28.03.2024

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12.07.19 / Prügelsommer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-19 vom 12. Juli 2019

Prügelsommer
Vera Lengsfeld

Pack die Badehose ein, nimm dein kleines Schwesterlein – und dann nischt wie raus nach Wannsee … lautet der Refrain eines Berliner Ohrwurms. Bis  in die 2000er Jahre hinein bot Berlin jede Menge unbeschwertes Badevergnügen. Getrübt wurde es höchstens etwas, wenn das Becken, das Ufer oder die Liegewiese zu voll war. In der Regel rückte man aber zusammen, nahm Rücksicht aufeinander – und alle hatten ihren Spaß.

Diese Zeiten sind vorbei und kommen wohl nicht so schnell wieder. Der öffentliche Raum wird immer mehr zur Kampfzone – und das auch am helllichten Tag. Mein Freibad Pankow, in den 70er Jahren von einer Bürgerinitiative der SED-Bezirksleitung abgerungen, war jahrzehntelang an jedem schönen Sommermorgen mein Ziel. Ab 8 Uhr konnte ich hier meine Bahnen schwimmen, anschließend eine Tasse Kaffee auf der Terrasse trinken, ehe ich in den Tag startete. Nachmittags konnte ich mit den Kindern, später den Enkeln, zurückkehren, um dem Nachwuchs beim nassen Vergnügen zuzuschauen. Das Nichtschwimmerbecken blieb selbstverständlich den Kindern vorbehalten. Belästigungen von Kindern, Mädchen, Erwachsenen waren unbekannt, Prügeleien gab es keine, Messer dienten höchstens dem Aufschneiden von Obst.

Seit drei Jahren wird das Bad von jungen Männern mit dem bekannten Hintergrund aufgesucht. Nun gibt es strenge Einlasskontrollen. Selbstverständlich wird die Oma mit ihren Enkeln genauso gründlich unter die Lupe genommen, wie die Jungmänner aus dem Wedding. Alles andere wäre ja Diskriminierung. Trotzdem kommt es immer wieder zu unliebsamen Vorfällen. Die jungen Männer sind unangemessen laut, aggressiv und lassen sich weder vom Bademeister noch von der Security oder der Polizei etwas sagen. Immer wieder muss das Bad geräumt werden, weil die Ordnung nicht mehr hergestellt werden kann. 

Pankow ist kein Einzelfall, sondern typisch dafür, was sich in den Bädern und an den Stränden Berlins mittlerweile abspielt. In den Medien werden nur noch die krassesten Fälle gemeldet, so weit reicht die schleichende Gewöhnung schon. Manche Kommentatoren behaupten gar, Prügeleien hätte es schon immer gegeben, sexuelle Belästigungen auch. Das stimmt schon, aber jetzt beherrscht es unseren Alltag. Oft enden die Auseinandersetzungen für die Angegriffenen im Krankenhaus. Wie kürzlich nach einem Vorfall an einem Badesee. Weil eine Gruppe Erwachsener eine kleine Gruppe Jugendlicher um etwas mehr Ruhe gebeten hatte, eskalierte die Situation sofort. Die Jugendlichen fingen an, loszuprügeln. Auch Messer und Glasflaschen wurden eingesetzt. Mehrere Menschen, darunter Frauen und Kinder, wurden verletzt. Berlin will ein sicherer Hafen für Flüchtlinge sein.