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19.07.19 / Reduktion der Motive auf »Ethos der Tat«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-19 vom 19. Juli 2019

Reduktion der Motive auf »Ethos der Tat«

Das Bild Claus Schenk Graf von Stauffenbergs ist durch umfassende Widerstandsdarstellungen und viele Biografien geprägt, wobei als Standardwerk die umfangreiche Studie von Peter Hoffmann hervorzuheben ist. Hinzu kommen zahlreiche Publikationen von Zeitzeugen und Nachkommen. Die Bewertung des Attentäters ließ, auch aufgrund der Quellenlage, immer Diskussionsspielräume. Moralische und politische Motive als Triebkräfte standen allerdings weitgehend außer Frage. Sogar die DDR bemühte sich, namentlich durch den Historiker Kurt Finker, um eine, gemessen an den dort vorherrschenden Verhältnissen, ausgewogene Einordnung. Stauffenberg stieß erst während des Krieges zum Widerstand, die großflächigen theoretischen Planungen waren eher die Sache anderer. Er gehörte allerdings zu denjenigen, die zum Anschlag drängten, und er führte diesen auch aus. 

Hier setzt Thomas Karlauf an, der den 75. Jahrestag des Staatsstreichversuchs vom 20. Juli 1944 zum Anlass für eine biografische „Neubewertung“ nimmt. An Karlaufs Buch „Stauffenberg. Porträt eines Attentäters“ entzündete sich die aktuelle Diskussion. Karlauf, bekannt als Biograf des Dichters Stefan George, reduziert Stauffenbergs Motivation stark auf das „Ethos der Tat“. Anderweitige Beweggründe werden ihm weitgehend abgesprochen. Ein derartig auf den Kopf gestelltes Stauffenberg-Bild sichert zumindest Aufmerksamkeit. Rüdiger von Voss, Ehrenvorsitzender der „Stiftung 20. Juli 1944“, sieht durch das Buch den gesamten Widerstand diskreditiert. Hans-Christof Kraus, Lehrstuhlinhaber für Neuere und Neueste Geschichte in Passau, sagt über das Werk, es liefere ein „im Detail unvollständiges, partiell verzerrendes und deshalb im Ergebnis höchst zweifelhaftes Bild“ Stauffenbergs und es bediene „die Erwartungen eines bestimmten Leserkreises …, der mit Begriffen wie Ehre und Tradition nichts mehr anfangen kann, dem jedes Elitebewusstsein verdächtig und jedes Festhalten auch nur an der Idee der Nation als vorgestrig erscheinen muss.“E.L.