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12.07.19 / Probleme machen Schule / Lehreinrichtungen verfallen zusehends – Städte und Kommunen kriegen Schulsanierungen nicht gemeistert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-19 vom 12. Juli 2019

Probleme machen Schule
Lehreinrichtungen verfallen zusehends – Städte und Kommunen kriegen Schulsanierungen nicht gemeistert
Peter Entinger

Schimmel, kaputte Fenster, Wasserschäden – unzählige Schulen im Land sind marode. Lehrer beklagen einen riesigen Investitionsstau, am Ende scheitern die Renovierungen auch an der Bürokratie.

Wie sich die Bilder gleichen: Die Gebäude sind marode, die Toiletten heruntergekommen, es gibt Schimmel in Klassenräumen, Risse in Fassaden und Hohlräume in Wänden. Die Förderbank KfW hat bereits 2018 berechnet, dass den Städten und Gemeinden fast 48 Milliarden Euro für die Sanierung von Schulen fehlen. Das ist angesichts der Tatsache, dass in Zeiten von Ganztagsschulen immer mehr Zeit in den Lehranstalten verbracht wird, ein Problem. 

Aktuelle Zahlen zeigen, dass mittlerweile zwar etwas mehr Geld im Umlauf ist, aber die großen Probleme nicht gelöst sind. Laut dem KfW-Kommunalpanel 2019, einer hochgerechneten Befragung von Stadtkämmerern, lag der Investitionsrückstand in Bezug auf Schulen bundesweit im Vorjahr bei 42,8 Milliarden Euro. Viele Gebäude stammten aus den 70er Jahren und seien sanierungsbedürftig, sagt der Kommunalexperte der KfW, Stephan Brand. Auch neue Herausforderungen wie der Ausbau von Ganztagsschulen sowie wachsende Städte machten Investitionen notwendig. Vor allem in größeren Kommunen gebe es Nachholbedarf. Für Kindertagesstätten fehlen den Kommunen bundesweit demnach weitere 7,6 Milliarden Euro. 

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke, erklärte im „Spiegel“, der Investitionsrück­stand liege auch darin begründet, dass an die Kommunen immer neue Aufgaben gestellt würden: „Die Kommunen tragen fast ein Viertel der gesamtstaatlichen Ausgaben, während ihr Steueranteil nur gut halb so groß ist.“ 

Die Aufgaben sind dabei vielfältig. Einerseits müssen bestehende Gebäude renoviert oder saniert werden. Gleichzeitig müssen viele Schulgebäude erweitert werden. Denn zum einen brauchen Schulen mehr Platz, um neue Lehrkonzepte wie Inklusion umzusetzen. Andererseits hat die massive Einwanderung seit 2015 ebenfalls zu Engpässen beigetragen. 

Zwar investieren Städte und Gemeinden seit einigen Jahren allmählich wieder mehr in Schulen und Kitas, jedoch werde ein Großteil der Ausgaben durch steigende Baupreise regelrecht „aufgefressen“, erklärte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner im „Handelsblatt“: „Darüber hinaus behindern Kapazitätsengpässe in der Kommunalverwaltung und besonders der Bauwirtschaft die Planung und Umsetzung weiterer Investitionen.“ 

Um die Problematik zu beheben, fordern die Experten, dass Förderprogramme entfristet werden. Dies würde dazu führen, dass man konjunkturellen Besonderheiten wie dem „Bauboom“ aus dem Weg gehen könnte. Vor allem aber sollten die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen neu geregelt werden, fordert die KfW-Bank. Kommunen sollten finanziell besser ausgestattet werden, um Aufgaben wie Schulsanierungen dauerhaft vorantreiben zu können.

Recherchen der Tageszeitung „Die Welt“ haben kürzlich zutage gebracht, dass teilweise auch absurde bürokratische Vorgänge die Probleme noch verschärfen. Als klassisches Beispiel dient dazu die Hauptstadt Berlin. Vor rund einem Jahr kündigte der Senat den Bau von bis zu 35 sogenannten Schnellbau-Kitas an, um der wachsenden Zahl von betreuungsbedürftigen Kindern gerecht zu werden. Schon im Frühjahr 2019 sollten die ersten der insgesamt 3000 Plätze zur Verfügung stehen. Vor drei Monaten folgte dann das bittere Eingeständnis, dass sich das Projekt verzögern werde. Es habe sich keine Baufirma gefunden. Schuld sei offenbar der Bauboom. 

Öffentliche Ausschreibungen sind hochkomplex und in Zeiten, in denen die Nachfrage groß ist, unattraktiv. „Wir hätten die Kitas gerne errichtet“, sagt Klaus Dieter Fischer von der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg: „Aber die Ausschreibung war so kompliziert, dass es kein Unternehmen aus unserer Region durchführen konnte.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist alarmiert. Bereits vor einem Jahr hat sie ihre Mitglieder befragt. Das Resultat ist erschreckend. „Die Lehrkräfte sind sehr unzufrieden mit dem Zustand der Schulgebäude, den räumlichen Möglichkeiten, insbesondere für Ganztagsangebote, und der Hygiene“, erklärte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. „Es braucht einen Schulterschluss von Bund, Ländern und Kommunen.“ Die 3,5 Milliar­den Euro für die Schulsanierung, die der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vorsehe, seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Kontrolleure haben bundesweit erhebliche Mängel in Sachen Hygiene festgestellt. In mehr als der Hälfte der kontrollierten Schulen seien die sanitären Anlagen mangelhaft und renovierungsbedürftig. „Wir dürfen die Kommunen nicht alleine lassen“, sagt KfW-Experte Zöllner. Denn zu den Kosten für die Renovierungen kämen immer mehr Schäden durch mutwillige Zerstörung. Dies gilt besonders für die Metropolen. Für die Beseitigung von Schäden durch mutwillige Zerstörung an Schulen musste Hamburg im vergangenen Jahr rund 2,1 Millionen Euro ausgegeben. In Berlin lag die Zahl sogar noch höher: „Wir dürfen die Probleme nicht mehr auf die lange Bank schieben“, fordert die Gewerkschaft GEW.