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02.08.19 / Mit Koreanisch statt Deutsch in die Zukunft / Der letzte deutschsprachige Konfirmand empfing in Breslau das Abendmahl

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-19 vom 02. August 2019

Mit Koreanisch statt Deutsch in die Zukunft
Der letzte deutschsprachige Konfirmand empfing in Breslau das Abendmahl
Edmund Pander

Am 9. Juni hat in der deutschsprachigen St.-Christophorikirche in Breslau der wohl letzte Konfirmand seinen Weg in die evangelische Gemeinde gefunden. Paul-Adrian Giessler empfing mit der Familie und Freunden aus Sachsen, Hessen und Westfalen in diesem Gotteshaus das Abendmahl. 

Schon zu deutscher Zeit waren hier Angehörige der damals in Schlesien marginalen Volksgruppen daheim. Polnische und tschechische Gottesdienste gehörten zur schlesischen Toleranz und bedeuten in Schlesiens Hauptstadt, dass es auch für die nach dem Mittelalter hier fast verschwundene polnische Sprache in Breslau noch einen evangelischen Anlaufpunkt gab. Faktisch waren dies zuletzt dann eher polnische Gastarbeiter, denn als Sprache von Autochthonen war das Polnische alltagstauglich schon in der Frühen Neuzeit verschwunden. 

Die polnischsprachige Bevölkerung Schlesiens indes lebte 

im 20. Jahrhundert im entfernten Oberschlesien. Das Kommen oberschlesischer Händler über das Wasser der Oder brachte 

ihnen den Namen „Wasserpolen“ ein und rührt keineswegs – wie häufig vermutet wird – von 

der Nutzung eines über die Jahrhunderte verwässerten Polnisch aufgrund der Trennung vom polnischen Staat seit dem Mittelalter.

Während die deutsch optierenden „Wasserpolen“ nach 1945 als oberflächlich germanisiert galten und damit nicht als Deutsche Minderheit Anerkennung fanden, waren nach 1945 die wenigen in Breslau verbliebenen Deutschen ohne jede andere sprachliche Heimat als Deutsche Minderheit anerkannt und profitierten zunächst von dem nicht unerheblichen deutschen Kulturleben, das in Waldenburg weiterexistierte. Die Deutschen waren dort als Arbeitskräfte im Bergbau sogar bewusst zurückgehalten worden. 1958 erhielt die deutsche evangelische Bevölkerung in Breslau mit der Christophorikirche eine Heimat, ohne dass diese jedoch eine eigene Gemeindeinstitution bildete. Immerhin waren nun wieder deutschsprachige evangelische Gottesdienste in der Stadt zu hören. Die politische Wende erlaubte, dass die Kirche ab 1993 Pfarrkirche der deutschsprachigen Kirchengemeinde St. Christophori werden konnte.

Während die in der Stadt verbliebenen Deutschen über die Generationen durch Eheschließungen mit Polen Sprache und Konfession immer weiter verloren, setzte nun ein Zulauf von bundesdeutschen „Gastarbeitern“ ein, 

zu denen auch der Vater von 

Paul-Adrian gehört, der medizinische Gerätschaften vertreibt, als Deutschlehrer tätig ist und

mit seinem Facebook-Profil „Schönes Schlesien“ die Freunde der Region kulturgeschichtlich sammelt.

Doch unter den Bundesdeutschen schreitet auch in Breslau die Säkularisierung fort, und die Gemeinde verlor durch immer größer werdenede interne Zerwürfnisse zuletzt ihren Zusammenhalt. Da auch Schlesien immer multikultureller wird, fand sich die Familie von Paul-Adrian Giessler in Breslau übrigens zum Festschmaus in einem indischen Restaurant ein.

Dass Paul-Adrian der letzte Konfirmand der Gemeinde war, erklärte Pastor Andrzej Fober der Gemeinde während der Konfirmation. Fober sieht seiner Rente entgegen und ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht. Der evangelische Geistliche stammt aus der evangelischen polnischen Hochburg dem Teschener Land. Von dort stammt zum Beispiel Skisprunglegende Adam Malysz, 

der damit als Pole dennoch Pro-testant ist. 

Auch die Stelle des Gemeinderatsvorsitzenden wird in Breslau übrigens wohl nicht mehr besetzt. Schweren Zeiten stehen der Gemeinde also bevor, zumal Stimmen aus Deutschland, von wo bislang kirchliche Unterstützung kam, befürchten lassen, dass es die Gemeinde als solche in drei oder vier Jahren nicht mehr geben könnte. Die Christophorikirche wird dann wohl Minderheiten beherbergen. Methodistische und anglikanische Gottesdienste wird es hier weiterhin geben. Doch während das Englische und 

Koreanische von der Kanzel zu hören sein wird, wird das Deutsche wohl verstummen.