollten nahe bei ihren Arbeitern und der Produktion sein.

In einer stillgelegten Baumwollfabrik, die früher lange als das „Chinatown“ von Lodz galt, ist heute das Projekt OFF Piotrkowska untergebracht, der zurzeit modernste Punkt auf der Kulturlandkarte der Stadt, das Künstler aus der Kreativindustrie wie Modedesigner, Ateliers, Proberäume, Restaurants, Galerien, Cafés und Geschäften mit ausgefallenen Produkten zusammenbringt und so für einen bunten Mix sorgt.

Auch das 2006 eröffnete Einkaufs-, Kunst- und Kulturzentrum Manufaktura ist weitgehend in den originalen Gebäuden der Textilfabrik errichtet, die einst dem reichsten Industriellen der Stadt, Izrael Poznanski, gehörte. Es war das erste Projekt, bei dem man sich im großen Stil an die Revitalisierung alter Bausubstanz wagte. Das Vorhaben stieß in der Bevölkerung zunächst auf große Skepsis, da man befürchtete, es werde bloß ein weiterer großer Supermarkt für eine internationale Kette errichtet. Inzwischen ist der Komplex mit seinen orange glänzenden, säuberlich renovierten Backsteinmauern jedoch einer der beliebtesten Aufenthaltsorte in der Stadt und beherbergt unter anderem das MS2 Art Museum, ein Textilmuseum, Kinos, Desig­nerläden, Restaurants sowie ein exklusives Vier-Sterne-Hotel.

Tomasz Koralewski, Präsident der städtischen Tourismusorganisation, will mit der „Lonely-Planet“-Kür vor allem in den wichtigen Auslandsmärkten Deutschland und Großbritannien für Lodz werben. Gründe genug besitzt er dafür: Das große Kulturangebot der Stadt bietet allein 30 internationale Festivals. Allein zum „Light Move Festival“, der großflächigen Illuminierung von Lodz samt umfangreichem Programm, kommen jedes Jahr hunderttausende Fans. Dazu gibt es 20 teils spektakuläre Museen. 

Das attraktive Nachtleben zieht besonders die Jungen an. Die begeistern sich auch an den im Stadtzentrum zu findenden Wandmalereien junger Künstler aus aller Welt rund um die 4,9 Kilometer lange Prachtstraße Piotrkowska, der längsten Einkaufsstraße Europas mit zahllosen historischen Palästen, Läden, Restaurants und Bars.

Auch die Hotelindustrie hat das neue Potenzial erkannt. Viele der heute 35 Hotels der Stadt wurden erst jüngst fertig gestellt, weitere sind in Planung. Schließlich wurde auch die Lufthansa aufmerksam: 2018 legte die deutsche Fluglinie eine neue Verbindung München–Lodz auf. Und natürlich durfte zur Erstflugfeier Schlagerstar Vicky Leandros nicht fehlen, die seinerzeit mit dem Hit „Theo wir fahr‘n nach Lodz“ die Stadt 120 Kilometer südwestlich von Warschau in jedem bundesdeutschen TV-Wohnzimmer be­kannt machte. Den Einheimischen sagt der Schlager übrigens gar nichts. Schon weil sie den Namen ihrer Stadt als „Wuudsch“ aussprechen.

Information: Polnisches Fremdenverkehrsamt, Hohenzollerndamm 151, 14199 Berlin, Telefon (030) 2100920, info.de@polen. travel, www.polen.travel, Lodz Touristeninformation, Piotrkowska 28, 90269 Lodz, Telefon +48 42 2088181, Tel. +48 722005314, it@lodz.travel, www.lodz.travel