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05.07.19 / Wieder salonfähig / Russland darf zurück in den Europarat – Dafür gehen die Ukrainer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-19 vom 05. Juli 2019

Wieder salonfähig
Russland darf zurück in den Europarat – Dafür gehen die Ukrainer
Thomas W. Wyrwoll

Der Europarat hat mit 118 zu 62 Stimmen einen zuvor schon inoffiziell akzeptierten Beschluss angenommen, die vor fünf Jahren wegen des Anschlusses der Krim an Russland gegen die Russische Föderation verhängten Sanktionen zu beenden. Damals war Russland das Stimmrecht entzogen worden, was Moskau mit einem Boykott der Sitzungen und schließlich vor zwei Jahren mit einer Sperre der Mitgliedsbeiträge quittierte. Insbesondere Letzteres schien dann dem Ratsapparat weh zu tun, denn es fehlte ihm rund ein Zehntel seines Budgets.

Trotz der lange Zeit offensiv russlandfeindlichen Politik des zwar von NATO-Staaten kontrollierten, aber weit über das US-Bündnissystem hinausreichenden Gremiums, für die sich insbesondere sein in diesem Jahr ausscheidender norwegischer Generalsekretär Thorbjörn Jagland verantwortlich zeichnete, hat die russische Führung beharrlich weiterverhandelt und ist nun mit einer Mehrheit der übrigen Staaten übereingekommen, ab Ende Juni wieder als vollgültiges Mitglied mit uneingeschränktem Stimmrecht an den Sitzungen teilzunehmen. 

Um dies zu ermöglichen, wurde sogar die Satzung des Rates geändert – nach einer zweijährigen Nichtzahlung der Gebühren wäre nämlich sonst ein Ausschluss fällig gewesen. Insgesamt verdichten sich die Anzeichen eines allgemeinen Auslaufens der gerade für viele Ratsstaaten verheerenden Russland-Sanktionen, die in Europa immer weniger akzeptiert werden. 

Die Ukraine hat hingegen inzwischen ihre Mitarbeit in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ausgesetzt. Ihr dienstjunger Präsident Wladimir Selenskij kritisierte öffentlich die Regierungschefs von Deutschland und Frankreich, die er nicht von einer Zustimmung zur Rückkehr Russlands habe abbringen können. 

Kritik kam auch von den Regierungen der baltischen Staaten. Mit dem Europarat eng verbunden ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), an den sich jeder Bürger eines Mitgliedsstaates wenden kann und auf dessen nun vorgeblich gesicherte Anrufbarkeit durch russische Bürger Bundesaußenminister Heiko Maas nach der von ihm begrüßten Entscheidung des Rates verwies. 

Gegen Russland sind vor dem EGMR in der Tat die meisten Strafverfahren anhängig. Doch dessen Verurteilungsquote war bis zum Beginn der Sanktionen im Verhältnis zur Bevölkerung deutlich geringer als die vieler anderer Länder – zum Beispiel zehnmal geringer als die Sloweniens, weniger als halb so hoch wie die der Ukraine oder Polens und immer noch etwas geringer als selbst jene Österreichs.