26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
19.07.19 / Das Friedrichsburger Tor hat eine bewegte Geschichte / Bastion, Burg, Bahnhof, Lager und Museum: Dokumente und Heraldik geben Aufschluss über die Festung in Königsberg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-19 vom 19. Juli 2019

Das Friedrichsburger Tor hat eine bewegte Geschichte
Bastion, Burg, Bahnhof, Lager und Museum: Dokumente und Heraldik geben Aufschluss über die Festung in Königsberg
E. Dvoretski/N. Tscheburkin

Die Wappenkunde als kulturelle Erscheinung taucht im Mittelalter auf. Ihre Entstehung war mit dem Wunsch der Feudalherren verbunden, sich und ihre Armee auf dem Schlachtfeld zu identifizieren. Ursprünglich trugen die Schilde Zeichnungen, die sich bald zu charakteristischen Symbolen entwickelten. Die frühe heraldische Symbolik war äußerst einfach und leicht zu lesen. Allmählich bildete sich eine Ordnung der Umrisse und des Gebrauchs der Wappen aus, die zu einem Regelwerk anwuchs. An den Königshöfen und denen großer Feudalherren gab es Herolde, die sich mit der Erstellung von Wappen und genealogischen Listen befassten. Sie systematisierten das Wissen über die Wappen und schufen die Lehre von der Heraldik.

1626 wurde am Stadtrand Königsbergs der Erste Wallring gebaut. Er war 15 Kilometer lang und mit 26 Bastionen, acht Halb-Bastionen und acht Stadttoren bebaut. Sie wurden errichtet, um die Gefahr der Einnahme Königsbergs durch die Armee des schwedischen Königs Gustav Adolf einzudämmen, dessen Truppen sich in Pillau befanden. 

Nach der Fertigstellung Mitte des 17. Jahrhunderts stellte sich heraus, dass sich im westlichen Teil der Festung ein schwach geschützter Abschnitt befand – die zwei Halb-Bastionen am Ufer des Pregel. An diesem Ort, an dem sich das Zollhaus befand, konnten feindliche Schiffe mit Soldaten an Bord leicht die Verteidigung durchbrechen, den Fluss entlang bis zum Königsberger Zentrum passieren und die Stadt besetzen. Um den Schutz der Anlage zu verstärken, ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1657 eine Festung am südlichen Ufer des Pregel errichten. Am 11. Juli 1657 wurde Friedrich, Sohn des großen Kurfürsten und seiner Frau Luise Heinriette von Oranien, im Königsberger Schloss geboren. Zu Ehren des Erben nannte der große Kurfürst die Festung Friedrichsburg. 1688 bestieg der Spross als Friedrich III. den Thron und erbte den Titel des brandenburgischen Kurfürsten. Am 18. Januar 1701 krönte er sich in der Kirche des Königsberger Schlosses zum ersten preußischen König: Friedrich I. in Preußen. Die Festung Friedrichsburg wurde zu einer Zitadelle (der letzten Verteidigungslinie) in Königsberg, da die Burg zu dieser Zeit als Residenz der Monarchen umgebaut wurde und ihre Verteidigungskraft verlor. Mitte des 19. Jahrhunderts entstand um Königsberg ein zweiter Wallring. 

Die Friedrichsburg wurde nach einem Entwurf von Christian Otter erbaut, der 1598 in Ragnit geboren wurde. Nach vier langen Reisen besetzte er den Posten des Ingenieurs am Hofe des Großen Kurfürsten. Er war der Begründer des niederländischen Festungsbausystems, später wurde er Professor für Mathematik an der Universität von Nijmegen (Niederlande). Die Festung Fried-richsburg befand sich an einem erhöhten Ort und hatte im Grundriss die Form eines gleichmäßigen Rechtecks. Als schwer einnehmbares Hindernis diente ein 20 Meter breiter Wassergraben auf drei Seiten, der von Norden mit Wasser des Pregel gespeist wurde. Ein detaillierter Plan dieser Festung aus dem Jahr 1789 ist erhalten. Die vier Bastionen der Festung erhielten die Namen von Edelsteinen. Die nordwestliche Bastion hieß Rubin, die nordöstliche Diamant, die südwestliche Smaragd und die südöstliche hieß Perlen. Die Namen der Bastionen symbolisieren die drei mittelalterlichen Städte Altstadt, Kneiphof, Löbenicht, aber auch das Schloss Königsberg als Assoziation mit der monarchischen Macht.

Der Herrscher erlegte den Gemeinden der drei Königsberger Städte auf, drei Bastionen der neuen Festung zu errichten. Er selbst übernahm die Verantwortung für den Bau der vierten Bastion. Diese hieß „Diamant“. Und nur in dieser Bastion wurden neben dem Wassergraben auch Erdwälle, Holzbauten sowie Steingebäude errichtet – Kasernen und Pulverkeller. Die Altstadt befand sich zwischen dem Schloss und dem Pregel. Sie erhielt am 12. Februar 1286 das Stadtrecht. Ihr Wappen war ein Schild, auf dem sich im oberen Teil die rote Krone des böhmischen Königs Ottokar II. auf einem silbernen Feld befand (Hinweis auf den Gründer Königsbergs), im unteren Teil ein silbernes Kreuz auf einem roten Feld (Symbol für den christlichen Geist seiner Bürger). Außerhalb der Altstadt wurde die Rubin-Bastion errichtet. Löbenicht befand sich östlich der Burg und der Altstadt und erhielt am 27. Mai 1300 Stadtrechte. Sein Wappen zeigte eine goldene Krone auf einem blauen Schild (Symbol für den Himmel), darüber und darunter sechseckige goldenen Sterne (Ausdruck der Ewigkeit). Außerhalb der Stadt Löbenicht wurde die Perlenbastei gegründet.

Kneiphof befand sich auf der gleichnamigen Insel. Es erhielt am 6. April 1327 die Stadtrechte. Auch Kneiphof hatte ein eigenes Wappen: Auf einem grünen Schild hält eine Hand in blauer Kleidung, die sich aus silberblauen Wellen erhebt, eine goldene Krone (symbolisiert die geografische Lage der Stadt auf der Insel). Auf beiden Seiten befinden sich zwei Jagdhörner (ein Hinweis darauf, dass es früher Jagdreviere gab). Außerhalb von Kneiphof wurde die Bastion Smaragd erbaut. 

1697 besuchte der russische Zar Peter I. im Rahmen der Großen Russischen Gesandtschaft Königsberg inkognito als Unteroffizier Peter Michajlow. In der Festung Fried-richsburg ließ er sich vom preußischen Oberst Sternfeld in der Bomben- und Artilleriekunst unterrichten. Am 13. Juni 1724 vereinigte der preußische König Friedrich Wilhelm I. die drei Städte zu einer und schenkte ihr ein Wappen: Auf einem weißen Schild ist ein schwarzer preußischer Adler mit Krone abgebildet, der in seinen Klauen drei mittelalterliche Stadtwappen hält, daneben ein Monogramm FWR (Friedrich Wilhelm I.). 

Interessant ist, dass Zar Peter I. nach seiner Rückkehr in die Heimat ebenfalls seiner Bastion in der 1703 neu erbauten Stadt St. Petersburg einen Namen gab: Peter- und Paul-Festung. Dort heißen die Bastionen nach deutschem Vorbild: Gosudarew, Naryschkin, Menschikow, Glowkin, Zotow und Trubezkoj. Der Name Bastion Gosudarew entspricht der Bastion Diamant in der Friedrichsburger Festung. 

In den Jahren 1843 bis 1862 wurde um Königsberg ein zweiter Wallring errichtet. Die Festung 

Friedrichsburg wurde umgebaut, um den modernen Anforderungen Rechnung zu tragen. Die Erdwälle wurden an den Seiten mit mächtigem Mauerwerk verstärkt. An der Stelle eines alten Holztors wurde 1852 mit dem Bau eines Backsteintors begonnen. Die Pläne erstellte Friedrich August Stüler (1800–1865), der Hofarchitekt Friedrich Wilhelms IV. (1795–1861). 1858 wurden die Arbeiten an dem Tor beendet. Es hatte vier runde Türme, zwei Kasematten und einen Eingangsbogen mit Doppeltüren. Über dem Bogen stand die Inschrift „Fort Friedrichsburg“, darüber das Wappen – der schwarze Preußenadler mit Krone, Zepter und Machtsymbol in den Krallen, mit dem Monogramm „FR“ (Fridericus Rex) auf der Brust.

Im 20. Jahrhundert, 1910 wurde die Friedrichsburg aus dem Königsberger Verteidigungssystem ausgeschlossen und für 8,5 Millionen Mark an die Reichsbahn für den Bau eines Güterbahnhofs verkauft. Die Erdwälle wurden beseitigt und die Wassergräben zugeschüttet, der Hauptteil der Fortgebäude 1916 abgebaut. Auf dem Territorium wurden Bahngleise verlegt und eine Verladestation gebaut. Von den Fortgebäuden blieben nur das Tor und ein Teil der Kaserne der südöstlichen Perlenbastei übrig.

Die Friedrichsburger Straße wurde 1919 nördlich des Friedrichsburger Tors zwischen Sattlergasse und Reichstraße angelegt. 1936 erfolgte an der Nordseite des Tors das Haus der Stauer die Errichtung eines Anbaus, in dem sich Hafenmitarbeiter (die Laders) vom Be- und Entladen von Schiffen gerne erholten. Dieses Gebäude wurde beim Sturm auf Königsberg im April 1945 zerstört. Auf dem Gelände des Friedrichsburger Tors befand sich bis 1947 eine Militärdruckerei. Später baute man es in eine Reparaturwerkstatt für Lkw um. Infolge törichter Umbauten wurde der Südostturm des historischen Bauwerks zerstört. 1960 erhielt das Friedrichsburger Tor endlich den Status eines Architekturdenkmals, was eine weitere Zerstörung des Objekts verhinderte. 1990 begann die eigentliche Sanierung, die 2011 abgeschlossen wurde. Heute ist es eine Filiale des Ozeanmuseums. Im Innenhof des Tors erzählt eine Ausstellung die Geschichte der Festung Friedrichsburg.