16.04.2024

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02.08.19 / Sonderregeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-19 vom 02. August 2019

Sonderregeln
Alexander Alt

Der naive Zeitgenosse hatte die Sache ohnehin nicht verstanden. Da einigt sich eine Partei auf eine Liste, die sie dem Wähler anbietet. Dann entscheidet ein Landeswahlausschuss plötzlich, dass die Liste drastisch gekürzt wird, die Zweitstimme des Wählers folglich gar nichts mehr zählt, sofern die Voten für die verkürzte Liste erreicht sind. 

So geschehen in Sachsen, wo die Liste der Partei Alternative für Deutschland (AfD) für die Landtagswahl auf 18 von 61 Positionen zusammengestrichen worden war, mit der Begründung, man habe Verfahrensfragen bei der Kandidatenaufstellung nicht berücksichtigt. Wohlgemerkt: In der AfD selbst war man sich über das zu präsentierende Kandidatentableau einig.

Sogar Wilko Zicht, der als „Wahlrechtsexperte“ der Grünen gilt, sprach sich in der „taz“ gegen die Listenkürzung aus. Zwar habe sich die AfD seiner Meinung nach beim Wahlprozedere „ungeschickt angestellt“ und sei „ersichtlich überfordert“ gewesen, aber: „Am Ende hätte der Landeswahlausschuss… nur noch zu beurteilen gehabt, ob die AfD gegen elementare Mindestregeln einer demokratischen Kandidatenaufstellung verstoßen hat. Wovon keine Rede sein kann.“

Die AfD hat geklagt. Der sächsische Verfassungsgerichtshof hat Ende Juli in einer, allerdings noch vorläufigen Entscheidung, die Kandidatenliste auf 30 verlängert. Rechnerisch ein Teilerfolg für die Partei. Die Demokratie leidet dennoch. Es bleibt eine Benachteiligung, denn antreten will die AfD mit einer wesentlich längeren Liste. Ursprünglich war moniert worden, dass die Kandidatenaufstellung formell auf zwei Parteitagen stattfand. Dies wurde nun nicht mehr als Hindernis gesehen, wohl aber, dass die Positionen ab Platz 31 via Blockwahl vergeben wurden.

Aber selbst dieser Gerichtsbeschluss erfuhr sofort Kritik. Claus-Peter Reisch, der es als „Seenotretter“ zu einer zweifelhaften Prominenz gebracht hat, ließ die Öffentlichkeit wissen, dass er die Entscheidung für „skandalös“ halte. Seiner Meinung nach sollte die AfD „überhaupt keine Listenplätze vergeben dürfen“.

Nicht bekannt ist, ob es Reisch auch für „skandalös“ hält, dass auf den AfD-Kreisvorsitzenden Altmark West, Sebastian Koch, und dessen Freundin ein Brandanschlag verübt wurde, welchem sie nur knapp entkommen sind und den die Staatsanwaltschaft als Mordversuch einstuft. In einer Gartenlaube, in der die beiden übernachtet hatten, war Feuer gelegt worden. Trotz des naheliegenden Verdachts eines politischen Motivs, hält sich die mediale Aufmerksamkeit in engen Grenzen. Nach Verboten oder der Enttarnung von „Netzwerken“ möglicher Täter ruft hier bislang niemand.