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26.07.19 / Bundestag paradox

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-19 vom 26. Juli 2019

Bundestag paradox
Vera Lengsfeld

Am vorvergangenen Mittwoch wurden die 709 Abgeordneten des Deutschen Bundestages aus ihren Urlaubsorten auf Steuerzahlerkosten zurück nach Berlin beordert, um der Amtsvereidigung der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer beizuwohnen. Die Zeremonie dauerte keine 15 Minuten und kostete Hunderttausende Euro.

Bei diesem Ereignis trafen zwei Absurditäten aufeinander: Eine Ministerin wurde vereidigt, die vorher immer betont hatte, dass sie keinesfalls ein Mitglied des Kabinetts Merkel werden wolle und blitzartig ihre Meinung änderte, als kolportiert wurde, ihr größter Konkurrent um das Kanzleramt könnte diesen Posten bekommen. Seither ist die Ministerin damit beschäftigt, immer neue Erklärungen für ihren Entschluss zu verbreiten. Glaubwürdig ist keine davon. Beispiel: 

„Ich würde nie in ein Amt hineingehen aus dem Kalkül heraus, das kann mir nützlich sein oder nicht.“ Ein solcher Satz steigert die Unglaubwürdigkeit der Politikerin, denn niemand nimmt AKK ab, sie handle aus reiner Selbstlosigkeit.

Für die Abgeordneten, vor denen die Ministerin ihren Eid ablegte, spielte ihre Glaubwürdigkeit keine Rolle, denn das Verhalten unserer Volksvertreter ist die personifizierte Selbstsucht. Der Bundestag ist mit seinen inzwischen 111(!) Überhang-und Ausgleichs­mandaten das zweitgrößte Parlament der Welt. Er wäre auch mit den gesetzlich vorgesehenen 598 Mitgliedern, 299 Direktmandaten und 299 Listenmandaten, eines der größten Volksvertretungen auf dem Globus. Mit den von den Grünen erstrittenen Ausgleichsmandaten platzt der Bundestag nun allen Nähten. 

Obwohl unter den Fraktionen angeblich  Einigkeit herrscht, diesen Zustand zu ändern, scheiterte eine Wahlrechtsreform-Kommission unter Leitung des Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble im April. Übrigens unbemerkt von den Medien. Man konnte sich nicht einigen, wie die Zahl der Abgeordneten reduziert werden könnte. Die einfachste Lösung, sich an die gesetzlich vorgeschriebene Zahl zu halten und keine Überschreitung mehr zuzulassen, scheint bezeichnenderweise keiner Fraktion eingefallen zu sein. 

Stattdessen wurde, hauptsächlich von den Grünen, aber auch der Linkspartei, vehement eine Verringerung der Wahlkreise gefordert. Bei den Wahlkreiskandidaten besteht aber die einzige Möglichkeit für die Wähler, auf die Zusammensetzung des Parlaments Einfluss zu nehmen. Nur Wahlkreisabgeordnete sind ihren Wählern direkt rechenschaftspflichtig. Ausgerechnet das wollen die Grünen und Linken beschränken und damit die Listenmandate stärken, die allein von den Parteien bestimmt werden. Ein weiteres Beispiel dafür, wie sich die Parteien die Demokratie zur Beute gemacht haben.