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26.07.19 / Sanft-gefühlvolle Kunst / Porträtistin aus Ostpreußen – Berlin stellt Werke von Lotte Laserstein ins Rampenlicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-19 vom 26. Juli 2019

Sanft-gefühlvolle Kunst
Porträtistin aus Ostpreußen – Berlin stellt Werke von Lotte Laserstein ins Rampenlicht
Martin Stolzenau

Arbeiten einer ostpreußischen Künstlerin gilt es in Berlin zu entdecken. Die Berlinische Galerie in Kreuzberg stellt mit der Schau „Von Angesicht zu Angesicht“ Lotte Laserstein vor, die als sensible Porträtistin der frühen Moderne am Ende der Weimarer Republik Erfolge feierte und dann wegen ihrer jüdischen Herkunft nach Schweden floh. Sie blieb bis zum Le­bens­ende im Exil, wurde in Deutschland vergessen und erst nach mehreren Ausstellungen im Ausland später auch in Deutschland wiederentdeckt.

Nach der Erstpräsentation der Laserstein-Werke im Frankfurter Städel kann man sich nun in der Berlinischen Galerie bis zum 

12. August 48 Gemälde und neun Zeichnungen aus der Berliner Erfolgsperiode und den schwedischen Exiljahren der Künstlerin erschließen. Die Berliner Schau wird ergänzt von Bildern aus dem künstlerischen Umfeld der Malerin in der Weimarer Republik. 

Viele Ausstellungsbesucher sind von der gezeigten Bilderwelt überrascht. Das hat seine Ursachen darin, dass sie einerseits Laserstein bis zum Ausstellungserlebnis als Vertreterin der frühen Moderne nicht kannten und andererseits das vorgefundene Maß an künstlerischer Qualität nicht erwarteten. Der Besuch der Laserstein-Bilder lohnt sich also. 

Laserstein wurde am 28. Nov­ember 1898 in Preußisch-Holland bei Elbing in Ostpreußen geboren. Ihre wohlhabenden Eltern ermöglichten ihr eine umfangreiche Bildungsaneignung und förderten sie maßgeblich auf ihrem Weg zur Künstlerin. Dazu gehörte nach dem Ersten Weltkrieg ein Studium an den „Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst“ in Berlin, wo sie zu den ersten weiblichen Studenten zählte, mit herausragenden Leistungen auffiel und „Mit Auszeichnung“ das Studium 1927 abschloss. 

Sie beteiligte sich nicht am Partyleben der Berliner Boheme, galt als Primus der Bildungsanstalt und künstlerische Hoffnungsträgerin. Parallel zur Ausbildung hatte sie sich mit Zustimmung ih­rer Eltern taufen lassen. Nun stand sie als freischaffende Künstlerin auf eigenen Füßen und war voller Zukunftshoffnungen.

Laserstein bevorzugte die Bildnismalerei. Sie spielte in Anlehnung an den Spätimpressionis­mus mit „Flächigkeit und Pinselstrich“, machte sich schnell als „sanft-gefühlvolle Chronistin“ ih­rer Zeit einen Namen und verewigte in ihren sprichwörtlichen Momentaufnahmen selbstbe­wuss­te Vertreter aller Klassen und Schichten. Das reichte von Tennisspielerinnen der Oberschicht bis zu Bauernmädchen. Mittendrin Selbstporträts und Darstellungen ihrer langjährigen Freundin Gertrud Rose, die sie auch als „Schlafende Venus“ porträtierte. 

Die Natürlichkeit ihrer Modelle auf den Bildern sorgte für Auftraggeber, dafür, dass sie von ihrer Arbeit leben konnte, und für wachsende Bekanntheit. Mit dem Gemälde „Russisches Mädchen mit Puderdose“ beteiligte sie sich 1928 erfolgreich am Wettbewerb „Das schönste deutsche Frauenporträt“. Dieses Bild, das inzwischen dem Frankfurter Städel gehört, ist in der aktuellen Berliner Schau zu sehen. 

Dazu muss auch das Bild „Abend über Potsdam“ genannt werden, das in Großformat die sich ankündigende Zeitenwende zeigt. Das Gemälde, das zu ihren Hauptwerken gezählt wird, entstand 1930 und gehört seit 2010 zum Bestand der Nationalgalerie in Berlin. 

Von der befürchteten Zensur war auch die Malerin betroffen. Als geborene Jüdin wurde sie  ausgegrenzt, verfolgt und floh schließlich 1937 nach Schweden. Gerade noch rechtzeitig. Im Exil überlebte sie mit Auftragsporträts. Die Versuche zur Nachholung ihrer Schwester und ihrer Mutter scheiterten. Die Mutter starb im KZ Ravensbrück. Die Schwester lebte jahrelang in einem Berliner Versteck. 

Den internationalen Durchbruch erreichte Lasersein von Schweden aus in ihren letzten Lebensjahren in der Ausstellung „German Art in the 20th Century“ in der Londoner Royal Academy of Arts im Jahr 1985. Weitere Berücksichtigungen in Ausstellungen des Auslands folgten. Das war eine späte Genugtuung für die lange vergessene Künstlerin, die bis zuletzt künstlerisch wirkte und am 21. Januar 1993 in Kalmar in Schweden starb. Die Ostpreußin, deren bis heute bekanntes Gesamtwerk rund 10000 Arbeiten umfasst, wurde 94 Jahre alt.


„Lotte Laserstein. Von Angesicht zu Angesicht“ läuft bis 12. August  in der Berlinischen Galerie, Ja­kobstraße 124–128, 10969 Berlin, geöffnet Montag sowie Mittwoch bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Eintritt: 7 Euro. Internet: www.berlinischegalerie.de