26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
26.07.19 / Hand an der Büchse der Pandora / Nicht verbotene Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen, führt zur »gelenkten Demokratie«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-19 vom 26. Juli 2019

Hand an der Büchse der Pandora
Nicht verbotene Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen, führt zur »gelenkten Demokratie«
J.H.

Bundesrat, Bundestag, und Bundesregierung haben beim Bundesverfassungsgericht den Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung beantragt. In dem 150-seitigen Schriftsatz führen sie über 300 Punkte auf, die ihrer Meinung nach belegen, dass die NPD „weiterhin planvoll das Ziel verfolgt, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen“. Damit sind aus Sicht der Antragsteller die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Ausschluss der Partei von der staatlichen Parteienfinanzierung erfüllt. Durch einen solchen Ausschluss würden der NPD zugleich die den Parteien gewährten Steuerprivilegien aberkannt.

Aus ihren Ausführungen geht nach Überzeugung des Parlaments, der Länderkammer und der Regierung hervor, dass die NPD die parlamentarische Demokratie verachte und einem völkischen Denken verpflichtet sei, das dem Prinzip der Menschenwürde widerspreche. Zugleich gehen sie davon aus, dass die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für ein Gerichtsverfahren gewährleistet seien und legen dazu eine umfangreiche Dokumentation vor. Dazu gehört unter anderem, dass weiterhin keine Vertrauenspersonen der Sicherheitsbehörden auf der Führungsebene der NPD eingesetzt werden.

Die Antragsteller sehen Handlungsbedarf, weil das Bundesverfassungsgericht Anfang 2017 ein Verbot der NPD abgelehnt, jedoch zugleich die Verfassungsfeindlichkeit der Ziele der NPD ausdrücklich festgestellt und darauf hingewiesen hatte, dass es dem „verfassungsändernden Gesetzgeber“ vorbehalten sei, Sanktionsmöglichkeiten für verfassungsfeindliche Parteien zu schaffen. Daraufhin hat der Bundestag im Juli 2017 durch die Ergänzung von Artikel 21 des Grundgesetzes um den neuen Absatz 3 die Möglichkeit zum Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der Parteienfinanzierung geschaffen. Daraufhin beschloss der Bundesrat im Februar 2018 einstimmig, ein Verfahren zum Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung einzuleiten. Dem folgte die Bundesregierung durch Kabinettsbeschluss im April 2018, woraufhin der Bundestag wenige Tage später auf Antrag der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und FDP ebenfalls  beschloss, den Ausschluss der NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen.

Der Gedanke, einen den Mehrheitsparteien nicht genehmen politischen Gegner finanziell auszublu- ten und ihn handlungsunfähig zu machen, indem man ihn von der staatlichen Parteienfinanzierung ausschließt, ist nicht nur verfassungsrechtlich umstritten, sondern es gibt auch gewichtige politische Gründe, die gegen diese Maßnahme sprechen. So wird argumentiert, dass der demokratische Staat sich auch dadurch auszeichne, dass er gegenüber den verschiedenen geistigen und gerade auch gegenüber politischen Strömungen weitgehend Neutralität zu wahren sucht. Darin spiegele sich die politische und verfassungsrechtliche Grundentscheidung für ein pluralistisch struktu- riertes Gemeinwesen. Eine von deren Säulen sei die Parteiengleichheit. Daher verbiete es sich, eine nicht verbotene Partei ungleich zu behandeln, indem man sie von der Parteienfinanzierung ausschließt.

Kritisch eingewandt wird auch, dass die Antragsteller der Urteilskraft der Bürger und der Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses ihr Misstrauen aussprechen würden. Eine auf diese Weise von Staats wegen gelenkte Demokratie, in der bestimmte Ansichten bevorzugt oder benachteiligt werden, schade der Glaubwürdigkeit von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung und damit der von Staat und Demokratie insgesamt.

Dass Politiker der „Systemparteien“ und bestimmte Kommentatoren bereits triumphieren, dass der „Staatsfeind NPD“ endgültig am Boden liege und sich ähnlichen Vernichtungsphantasien hinsichtlich der nicht verfassungsfeindlichen und demokratisch in fast alle deutschen Parlamente gewählten AfD hingeben, zeigt, dass die wichtigsten Verfassungsorgane die Hand an der Büchse der Pandora haben.