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19.07.19 / Ein paar Fragen an die Greta-Jugend / Warum in den Ferien nicht demonstriert wird und weitere Ungereimtheiten – Versuch eines Generationengesprächs

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-19 vom 19. Juli 2019

Ein paar Fragen an die Greta-Jugend
Warum in den Ferien nicht demonstriert wird und weitere Ungereimtheiten – Versuch eines Generationengesprächs
Günter Scholdt

Mit dem Ferienbeginn endet vorerst das Engagement für die Rettung der Welt – obwohl doch angeblich so dringend und radikal gehandelt werden muss, weil uns die Klima-Apokalypse keinerlei Aufschub mehr gewährt. Das und einiges anderes lässt einen misstrauisch werden.

Der Verfasser dieser Zeilen sprach im Hamburger Rathaus auf Einladung der dortigen AfD-Fraktion über die Kritik an ihrer Internet-Plattform „Neutrale Schule Hamburg“. Sie bietet Eltern und Schülern Beschwerdemöglichkeiten, wo die Schule allzu dreist von einer Bildungseinrichtung zur Anti-AfD-Agitationszentrale umfunktioniert erscheint. 

Natürlich erregte sich unser Establishment sofort darüber und zog die üblichen Vergleiche zum Dritten Reich, ohne zu erwägen, dass gerade diese Art polemischer Mobilmachung eben Teil des Problems ist. Es handelt sich also um eine erkennbar bigotte Kritik gemäß dem Sprichwort: „Getroffene Hunde bellen.“ Mein Vortrag analysierte diesen Mechanismus unter Verweis auf meine jüngst erschienene Studie „Anatomie einer Denunzianten-Republik“. 

Die Umstände, unter denen die AfD Hamburg (aber nicht nur sie) zu arbeiten gezwungen ist, illustrieren zwei Situationsskizzen von anekdotischem Charakter. Bereits im Vorfeld erfuhr ich, dass die Partei in ganz Hamburg ausschließlich im Rathaussaal sicher sein kann, polizeigeschützt, Veranstaltungen durchzuführen. Andere Räume zu bekommen, scheitert in der Regel daran, dass man Wirte bedroht – eine Praxis, die mir bereits von anderen Städten leidlich bekannt war. Hier läuft das wie folgt: Sollte ein Wirt anfänglich standhaft sein, erwartet ihn als Erstes ein moralpolitisches Telefonat zivilgesellschaftlicher Tugendwarte. Wo der nicht fruchtet, erinnert man ihn „fürsorglich“ an seine schulpflichtigen Kinder. Läge es wirklich in deren Sinne, wenn ihre Schule per öffentlicher Bekanntmachung davon erführe, dass ihr Vater „Schmuddelkinder“ begünstige? Das erzeugt (wie bei Mafia-Praktiken) fast immer die gewünschte Einsicht.

Dass für „Renitente“ die Sanktionsskala noch erheblich größer ist, erweist übrigens ein Blick auf diverse (teils durch Steuermittel finanzierte) Ratgeber. Des Weiteren zeigte mir der AfD-Geschäftsführer auf dem Weg ins Rathaus mit ironischem Stolz das einzige noch stehengebliebene Plakat, das meinen Vortrag ankündigte. 500 seien es ursprünglich gewesen. Aber die würden in der Regel bereits binnen 24 Stunden nach dem Aufhängen durch postdemokratische Sammeltrupps zerstört beziehungsweise entsorgt. „Politbusiness as usual“ also im „freiesten Staat deutscher Geschichte“. 

Der Vortrag selbst verlief ungestört. Unter rund 150 Teilnehmern waren, was die Diskussion belebte, auch Gegner der AfD. Also kein bloßes „Preaching to the saved“. Eine diskursaufgeschlossene Lehrerin hatte offensichtlich einige Schüler beziehungsweise Schülerinnen zur Teilnahme inspiriert. Eine von ihnen sah sich durch meine Bemerkungen zu „Gender-Hokuspokus“ und der „Heiligen Greta von Stockholm“ herausgefordert und fragte mich, ob die AfD sich von solchen Formulierungen verspreche, die Jugend zu gewinnen. Dass sie sich in einem mehrheitlich anders empfindenden Umfeld öffentlich äußerte, fand ich mutig und sympathisch. Insofern hätte ich ihr gern ausführlicher und grundsätzlicher geantwortet, als es im Rahmen noch zahlreicher weiterer Fragen möglich war. Ich hole es hier stellvertretend nach, weil es auch anderen gilt und solche notwendigen Gespräche seitens der Eltern oder Älteren viel zu selten geführt werden. Ich beschränke mich auf ein Thema unter der Annahme eines noch möglichen ressentimentfreien Generationengesprächs. Dann hätte ich sie folgendes gefragt:

Erstens: Warum eigentlich möchten so zukunftsverantwortliche Schüler das Weltklima mehrheitlich nur dann per Demo „retten“, wenn es quasi mit Schulfrei verbunden ist? Sie hätte mir vielleicht geantwortet, dass nur so die gewünschte Aufmerksamkeit erzielt werde und man im Sinne Greta Thunbergs aus der „Komfortzone“ herauskäme. Doch was folgt daraus, wenn wir solche Methoden billigen?

Zweitens hätte ich wissen wollen, da sie ihr jüngst erwachtes Interesse für Politik als intellektuellen Emanzipationsprozess beschrieb, worauf ihre Sicherheit in einer so schwierigen chemisch-physikalischen Frage tatsächlich gründet. Auf Erwägungen der Vernunft oder Postulaten des Mainstreams? Ob sie naturwissenschaftliche Vorbildung besitze oder sich wenigstens intensiv auch mit Gegenargumenten beschäftigt habe? Ihre Replik könnte lauten, dass ja auch ich keine derartigen Kenntnisse besitze und mir dennoch anmaße, Hunderten von Klima-Experten zu misstrauen, was einerseits plausibel klingt, andererseits lediglich Mehrheit mit Wahrheit gleichsetzt. Ich wiederum hätte geantwortet, dass wir in der Tat beide ohne tiefere Einblicke in kontroverse Modellrechnungen sind und daher letztlich nur Gefühlsurteile fällen. Insofern schlösse ich nicht kategorisch aus, die Gegenseite könnte Recht haben. Allerdings böte deren Verhalten gegenüber Kritikern der CO²-These erheblichen Anlass zur Skepsis: nicht zuletzt handfeste Manipulationen und teils mit demagogischen Mitteln gefahrene Kampagnen.

Drittens: Ohnehin wolle ich mit ihr ja gar keine Klima-, sondern eine politische Diskussion führen. Meine Bedenken gälten daher selbst dann, wenn ihre Überzeugung zuträfe. Denn mein Widerspruch beträfe vornehmlich Fragen einer intakten Demokratie und deren einzuhaltenden Spielregeln. 

Und hier ist die Klimadebatte (neben Eurokratie-, Gender-, Immigrations- oder Rechtsstaatsfragen) nur Symptom für den Trend, Regierungshandeln als alternativlos erscheinen zu lassen. Desa-vouiert wird der grundgesetzlich garantierte Wettbewerb um die besten Lösungen zugunsten von Ketzerdiskursen, die nur noch zwischen „einzig richtig“ und „gänzlich falsch“ unterscheiden. Daher müsse sie sich fragen lassen, ob wir solche Herrschaftstechnik, die (unter Drohung mit Weltkatastrophen) gezielt Regeln wie etwa die Schulpflicht bricht, nicht als tendenziell demokratiefeindlich betrachten sollten.

Viertens: Und wo meine Formulierung von der „Heiligen Greta“ Anstoß errege, welche Sprache sei denn angemessen, wenn eine 16-Jährige ihr säkularisiertes Religionsbedürfnis per Klima-Glauben auslebt und andere zum Kampf gegen das „Urböse“ infiziert? Diese sakrale Selbstparodie mit den ikonenhaften Gesichtszügen eines dem „Volk“ entsprossenen Unschuldswesens, das sich Erwachsene, die ihren einfachen kindlichen Wahrheiten widersprechen, nur als verruchte Erfüllungsgehilfen profitgieriger Konzerne vorstellen kann. Mit dem ersten Foto, das ich von ihr sah, stellten sich mir spontan – und Dutzenden von historisch Gebildeten dürfte es ähnlich ergangen sein – Parallelen zum mittelalterlichen Kinderkreuzzug ein, einschließlich des prekären Endes solchen Wahns. Denn die damaligen „Gutmenschen“ verschwanden auf den Sklavenmärkten des Orients beziehungsweise den entsprechenden Bordellen oder Harems. Und weiter frage sich, wer unter den die Jugend hofierenden Erwachsenen ihr eigentlich den Anspruch vermittelte, selbst bei eigener Fundamentalkritik vor Sarkasmen verschont zu werden?

Fünftens: Habe sie jemals darüber nachgedacht, wie wenig selbstbestimmt ihr Protest ist? Echte Jugendbewegungen konfrontierten und provozierten die Älteren nämlich mit ihren ganz spezifischen Eigeninteressen. Doch heute? Spürt die junge Dame nicht, wie sie (von der Kita an) durch das herrschende Parteienkartell und mächtige globale Nichtregierungsorganisationen instrumentalisiert und missbraucht wird? Aufstand der Jugend mit Zustimmung der Kanzlerin und dem Sympathievorschuss aller im weitesten Sinne grünen Minister, die sich die Hände reiben angesichts eines so gefügig in ihre Weiden strömenden Stimmviehs? Regierungsamtlich begrüßte Demos kannte man bislang eher aus einem Deutschland, in dem Anetta Kahane noch als IM Victoria spitzeln durfte. Was für eine Mogelpackung!