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26.07.19 / Gegenwind / Fanatische Eiferer übernehmen das Recht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-19 vom 26. Juli 2019

Gegenwind
Fanatische Eiferer übernehmen das Recht
Florian Stumfall

Die Szene des Geschehens: Graz, die Hauptstadt der lieblichen Steiermark. Die Grünen haben im Zentrum, an einer vielbefahrenen Straße, einen Propaganda-Stand errichtet und dafür eine Fahrspur der ohnehin überlasteten Trasse besetzt. Sie drücken damit nicht nur ihre Verachtung gegenüber dem individuellen Automobilverkehr aus, sondern auch den Anspruch, dass sich dieser, so wie die Gesellschaft im Ganzen, nach ihrer, der Grünen, Lebensauffassung zu richten habe.

Weiter, lauter und hartnäckiger ist zur selben Zeit ein anderer Vorfall in die Öffentlichkeit gedrungen, nämlich die Affäre um die „Sea- Watch 3“. Die Schiffsführerin hatte zwischen Libyen und Italien ein paar Dutzend Personen aufgelesen und diese ganz nach dem Regelwerk des internationalen Schleppertums, aber entgegen der Anweisung der italienischen Behörden, rechtswidrig und unter Anwendung von Gewalt gegen ein Patrouillenboot in den Hafen von Lampedusa gebracht.

Was hat nun die Grazer Innenstadt mit dem Hafen von Lampedusa gemein? Zunächst einmal natürlich gar nichts. Doch beim zweiten Hinsehen kommen die verbindenden Konturen zum Vorschein. In beiden Fällen handelt sich um ein rechtswidriges Verhalten, wenn auch von höchst unterschiedlicher Gravität, das jeweils, so die Sicht der handelnden Personen, im Namen einer überlegenen Moral begründet und gerechtfertigt wird.

Erscheinungen dieser Art gibt es nicht nur im Mittelmeer und in der Steiermark. Längst im Stand heiligmäßiger Erhöhung befand sich das organisierte freitägliche Schulschwänzen im Namen der Weltrettung, dem allerdings der Eintritt der großen Ferien etwas an Schwung genommen hat. Mit den Eltern eine Flugreise zu unternehmen oder wenigstens eine ausgedehnte Autotour, ist denn doch reizvoller, als mit Wenigen vor einer Schule zu hocken, die ohnehin geschlossen hat.

Rechtsbrüche in Namen einer höheren Idee sind nicht neu. Ihren ersten großen Ausdruck fanden sie bereits in den 70er Jahren, als es in der linksextremen Szene Brauch wurde, Häuser, die anderen Leuten gehörten, zu besetzen. Inzwischen sind derartige Ereignisse, seit sie zur bleibenden Erscheinung geworden sind, nicht mehr pressewürdig. Auch hat ein Großteil der Medien kein Bedürfnis, linke Straftaten anzuprangern. Begleitet wurden damals die Raubzüge mit dem Schlachtruf „Legal, illegal, scheißegal“. Das bedeutete die Miss-achtung des geltenden Rechts, ebenso wie in Graz und vor Lampedusa, und den Anspruch, dieses habe sich den eigenen Vorstellungen von der Gestaltung der Gesellschaft anzugleichen.

Mitte Juli dieses Jahres besetzten in Paris rund 800 illegale Zuwanderer aus Afrika das Pantheon, die französische Ruhmeshalle, und stellten dort umfassende Forderungen, so nach Unterkunft wie Versorgung und zunächst nach einem Gespräch mit dem Premierminister. Kämpfe mit der Polizei gehörten zum Ablauf. Ereignisse dieser Art geschehen unter dem vielverbreiteten Rubrum „Kein Mensch ist illegal“. Mit diesem Schlagwort ist die Absicht ausgedrückt, einen wesentlichen Teil staatlicher Souveränität zu suspendieren, nämlich das Recht, über den Aufenthalt von Menschen fremder Staatsbürgerschaft im eigenen Land zu entscheiden.

Angesichts ihrer sich mehr und mehr entwickelnden Bereitschaft, im breiten Strom der politischen Korrektheit mitzuschwimmen, kann es nicht verwundern, dass sich auch die christlichen Kirchen bereitfinden, das Recht dort zu suchen, wo sie eine Mehrheit vermuten, nicht dort, wo es gesetzt worden ist. Das Stichwort heißt „Kirchenasyl“. Dies ist eine gefühlsduselige Schimäre, die keinerlei rechtliche noch historische Grundlage hat. Es ist, genauso wie im Falle Graz oder „Sea-Watch“, eine Anmaßung aus Selbstüberhebung, nämlich dem Anspruch, das Recht selbst besser zu kennen und zu vertreten, als dies der Staat tut, er, der doch von allen Grundlagen her dafür die zuständige Instanz darstellt.

Was den Katholizismus angeht, so zeigt sich Papst Franziskus als Vorreiter dieser Entwicklung. Im Zusammenhang mit der illegalen Einwanderung vor allem aus Afrika nach Europa verlangt er für jeden (!) Menschen „die Wärme eines Hauses und eine Heimat“, die er offenbar nicht in der ursprünglichen der Immigranten, sondern in Europa sieht, das den Zuwanderern des Weiteren schuldig sei ein „einfühlsames und großzügiges Herz gegenüber den Armen und Bedrängten“. Eine derartige Richtlinie würde natürlich dazu führen, dass der Zuzug nach Europa erst dann endet, wenn hier keine günstigeren Verhältnisse mehr herrschten als jene, vor denen die Immigranten davonlaufen, und diese also ihre eigenen misslichen Lebensumstände nach Europa importiert hätten. Dann hätte Papst Franziskus zu tun, den einheimischen Armen und Bedrängten zu erklären, wieso sie nun hinter eine Riesenmenge zugewanderter Konkurrenz noch ärmer und bedrängter haben werden müssen, als sie vordem waren.

Doch das ist nur die eine Seite. Die andere ist, dass der kirchliche Druck auf die staatliche Zuwanderungspolitik dort, wo der fortschrittliche Klerus nicht ohnehin offene Türen einrennt, die Trennung von Kirche und Staat miss-achtet, eine kulturelle Errungenschaft, die Europa unter anderem von den Herkunftsländern der Immigranten unterscheidet.

Es geht im Grunde um nicht mehr und nicht weniger als die Frage der Zuständigkeit. Die Rechtsetzung des Staates beruht auf Grundlagen, über die ein breites Übereinkommen entschieden hat, der Gewaltenteilung und den verschiedenen Aufgaben von Exekutive und Legislative, beide kontrolliert durch die richterliche Gewalt. 

Die Normsetzung des Gutmenschentums dagegen kann sich auf keinerlei Legitimation berufen, ihr Recht wird aufgefasst als Ausdruck der privaten Meinung einer Person oder von Personengruppen, die aber den Anspruch auf allgemeine Verbindlichkeit erhebt. Hier sind auch – im Gegensatz zum demokratischen Rechtsstaat – kein Platz und keine Aufgabe für eine abweichende Meinung vorgesehen.

Je höher und hehrer das Ziel ausgegeben wird, das eine Gruppe verfolgt, bis hin zur Rettung des Planeten, umso rigorosere Mittel werden damit gerechtfertigt. Es ist, wie es in der Französischen Revolution war: Je extremer ein Fanatiker, für umso edler gilt seine Sache. Dies ist ein System der Diktatur einer Minderheit. Erscheinungen wie die Generalprobe des Bürgerkrieges beim G 20-Gipfel in Hamburg oder aber die jährlichen Mai-Festspiele in Berlin stehen am Anfang des Weges zur Unregierbarkeit. Diese Entwicklung wird flankiert von zwei verwandten Erscheinungen. Da ist zum einen das Regiment der Parallelgesellschaften, angeführt von hochkriminellen islamischen Clans, für welche deutsche Gesetze belanglos sind und die sich der deutschen Strafverfolgung bereits weitgehend entzogen haben. Auf der anderen Seite tut die Politik selbst dem Recht schweren Schaden an. Kanzlerin Merkel hat sich mit verschiedenen Entscheidungen bedenkenlos über das Gesetz erhoben: bei der Energiepolitik, bei der Zuwanderung, bei der faktischen Liquidierung des Grundgesetzartikels 6, der die Familie schützen sollte, und sie tut es im Verein mit ihren Amtskollegen auf europäischer Ebene durch den ständigen Verstoß gegen die Maastricht-Kriterien oder aber die Duldung der Staatsfinanzierung durch die EZB.

Auf diese Weise selbst moralisch geschwächt, finden allzu viele zuständige staatliche Stellen keine Kraft mehr, der Übernahme des Rechts durch fanatische Eiferer etwas entgegenzusetzen.