19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.06.19 / Mitten im Brokkoli-Wald / In der Luft, am Boden und auf Esels Rücken – Streifzüge durch die Südwestpfalz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-19 vom 28. Juni 2019

Mitten im Brokkoli-Wald
In der Luft, am Boden und auf Esels Rücken – Streifzüge durch die Südwestpfalz
Judith Kunz

Über die Tragfläche in die viersitzige Sportmaschine klettern, ordentlich an­schnallen, Kopfhörer auf und los geht’s. Pilot Thomas Schwegel rollt zur Startbahn des Aeroclubs Pirmasens, zieht das kleine Mo­torflugzeug sanft nach oben und richtet sich auf einer Flughöhe von 300 Metern und ein bisschen ein. „Tiefer dürfen wir nicht aus Lärmschutzgründen“, erklärt er, während er nach oben und unten, nach rechts und nach links schaut. „Sichtflug bedeutet, den dreidimensionalen Raum im Blick zu haben und weiße Adler auf weißem Grund zu entdecken.“

Andere entspannen sich unterdessen und entdecken massenweise Brokkoli. Denn so sieht der Pfälzerwald von oben aus. Schnell ziehende Wolken zaubern immer neue Licht- und Schattenflecken ins Grün seiner sanften Kuppen. Man bekommt eine Ahnung da­von, was 179000 Hektar Pfälzerwald eigentlich bedeuten. Das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands, das gemeinsam mit den französischen Nachbarn das UNESCO-Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen bildet, wirkt aus der Vogelperspektive schier unendlich. 

Die Stunde Rundflug macht Lust auf Entdeckungstouren. Was verbirgt sich eigentlich unter den riesigen Baumkronen der Kiefern, Eichen, Buchen und Fichten?

Nach der Landung beginnt der Streifzug zu Fuß in der Klosterstadt Hornbach, die sich nur ein paar Kilometer vom Ort Bitche und der französischen Grenze entfernt auf der Sickinger Höhe erhebt. Hier, wo der heilige Pirminius 741 sein Benediktinerkloster gründete und damit für Besiedlung und Kultur sorgte, gehen Besucher heute im Historama auf Zeitreise und erfahren Details über das Mönchstum im Mittelalter. Wer mag, schließt sich Pfarrers Haushälterin Lotte an, die im historischen Gewand des 18. Jahrhunderts durch die abendlichen Gassen führt und auf unterhaltsame Art und Weise Licht in die Vergangenheit bringt.

Sich vielleicht im historischen Gemäuer einquartieren? Das Hotel Kloster Hornbach und das dazugehörige „Löschs für Freunde“ sind gehobene Häuser, die den Charme vergangener Zeiten mit zeitgemäßem Stil vereinen.

Nur ein paar Schritte entfernt steht das „Hieronymus Bock Haus“. Eine kleine Ausstellung ist dem Pfarrer und Lehrer gewidmet, der 1539 sein Kräuterbuch veröffentlichte und zu den Vätern der Botanik gezählt wird. Dabei war sein Anliegen ein anderes: Er wollte die Apothekerzunft vom hohen Ross holen und den einfachen Menschen mit Ringelblume, Thymian und Co. hilfreiche Mittel an die Hand geben. 

Besucher erfahren, dass Mohnsamen im Mittelalter ein ge­bräuchliches Schlafmittel für Kinder war und dass Rauke die „ehelichen Gewerke lähmt“ und daher in keiner Klosterküche fehlen sollte. Pfarrer Bock selbst konnte auf Rauke verzichten – er war als Protestant der erste Geistliche der Region, der eine Frau – und zehn Kinder – hatte. 

Auf Bock ist man stolz im Landkreis Südwestpfalz, zu dem auch das Örtchen Wallhalben gehört. Im Zentrum steht die Hummel-Apotheke, die es schon seit 1842 gibt. Inhaberin Helke Burkhard öffnet auf Anfrage ihr kleines Museum im Gewölbekeller. Flaschen, Tinkturen, Mörser – ein buntes Sammelsurium, in dem die Gegenstände lebendig werden, wenn die Pharmazeutin mit Faible für Geschichte erzählt. Vom Räuchern und von den Zeiten der Pest. Und natürlich von Bocks Verdiensten.

Noch mehr Vergangenheit gefällig? Auf dem Meilbächeltal-Wasserschaupfad steht Gästeführerin Hildtrud Woll schon im Magd-Gewand bereit. „Die Sickinger Höhe ist noch heute Kornkammer der Pfalz, die acht Mühlen sind beliebte Ausflugsziele“, erzählt sie. Die Wege dorthin, an Bächen und Teichen entlang, sind romantische Spaziergänge. Das Ende des Meilbächeltal-Wasserschaupfads ist nach anderthalb Stunden erreicht: Ein imposanter Wasserfall mitten im Wald – am besten die Badehose einpacken!

Die Südwestpfalz, die als Wanderarena Pfälzerwald-Nordvogesen bekannt ist, lässt sich ohnehin wunderbar zu Fuß erkunden. Im Wegenetz mit 1000 Kilometern gibt es neben 36 Premium-Wanderwegen neuerdings auch Premium-Spazierwanderwege. Oder wie wäre es zur Abwechslung mit einer grenzüberschreitenden Eselsrunde? Stella, Sam, Sky und Sunny – allesamt Zwergesel – wohnen im französischen Ohrenthal. Ihr Chef ist Herbert Kallenbrunnen. Wer sich unterwegs auf der zehn Kilometer langen Tour durchs Grenzgebiet durchsetzt, bleibt abzuwarten. „Ein Esel ist nicht stur. Er überlegt sich nur ganz genau, wem er folgt“, sagt der Experte, der zur Entdeckung der Langsamkeit mit Langohr einlädt. Und zum Abschluss leckere französische Weine, Baguette und Käse serviert.

Informationen: Südwestpfalz Touristik e.V., Unterer Sommerwaldweg 40–42, 66953 Pirmasens, Telefon (06331) 809126, E-Mail: info@suedwestpfalz-touristik.de, Internet: www.suedwestpfalz-touristik.de