27.04.2024

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05.07.19 / Russland einbeziehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-19 vom 05. Juli 2019

Russland einbeziehen
Manuela Rosenthal-Kappi

Der G20-Gipfel in Osaka  lässt einen kleinen Hoffnungsschimmer aufflackern, dass sich die Beziehungen des Westens zu Russland normalisieren könnten. Donald Trump und Wladimir Putin demonstrierten jedenfalls bei ihrem Treffen Harmonie. Ein Signal der Entspannung stellt auch die Entscheidung des Europarats dar, Russland sein Stimmrecht zu­rückzugeben, das ihm vor fünf Jahren als Sanktion wegen des Krim-Anschlusses entzogen worden war. Letzteres war allerdings mehr dem schnöden Mammon als politischem Kalkül geschuldet. Schließlich fehlen der klammen Organisation die russischen Mitgliedsbeiträge in Höhe von mittlerweile 55 Millionen Euro für 2017 und 2018. Dennoch ist die Tatsache, dass die Mehrheit der 47 Mitgliedsstaaten des Bündnisses trotz des Widerstands der baltischen Staaten und der Ukraine zugunsten Russlands entschied, der erste Schritt in die richtige Richtung. 

Die Ukraine stellte einmal mehr ihr Demokratieverständnis unter Beweis, indem ihre Vertreter die Ratssitzung verließen und Kiew anschließend verkündete, seine Mitarbeit im Europarat einzustellen.

Fünf Jahre nach der Verhängung der Russland-Sanktionen hat sich überdeutlich gezeigt, wie wirkungslos diese sind. Es ist daher höchste Zeit, dass Europa und insbesondere Deutschland seine Russlandpolitik überdenkt. Die wirtschaftliche Entwicklung Russlands in den zurückliegenden Jahren mit einer verstärkten Hinwendung nach China und Indien bezeugen die Blindheit westlicher Politiker für die viel gravierenderen Probleme, nämlich Russlands Lage als Vorhof Chinas, die angespannte Situation am Persischen Golf, die Kriegsgefahr im Iran.

Statt die jüngsten Re-Demokratisierungstendenzen in Russland zu nutzen und mit dem innenpolitisch unter Druck stehenden Putin auf Augenhöhe zu verhandeln, hat die Bundesregierung nur die Ukraine und deren Befindlichkeiten im Blick. Dabei gibt es nicht nur in Russland Menschenrechtsverletzungen. Auch in der Ukraine sterben Journalisten wie kürzlich der Enthüllungsjournalist Wadim Komarow, der die Korruption im Stadtrat von Tscherkassy aufgedeckt hatte. Das ist unseren „Qualitätsmedien“ nur eine Randnotiz wert. Wenn Andersdenkende und russischsprachige Bürger diskriminiert werden, stellt sich Deutschland auf die Seite der ukrainischen Regierung, ganz gleich, wie korrupt diese ist. Für jede Menschenrechtsverletzung in Russland wird Putin höchstpersönlich verantwortlich gemacht.

Ganz aus dem Blick gerät die geopolitische Bedeutung Russlands als Puffer zwischen Europa und China. In Sibirien siedelt bereits chinesische Bevölkerung auf russischem Gebiet. Was, wenn die Chinesen weite Teile Sibiriens besetzen? Schon Friedrich der Große warnte davor, dass China erwachen könnte. Peter Scholl-Latour sah gar in China die größere Bedrohung für Europa als im Islam.